Amnesty Report 23. Mai 2018

Ghana 2017/18

Report Cover 17/18

Unfaire Gerichtsverfahren, schlechte Haftbedingungen von zum Tode verurteilten Menschen und die Fesselung von Personen mit psychosozialen Behinderungen boten weiterhin Anlass zur Besorgnis. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche wurden nach wie vor Opfer von Diskriminierung, Gewalt und Polizeischikanen.

Hintergrund

Nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Dezember 2016 trat Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo von der Neuen Patriotischen Partei im Januar 2017 sein Amt an.

Gesetzliche, verfassungsrechtliche und institutionelle Entwicklungen

Im Juli 2017 unterzeichnete Ghana das Übereinkommen der Afrikanischen Union gegen Internetkriminalität und zum Schutz personenbezogener Daten sowie das Protokoll zur Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker über die Rechte älterer Menschen in Afrika.

Arbeitnehmerrechte

Am 23. März 2017 ratifizierte Ghana das UN-Übereinkommen von Minamata über Quecksilber, mit dem Arbeiter vor dem giftigen Flüssigmetall geschützt werden sollen. Es sieht einen verringerten Einsatz von Quecksilber im kleingewerblichen Goldbergbau und den Schutz von Kindern vor. In den Goldminen Ghanas arbeiten etwa 1 Mio. Menschen, und die umliegenden Gemeinden sind Quecksilber häufig direkt ausgesetzt. Im April 2017 startete die Regierung eine Kampagne, um den illegalen kleingewerblichen Goldbergbau, dem sogenannten Galamsey, und dessen negative Begleiterscheinungen wie höhere Kriminalität, entgangene Steuereinnahmen, Umweltschäden und gefährliche Kinderarbeit zu beenden. Die Regierung plante, im Rahmen eines auf fünf Jahre angelegten Projekts den illegal arbeitenden Goldschürfern zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Alternativen im legalen Bergbau anzubieten. Mehr als 300 Personen wurden wegen des Verdachts auf illegalen Goldbergbau festgenommen, dabei wurde eine Person von Polizisten erschossen. Ende 2017 lag noch kein offizieller Bericht über die Umstände dieses Todesfalls vor.

Kinderrechte

Die Ministerin für Gleichstellung, Kinder und Soziales brachte im Mai 2017 eine Strategie für den Zeitraum 2017–26 auf den Weg, um dem Problem der Ehen von Minderjährigen zu begegnen. In einigen Landesteilen war der Anteil solcher Ehen besonders hoch. So wurden im Norden des Landes 34 % der Mädchen vor Erreichen des 18. Lebensjahres verheiratet. Die Strategie sieht u. a. vor, den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung zu verbessern, mehr Informationen und Dienstleistungen in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit zur Verfügung zu stellen und bestehende rechtliche und politische Maßnahmen bezüglich Kinderehen verstärkt umzusetzen.

Todesstrafe

Zahlreiche zum Tode verurteilte Personen, darunter auch sechs Männer mit amtlich bescheinigten psychischen und geistigen Behinderungen, mussten schlechte Haftbedingungen erdulden. Sie litten unter der Überbelegung im Gefängnis und hatten weder Zugang zu medizinischer Versorgung noch die Möglichkeit, an Bildungsmaßnahmen und Freizeitangeboten teilzunehmen. 

Viele der zum Tode Verurteilten berichteten, dass sie in ihren Prozessen keine qualifizierte Rechtsvertretung hatten. Weniger als ein Viertel der von Amnesty International befragten zum Tode Verurteilten hatte gegen den Schuldspruch oder das Urteil Rechtsmittel einlegen können. Nur wenige der befragten Gefangenen wussten, wie sie Rechtsmittel einlegen oder an Rechtsbeistände kommen konnten. Die meisten konnten sich keinen privaten Verteidiger leisten. Nach Angaben der Strafvollzugsbehörde hatten seit 2006 lediglich zwölf zum Tode verurteilte Gefangene Rechtsmittel eingelegt; die Hälfte der Verfahren war erfolgreich. Der Vorschlag des Verfassungsausschusses, die Todesstrafe abzuschaffen, wurde aufgrund von Verzögerungen im Verfassungsprüfungsverfahren noch immer blockiert.

Justizsystem

Der Zugang zur Justiz blieb eingeschränkt, insbesondere für einkommensschwache und gesellschaftlich benachteiligte Menschen. Das Programm für unentgeltliche Rechtsberatung war unterfinanziert. Es gab nur 23 Rechtsbeistände, die unentgeltliche Rechtsberatung anboten, was bei einer Bevölkerung von mehr als 28 Mio. Menschen bei weitem nicht ausreichte.

Recht auf Gesundheit

Es war nach wie vor üblich, Menschen mit psychosozialen Behinderungen zu fesseln, vor allem in sogenannten Gebetslagern, die privat betrieben wurden. Dabei wurden die Menschen mit Ketten oder Seilen gefesselt und in einen geschlossenen Raum, z. B. in ein Zimmer, einen Verschlag oder Käfig, eingesperrt. Im Juni 2017 befreite die für psychisch Kranke zuständige Behörde 16 Personen, unter ihnen zwei Mädchen, die im Gebetslager Nyakumasi, einem "Zentrum für spirituelle Heilung", in der Zentralregion in Fesseln gehalten worden waren. Die befreiten Menschen, die zum Teil psychisch krank waren, wurden in das psychiatrische Krankenhaus der nahe gelegenen Stadt Ankaful gebracht. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen appellierte an die Regierung, ein Fesselungsverbot zu erlassen und durchzusetzen und in geeignete kommunale Dienste zur Unterstützung psychisch Kranker zu investieren. Außerdem forderten die Organisationen die Regierung auf, das Gesetz über psychische Gesundheit von 2012 vollständig anzuwenden. Es sah u. a. die Schaffung regionaler Gremien für psychische Gesundheit vor, denen die Kontrolle der psychiatrischen Einrichtungen im Land oblag. Die Finanzierung der psychiatrischen Versorgung war nach wie vor unzureichend.

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche

Einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Männern waren weiterhin strafbar. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche wurden nach wie vor Opfer von Diskriminierung, Gewalt, Polizeischikanen und Erpressungsversuchen. Im Februar 2017 forderte der Parlamentspräsident in den Medien eine Verfassungsänderung, um Homosexualität vollständig zu verbieten und unter Strafe zu stellen. Im Juli erklärte er Medienvertretern, dass Ghana das Verbot der Homosexualität nicht aufheben werde, da dies zur Legalisierung von Unzucht und Inzest führen könne.

Bericht von Amnesty International

Locked up and forgotten: The need to abolish the death penalty in Ghana (ACT 50/6268/2017)

Weitere Artikel