Aktuell Deutschland 13. Dezember 2012

Deutschland: Polizist im Oury-Jalloh-Prozess zu Geldstrafe verurteilt

"Hier wird etwas verdeckt." In dieser Zelle verbrannte Oury Jalloh am 7. Januar 2005.

"Hier wird etwas verdeckt." In dieser Zelle verbrannte Oury Jalloh am 7. Januar 2005.

13. Dezember 2012 - Am 7. Januar 2005 verbrannte der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. Der wachhabende Polizist wurde nun zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt. Amnesty kritisiert, dass die Umstände, die zum Tod von Oury Jalloh führten, auch jetzt noch nicht umfassend aufgeklärt worden sind.

Nach der Verurteilung des Polizisten zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro im Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh hat Amnesty International erneut unabhängige Untersuchungen bei rechtswidriger Polizeigewalt gefordert.

"Untersuchungsmechanismen, die unabhängig von Polizei und Staatsanwaltschaft agieren, können unparteiisch und umfassend ermitteln", sagt Verena Haan, Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland. Eine unabhängige Untersuchung könne sicherstellen, dass bei Fällen rechtswidriger Polizeigewalt nicht einseitig ermittelt werde.

Es sei bedauerlich, dass die Umstände, die zum Tod von Oury Jalloh führten, auch jetzt noch nicht umfassend aufgeklärt werden konnten. "Unklar bleibt die Brandursache und es ist vor allem nicht geklärt, warum die Ermittlungen so schleppend waren." Es bleibe ungeklärt, warum Beweismaterial verschwunden sei.

"Leider gibt es viele Einzelfälle, bei denen die Ermittlungen wie im Fall Oury Jalloh unbefriedigend bleiben", sagt Haan. Amnesty unterstützt deshalb auch die Forderungen der Vereinten Nationen und des Europarats nach Audio- und Videokontrollen von Polizeistationen nach strengen Vorgaben.

"Solche Kontrollen sollen an allen Orten erfolgen, an denen sich Inhaftierte aufhalten, sofern dies nicht das Persönlichkeitsrecht oder das Recht auf vertrauliche Gespräche mit ihrem Rechtsbeistand oder Arzt verletzt", erklärt Haan.

Ausschließlich unabhängige Ermittler, Beschwerdeführer und im Todesfall auch die Familien des Opfers dürften nach Anordnung eines Richters Zugriff auf die Aufzeichnungen haben.

Hintergrundinformationen
Oury Jalloh, ein Asylsuchender aus Sierra Leone, war am frühen Morgen des 7. Januar 2005 in der Dessauer Innenstadt festgenommen worden. Eine Gruppe von Frauen hatte sich von ihm belästigt gefühlt und die Polizei gerufen. Zur Feststellung seiner Identität wurde Oury Jalloh auf das Revier genommen, eine spätere Blutuntersuchung ergab 2,98 Promille. Anschließend wurde er durchsucht und in der Ausnüchterungszelle auf einer feuerfesten Matratze an Händen und Füßen fixiert. Gegen 12 Uhr schlug der Feueralarm erstmals an. Wenige Minuten später war Oury Jalloh tot.

Der angeklagte wachhabende Polizist wurde nun vom Landgericht Magdeburg wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen schuldig gesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, den Alarm der Brandmeldeanlage mehrfach ausgeschaltet und sich bei der Rettung Oury Jallohs nicht beeilt zu haben.

In einem ersten Verfahren hatte das Landgericht Dessau im Dezember 2008 zwei Polizisten von der Anklage der Körperverletzung im Amt freigesprochen. Nach der Revision von Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatte der Bundesgerichtshof das Urteil im Januar 2010 aufgehoben.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie in der Reportage "Die Spur des Feuers" aus der Oktober/November-Ausgabe 2012 des Amnesty Journals: hier klicken!

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