Amnesty Report 01. Juni 2016

Guinea-Bissau 2016

 

Obwohl die Menschenrechtslage in Guinea-Bissau besser wurde, gab es Berichte über Folter und andere Misshandlungen sowie Todesfälle in Polizeigewahrsam. Die Behörden machten keine Anstalten, die schlechten Haftbedingungen zu verbessern.

Hintergrund

Im Januar 2015 begutachtete der UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung die Menschenrechtslage in Guinea-Bissau. Die Regierung akzeptierte die meisten Empfehlungen. Sie bekundete außerdem ihre Bereitschaft, über die Empfehlungen hinsichtlich der Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und der Ratifizierung der Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjäh-rungsvorschriften auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit weiter zu beraten.

Im August 2015 wurden Ministerpräsident Domingos Simões Pereira und seine Regierung von Präsident José Mário Vaz des Amtes enthoben. Eine Woche später wurde Baciro Djá von Präsident Vaz verfassungswidrig zum Ministerpräsidenten ernannt. Dieser Schritt stieß im Parlament auf Widerstand und führte in der Zivilgesellschaft, die die Wiedereinsetzung von Simões Pereira forderte, zu ausgedehnten Protesten. Ohne die Unterstützung des Parlaments konnte Baciro Djá erst am 7. September 2015 eine Regierung bilden. Bereits zwei Tage später wurden er und das neue Kabinett von Präsident Vaz jedoch aus dem Amt entlassen, weil der Oberste Gerichtshof befunden hatte, dass die Ernennung von Baciro Djá verfassungswidrig gewesen sei. Daraufhin wurde Carlos Correia zum Ministerpräsidenten ernannt. Mitte Oktober wurde mit Billigung des Parlaments eine neue Regierung gebildet.

Folter und andere Misshandlungen

Mehreren Berichten zufolge war die Polizei in der nördlichen Stadt Bissorã für Folter und andere Misshandlungen verantwortlich. Die Einwohner von Bissorã bezeichneten das Polizeirevier als Folterzentrum. Nach einem Streit mit seinem Vater wurde Tchutcho Mendonça am 3. Juli 2015 in seiner Wohnung in Bissorã festgenommen und auf das Polizeirevier in Bissorã gebracht, wo er gefoltert wurde und zwei Tage später starb. Personen, die seine Leiche gesehen hatten, berichteten, dass sie typische Folterspuren aufwies. Zehn Polizisten wurden in Zusammenhang mit dem Fall festgenommen, bis zum Jahresende war jedoch noch keiner von ihnen vor Gericht gestellt worden.

Bei einem weiteren Vorfall in Bissorã, der sich ebenfalls im Juli 2015 ereignete, hielten Polizisten Mamadú Djaló auf der Straße an und schlugen auf ihn ein. Er erlitt Verletzungen am Rumpf. Soweit bekannt, waren bis Ende 2015 noch keine Ermittlungen zur Untersuchung seiner Misshandlungen aufgenommen worden.

Haftbedingungen

Die NGO Guineische Menschenrechtsliga (Liga Guineense dos Direitos Humanos) berichtete im Juni 2015, dass die Haftbedingungen im ganzen Land katastrophal seien und grausamer und unmenschlicher Behandlung gleichkämen. Dies gelte vor allem für die Arrestzellen der Kriminalpolizei und das Polizeirevier Nummer Zwei – beide in Bissau, der Hauptstadt des Landes. Die Menschenrechtsliga forderte die Schließung beider Einrichtungen. Unter anderem sollen die Arrestzellen so überfüllt sein, dass einige Insassen in Toilettenräumen schlafen mussten. Auch die hygienischen Einrichtungen und die Belüftung seien schlecht. Berichten zufolge war die Erkrankung inhaftierter Personen auf diese Zustände zurückzuführen. Nach Angaben der NGO sei die Arrestzelle bei der Kriminalpolizei für 35 Menschen ausgelegt, es würden jedoch regelmäßig mehr als 100 Menschen darin festgehalten. Bis Ende 2015 hatten die Behörden nichts unternommen, um die Haftbedingungen zu verbessern.

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