Aktuell Aserbaidschan 20. Januar 2012

Eurovision Song Contest 2012: Wettbewerb für die Meinungsfreiheit?

Aserbaidschan bildet zusammen mit Armenien und Georgien den Südkaukasus

Aserbaidschan auf der Karte

Februar 2012 - Folter, Einschüchterungsversuche und Übergriffe - Aserbaidschan macht in Sachen Meinungs- und Versammlungsfreiheit keine gute Figur. Der Eurovision Song Contest, der in diesem Jahr in der Hauptstadt Baku ausgetragen wird, bietet eine Chance, Druck auf die Regierung auszuüben, um die Situation von AktivistInnen und JournalistInnen zu verbessern.

Amnesty International ist tief besorgt über die systematische Verletzung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Berichte über Misshandlungen von Menschen in Haft und zahlreiche Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren durch die aserbaidschanischen Behörden. Drohungen, Schikanen und Akte der Gewalt gegen JournalistInnen und BürgerrechtsaktivistInnen bleiben oft ungeahndet und führen zu einer zunehmenden Selbstzensur.

JournalistInnen und AktivistInnen werden auch durch den exzessiven Einsatz von Gewalt durch Polizeibeamte an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert. Straf- und zivilrechtliche Maßnahmen unter dem Vorwand der Ahndung von Verleumdung wurden eingesetzt, um Kritiker ins Gefängnis und zum Schweigen zu bringen. So wie im Fall von Eynulla Fatullayev, der 2007 wegen Diffamierung verhaftet worden war und dann 2010 - nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Urteil für unrechtmäßig erklärt hatte - wegen Drogenbesitzes zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Mittlerweile ist er wieder frei.

2009 wurde in das Gesetz über Medien eine Bestimmung eingefügt, nach der die (vorübergehende) Schließung von Medienorganen verfügt werden kann, wenn deren JournalistInnen die Meinungsfreiheit "missbrauchen" und Informationen verbreiten, die in den Augen der Behörden die Integrität des Staates und die öffentliche Ordnung gefährden. Eine Gesetzesänderung im Juni 2009 gab den Behörden weitreichende Vollmachten, Nichtregierungsorganisationen die Arbeit zu untersagen. Am 12. Februar 2010 stimmte das Parlament einem Verbot von Video-, Foto- oder Sprachaufnahmen von Personen ohne deren vorherige Zustimmung zu, von dem nur die Behörden ausgenommen sind.

Gerade Blogger und AktivistInnen, die soziale Netzwerke für Proteste gegen die Regierung nutzen, sehen sich zunehmend Repressionen seitens der Regierung ausgesetzt. So war die Festnahme des Studenten Jabbar Savalan im Februar 2011 der Beginn einer regelrechten Verhaftungswelle: Insgesamt wurden 17 Personen zu Haftstrafen verurteilt, nur weil sie ihre Meinung offen gesagt oder zu Protesten aufgerufen hatten.

Mit dem Eurovision Song Contest 2012 besteht nun die Möglichkeit, Licht auf die katastrophale Menschenrechtslage im Land zu werfen und Druck auf Präsident Ilham Alijew auszuüben.

Dass dies Wirkung zeigen kann, belegt der Fall Jabbar Savalan: Hunderttausende Menschen haben im Rahmen des Amnesty-Briefmarathons 2011 Briefe an die aserbaidschanische Regierung geschrieben und forderten die Freilassung des 20-jährigen Aktivisten. Am 26.12.2011 wurde er im Zuge einer Generalamnestie entlassen. Die anderen 16 Menschen befinden sich aber nach wie vor in Haft.

Ihre Stimme für Baku! Schreiben Sie eine E-Mail an Präsident Ilham Alijew und fordern Sie die Einhaltung des Rechts auf Meinungsfreiheit!

Zur Online-Aktion!

Der Musiker Thomas D, Jury-Präsident beim diesjährigen Grand-Prix-Vorentscheid, gibt dazu ein klares Statement ab:

Musiker Thomas D: "Gebt Baku eine Stimme!"

Musiker Thomas D: "Gebt Baku eine Stimme!"

"Vom Recht seine Meinung zu sagen, können leider nicht alle Menschen so einfach Gebrauch machen wie wir. In machen Ländern kann man dafür ins Gefängnis kommen. Doch wir alle haben ein Recht darauf, anders sein zu dürfen, denn gerade das macht die Vielfalt dieser Welt aus. Damit auch andere Menschen die Freiheit behalten, ihre Meinung frei zu äußern, unterstütze ich die Aktion von Amnesty International. Jeder soll sagen und singen können, was er will. Gebt Baku eine Stimme!"

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