Glossar für diskriminierungssensible Sprache

Ein Demoschild auf dem Steht "Kein Platz für Rassismus". Im Hintergrund ist ein Fluss zu sehen und es laufen ein paar Menschen über eine Brücke.

Demonstration gegen Rassismus im August 2019 in Dresden  

Die Definitionen stammen aus verschiedenen Quellen, unter anderem aus dem Glossar Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland der Neuen deutschen Medienmacher*innen, 2023. 

Bei Zitaten aus diesem Amnesty-Glossar bitten wir daher darum, die Originalquelle anzugeben.

Ausländer

"Ausländer" bezeichnet Einwohner*innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Als Synonym für Einwander*innen ist er dagegen falsch, da die meisten Eingewanderten und ihre Nachkommen keine Ausländer*innen mehr sind, sondern Deutsche. Grundsätzlich verortet "Ausländer" Menschen im Ausland und klingt nicht nach jemandem, der*die den Lebensmittelpunkt in Deutschland hat.

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

Farbig

"Farbig" ist eine koloniale Fremdbezeichnung, die Schwarze Menschen und People of Color als Abweichung von der weißen "Norm" betrachtet und eine vermeintliche Hautfarbe beschreibt. Als rassistische Bezeichnung wird sie von vielen deshalb ebenso abgelehnt, wie der Begriff Dunkelhäutige. Zudem meint "Farbige" im Deutschen nicht das Gleiche, wie in den englischen Selbstbezeichnungen People of Color oder Black and People of Color (BPoC) ausgesagt wird und ist deshalb nicht synonym verwendbar. Eine alternative Schreibweise ist, weiß klein und kursiv zu schreiben.

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

 

Institutioneller Rassismus

Institutioneller Rassismus liegt vor, wenn eine Institution in ihrer Gesamtheit Menschen aufgrund ihrer phänotypischen Merkmale, ihres kulturellen Hintergrunds oder ihrer tatsächlichen oder angenommenen ethnischen Herkunft unangemessen oder gar rassistisch behandelt. Institutioneller Rassismus kann in Abläufen, Einstellungen und Verhaltensweisen sichtbar werden, die durch unbewusste Vorurteile, Nichtwissen, Gedankenlosigkeit und rassistische Stereotype zu Diskriminierung und einer Benachteiligung von Personen oder Gruppen führen.

Quelle: The Stephen Lawrence Inquiry. Report of an inquiry by Sir William Macpherson of Cluny, Februar 1999, Kapitel 6.34

Menschen mit Migrationshintergrund

Menschen mit Migrationshintergrund sind nach statistischer Definition

  • in Deutschland lebende Ausländer*innen,
  • eingebürgerte Deutsche,
  • in Deutschland geborene Kinder mit deutschem Pass, bei denen sich der Migrationshintergrund von mindestens einem Elternteil ableitet,
  • Spätaussiedler*innen und ihre Nachkommen.

Zunächst wurde "Personen mit Migrationshintergrund" in der Verwaltungs- und Wissenschaftssprache verwendet. Doch als durch Einbürgerungen und das neue Staatsangehörigkeitsrecht von 2000 der Begriff Ausländer*innen nicht mehr zutraf, um Eingewanderte und ihre Nachkommen zu beschreiben, ging die Formulierung auch in die Umgangssprache ein (siehe auch Einbürgerung und Doppelte Staatsbürgerschaft). Heute wird der Begriff oft als stigmatisierend empfunden, weil damit mittlerweile vor allem (muslimische) "Problemgruppen" assoziiert werden. Das Statistische Bundesamt erwägt 2022 eine neue Kategorie und Bezeichnung einzuführen. Weitere Alternativen: Menschen aus eingewanderten Familien oder Menschen mit internationaler Geschichte. 

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

Migrant*innen

Migrant*innen werden vom Statistischen Bundesamt als Menschen definiert, die nicht auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik, sondern im Ausland geboren sind. Rund die Hälfte davon sind Deutsche, die andere Hälfte hat eine ausländische Staatsangehörigkeit. Im Diskurs wird dieser Begriff häufig irrtümlich als Synonym für Menschen mit Migrationshintergrund verwendet. Rechtsradikale und Rechtsextreme nutzen den Begriff "Migranten" anstatt von Geflüchteten zu sprechen. Damit soll suggeriert werden, dass Schutzsuchende nicht nach Deutschland fliehen, sondern aufgrund einer angeblich freien Entscheidung nach Deutschland kommen, also migrieren. 

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

People of Color / Menschen of Color

People of Color / Menschen of Color ist "eine internationale Selbstbezeichnung von/für Menschen mit Rassismuserfahrungen. Der Begriff markiert eine politische gesellschaftliche Position und versteht sich als emanzipatorisch und solidarisch. Er positioniert sich gegen Spaltungsversuche durch Rassismus und Kulturalisierung sowie gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen durch die weiße Mehrheitsgesellschaft."

Quelle: Amadeu-Antonio-Stiftung, Glossar: Antisemitismus- und rassismuskritische Jugendarbeit, 2014, S. 15

"Rasse"

Der Begriff "Rasse" ist – insbesondere im deutschen Sprachgebrauch – problematisch, da er mit einem wissenschaftlich nicht haltbaren biologistischen Konzept verbunden und nicht als soziale Konstruktion verstanden wird. Biologisch unterschiedliche "Menschenrassen" aufgrund von äußeren Merkmalen herzuleiten entsagt jeglicher wissenschaftlichen Basis. Der Begriff steht für eine lange Geschichte rassistischer Vernichtung und Gewalt. Die UNESCO hat bereits 1950 festgestellt, dass er für ein gesellschaftliches Konstrukt steht, das unermessliches Leid verursacht hat. 

Quellen:

  • Hendrik Cremer, "… und welcher Rasse gehören Sie an?" Zur Problematik des Begriffs "Rasse" in der Gesetzgebung, hrsg. vom Deutschen Institut für Menschenrechte, 2. Aufl., 2010, www.institut-fuer-menschenrechte.de
  • UNESCO, Statement on Race, Paris 1950

 

Roma

Roma ist sowohl Selbstbezeichnung als auch allgemeiner Sammelbegriff für eine heterogene Gruppe von Menschen, die vor gut 1000 Jahren aus Indien und dem heutigen Pakistan nach Europa gekommen sind. Sie bilden die größte ethnische Minderheit in Europa. Expert*innen sprechen häufig von Roma-Gruppen oder Angehörigen der Roma-Minderheiten, da es zahlreiche verschiedene Untergruppen gibt, die sich in Sprachen, Religionen und Gewohnheiten voneinander unterscheiden, bspw. Kalderasch / Kalderaš / Kalderara, Kalé / Kale / Cale oder Lovara / Lowara. Im weiblichen Singular spricht man von Romni (Plural: Romnja), im männlichen von Rom (Plural: Roma). 

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

Schwarze Menschen

Schwarze Menschen ist eine Selbstbezeichnung und beschreibt eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. "Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen,dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt und keine reelle' Eigenschaft', die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-Sein in diesem Kontext nicht, einer tatsächlichen oder angenommenen 'ethnischen Gruppe' zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der gemeinsamen Rassismuserfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden." 

Quelle: Jamie Schearer, Hadija Haruna, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), Über Schwarze Menschen in Deutschland berichten, Blogbeitrag, 2013,.

Sinti

Sinti ist die Bezeichnung für Nachfahren der Roma-Gruppen, die bereits im 14. und 15. Jh. in den deutschsprachigen Raum eingewandert sind. Sinti*zze sind die in West- und Mitteleuropa beheimateten Angehörigen der Minderheit. Die Bezeichnung wird jedoch nur in Deutschland, Österreich und Teilen Norditaliens verwendet. Außerhalb des deutschen Sprachraums wird Rom*nja als Name für die gesamte Minderheit genutzt. Der weibliche Singular ist Sintizza (Plural: Sintizze), der männliche Singular ist Sinto (Plural: Sinti). Eine Untergruppe der Sinti*zze sind die Manouche, die vorwiegend in Frankreich leben. 

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

Türkischstämmige

Türkischstämmige (Bürger*innen) ersetzt oftmals die früher gängige Bezeichnung "Türken" und berücksichtigt, dass fast die Hälfte davon inzwischen deutsche Staatsbürger*innen sind. Die Alternative Türkeistämmige drückt aus, dass viele Eingewanderte aus der Türkei Kurd*innen oder Angehörige anderer Minderheiten sind und sich nicht als "türkisch" verstehen. Einige von ihnen lehnen diese verbale Verbindung mit der Türkei jedoch gänzlich ab. 

Quelle: Neue Deutsche Medienmacher*innen Stand 06/2023

"Weiß" und "Weißsein"

"Weiß" und "Weißsein" bezeichnen ebenso wie "Schwarzsein" keine biologische Eigenschaft und keine reelle Hautfarbe, sondern eine politische und soziale Konstruktion. Mit Weißsein ist die dominante und privilegierte Position innerhalb des Machtverhältnisses Rassismus gemeint, die sonst zumeist unausgesprochen und unbenannt bleibt. Weißsein umfasst ein unbewusstes Selbst- und Identitätskonzept, das weiße Menschen in ihrer Selbstsicht und ihrem Verhalten prägt und sie an einen privilegierten Platz in der Gesellschaft verweist, was z.B. den Zugang zu Ressourcen betrifft. Eine kritische Reflexion von Weißsein besteht in der Umkehrung der Blickrichtung auf diejenigen Strukturen und Subjekte, die Rassismus verursachen und davon profitieren, und etablierte sich in den 1980er Jahren als Paradigmenwechsel in der englischsprachigen Rassismusforschung. Anstoß hierfür waren die politischen Kämpfe und die Kritik von People of Color. 

Quelle: Wer anderen einen Brunnen gräbt … Rassismuskritik // Empowerment // Globaler Kontext, Glossar, Blogbeitrag. 

Weitere Informationen zum Thema Rassismus in Deutschland findest du hier.

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