Amnesty Report Österreich 10. Mai 2011

Österreich 2011

Amtliche Bezeichnung: Republik Österreich Staatsoberhaupt: Heinz Fischer Regierungschef: Werner Faymann Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 8,4 Mio. Lebenserwartung: 80,4 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 6/5 pro 1000 Lebendgeburten

Im Jahr 2010 wurden erneut Vorwürfe über Misshandlungen durch Polizeibeamte bekannt, darunter Vorwürfe über rassistisch motivierte Übergriffe. Auf der Grundlage der Dublin-II-Verordnung führten die österreichischen Behörden Asylsuchende zwangsweise nach Griechenland zurück.

Rassismus

2010 trafen weitere Meldungen über rassistisch motivierte Übergriffe gegen ausländische Staatsbürger und Angehörige ethnischer Minderheiten ein. Strukturellen Defiziten im Strafrechtssystem im Umgang mit Diskriminierung wurde nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet. Vorwürfe über rassistisch motivierte Misshandlungen und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt wurden weder unverzüglich noch umfassend untersucht. Auch fehlte es weiterhin an einem umfassenden und einheitlichen System der Erfassung rassistisch motivierter Straftaten.

Folter und andere Misshandlungen

Im Mai 2010 zeigte sich der UN-Ausschuss gegen Folter erneut besorgt über das Fehlen eines Tatbestands der Folter im österreichischen Strafgesetzbuch, das hohe Ausmaß an Straflosigkeit bei Übergriffen durch Polizeibeamte und die geringen Strafen, die die Gerichte bei Fällen von Folter oder anderen Misshandlungen verhängen.

  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Untersuchung einer Beschwerde des gambischen Staatsangehörigen Bakary J. eingeleitet. In der Beschwerde macht Bakary J. geltend, dass eine Ausweisung aus Österreich eine Verletzung seines Rechts auf Familienleben und auf Schutz vor Misshandlung zur Folge hätte. Bakary J. war im Jahr 2006 nach einem erfolglosen Abschiebeversuch von vier Polizeibeamten gefoltert worden und hat bis Ende 2010 noch immer keine Wiedergutmachung erhalten. Die Polizisten waren im August 2006 zu Bewährungsstrafen von unter einem Jahr verurteilt worden.

  • Im November 2010 wurde am Landesgericht für Strafsachen Wien das Verfahren gegen einen Polizeibeamten wegen schwerer Körperverletzung fortgesetzt. Der US-Amerikaner Mike B., ein afroamerikanischer Lehrer, war am 11. Februar 2009 in einer Wiener U–Bahnstation von einem Polizeibeamten in Zivil verletzt worden.

Polizei und Sicherheitskräfte

Im November 2010 wurde vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien der Prozess gegen Personen eröffnet, denen vorgeworfen wird, am 13. Januar 2009 den tschetschenischen Flüchtling Umar Israilov ermordet zu haben. Das Verfahren zur Feststellung, ob die Polizeibehörden es versäumt hatten, Israilov auf Ersuchen seines Anwalts hin Polizeischutz zu gewähren, war noch vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat anhängig.

Rechte von Migranten und Asylsuchenden

Auf der Grundlage der Dublin-II-Verordnung überstellte Österreich auch weiterhin Asylsuchende nach Griechenland, obwohl dort kein funktionierendes Asylsystem existiert. Einige Rückführungen wurden vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durch einstweilige Maßnahmen unterbunden. Im November 2010 forderte der Gerichtshof die österreichische Regierung in einem Schreiben auf, Rückführungen nach Griechenland auszusetzen. Die Regierung beschloss jedoch, ihre Praxis der Einzelfallprüfung beizubehalten.

  • Am 19. Juli 2010 starb der afghanische Asylbewerber Reza H., der nach eigenen Angaben 16 Jahre alt war, während seiner anhängigen Überstellung nach Schweden an den Folgen eines Selbstmordversuchs in einer Schubhaftzelle des Polizeianhaltezentrums Hernals in Wien. Bei seiner Befragung durch das Bundesasylamt im Mai hatte er wiederholt erklärt, in einer Aufenthaltseinrichtung für Asylsuchende in Schweden, wo er zuvor einen Asylantrag gestellt hatte, vergewaltigt worden zu sein. Dennoch wurde er ohne die Bereitstellung psychologischer Beratung in Schubhaft genommen. Die österreichische Volksanwaltschaft und das Innenministerium haben Untersuchungen eingeleitet.

Amnesty International: Bericht

Austria: Submission to the UN Universal Periodic Review, January 2011 (EUR 13/002/2010)

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