Pressemitteilung Russische Föderation 20. Januar 2009

TERMINHINWEIS: MAHNWACHE FÜR ERMORDETEN RUSSISCHEN ANWALT UND JOURNALISTIN

21.1. 19 UHR VOR RUSSISCHER BOTSCHAFT, BERLIN

BERLIN, 20.01.2009

WER: Mitglieder von Amnesty International und Reporter ohne Grenzen

MIT: Elke Schäfter, Reporter ohne Grenzen, Geschäftsführerin Peter Franck, Amnesty International, Russland-Experte

WANN: 21. Januar 2009, 19.00 Uhr

WO: Vor der Botschaft der Russischen Föderation Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin

BERLIN, 20.01.2009 - Am frühen Nachmittag des 19. Januar 2009 ist in Moskau der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow auf offener Straße erschossen worden. Der Täter schoss auch auf die ihn begleitende Journalistin der oppositionellen Zeitung Nowaja Gaseta Anastasia Baburowa; sie erlag im Krankenhaus ihren Verletzungen. Mitglieder von Amnesty international und Reporter ohne Grenzen haben für Mittwoch abend 19 Uhr zu einer Mahnwache vor der russischen Botschaft in Berlin aufgerufen. Sie finden den Aufruf im Anhang. Amnesty-Russland-Experte Peter Franck und ROG-Geschäftsführerin Elke Schäfter stehen für Interviews zur Verfügung. Hintergrund: Seit Jahren hat sich der Moskauer Rechtsanwalt Stanislaw Markelow für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Russland eingesetzt. Er vertrat Tschetschenen, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden waren. Zu seinen Mandanten zählten aber auch Opfer von rassistischer Gewalt. Seit vielen Jahren stand er in engem Kontakt auch zu Amnesty International.

Immer wieder war Stanislaw Markelow im Zusammenhang mit seiner Arbeit Drohungen ausgesetzt. Das gilt insbesondere für seine Tätigkeit im Verfahren gegen den Armeeoberst Juri Budanow. Budanow ist der bislang ranghöchste Militär, der im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen im zweiten Tschetschenienkrieg von russischen Gerichten verurteilt worden ist. Im Juli 2003 hatte ihn ein Militärgericht in Rostow-am-Don zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt, weil er die 18jährige Tschetschenin Cheda Kungajewa im März 2000 erwürgt hatte. Obwohl es deutliche Hinweise auch für eine Vergewaltigung des Opfers gab, war diesen Vorwürfen im Verlauf des Verfahrens nicht weiter nachgegangen worden.

Die Verurteilung Budanows war in der Öffentlichkeit in Russland insbesondere in Armeekreisen auf scharfe Kritik gestoßen. Immer wieder waren die Familie des Opfers und Markelow, der in diesem Verfahren als Nebenklägervertreter auftrat, Drohungen ausgesetzt. Die Familie floh schließlich nach Norwegen, wo sie heute noch lebt. Nach Verbüßung von mehr als der Hälfte seiner Haftzeit war Oberst Budanow am 15. Januar 2009 vorzeitig auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Hiergegen legte Markelow für die Familie des Opfers Beschwerde ein, die aber erfolglos blieb. Nach Zeitungsberichten beabsichtigt die Familie auch, sich um die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung zu bemühen.

Auf der Pressekonferenz unmittelbar vor seiner Ermordung erläuterte Markelow, weshalb er die vorzeitige Haftentlassung von Budanow für rechtswidrig hielt, und informierte die Öffentlichkeit über die beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiter beabsichtigte Schritte.

Amnesty International fordert die russischen Behörden auf, alles zu tun, damit die Tat und ihre Hintergründe unverzüglich und unparteiisch untersucht und aufgeklärt und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Darüber hinaus müssen sich der russische Präsident und die russische Regierung deutlich und öffentlich zur Tat äußern, die Wichtigkeit der freien Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern hervorheben und unmissverständlich klarmachen, dass, wer auch immer sie begangen oder angeordnet hat, mit schonungsloser Aufklärung und mit einer Bestrafung gemäß den russischen Gesetzen zu rechnen hat.

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