Amnesty Journal 26. Januar 2015

Wichtig ist nur das Dementi

Kongo, Angola, Nicaragua: Ein neues Sachbuch analysiert, wie und warum die USA im Kalten Krieg manchmal Söldner den eigenen Soldaten vorzogen.

Von Maik Söhler

Irak, Afghanistan, Somalia: Wo auch immer die USA derzeit – offen oder verdeckt – Krieg führen oder Al-Qaida samt Verbündete bekämpfen, kommen auch sogenannte "Kontraktoren" zum Einsatz, private Sicherheitsfirmen. Immer noch sind US-Gerichte damit beschäftigt, die Schre­ckens­taten von Mitarbeitern der mittlerweile aufgelösten Firma Blackwater (heute: Academi) im Irak zu untersuchen. Indes hat die US-Regierung im Drohnenkrieg gegen Islamisten in Somalia und Jemen längst neue Kontraktoren gefunden.

Kontraktor meint nichts anderes als das, was jahrzehntelang Söldner hieß. Das betont auch Klaas Voß, Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung, in seinem neuen Buch "Washingtons Söldner". Nicht die Blackwater-Aktionen zu Beginn des neuen Jahrtausends im Irak und in Afghanistan sind sein Thema und schon gar nicht die ausdifferenzierte internationale Kontraktorenszene von heute, sondern ihre historischen Vorläufer in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Kongo, in Angola, Rhodesien und Nicaragua.

Der indirekte Söldnereinsatz in den sechziger Jahren im Kongo, schreibt Voß, "ergab sich aus einer Kette von Ereignissen außerhalb der Kontrolle Washingtons; sie war zu Beginn nicht Teil einer kohärenten Strategie, sondern ein Resultat von Zufällen und bestimmten Begleitumständen". Wie auch später in ­Angola und Nicaragua ging es der US-Regierung darum, die ­Einflusssphäre der sozialistischen Staaten zu begrenzen, insbesondere der Sowjetunion und Kubas. Da der Kongo im Vergleich zu Vietnam als weniger bedeutend eingestuft wurde, entschied man sich für eine Mischform aus direkter und indirekter Hilfe: Militärberater, Transportmittel, Waffen und Geld wurden zur ­Finanzierung von Söldnerarmeen bereitgestellt.

Der Erfolg der Söldner im Kongo bildete die Basis für weitere Aktionen dieser Art. In Angola mischten sich die USA mittels ­bezahlter Söldner mehr, in Rhodesien weniger, in Nicaragua ­sogar in sehr großem Ausmaß ein. Voß untersucht diese Interventionen akribisch und unterscheidet, so gut es geht, zwischen politischen, strategischen, militärischen, ökonomischen, Bündnis- und Öffentlichkeitsinteressen. Dabei steht häufig die Möglichkeit zum Dementi im Vordergrund: Der Einsatz eigener ­Soldaten lässt sich nicht leugnen, der von Söldnern eher.

Auch auf die privat organisierte Söldnerszene geht Voß ein. Bei der Rekrutierung von Söldnern war die Bedeutung der von ehemaligen US-Offizieren herausgegebenen Militärzeitschrift "Soldiers of Fortune" wohl derart groß, dass der Besitz und die Lektüre des Magazins im "Infantry Center Fort Benning" der US-Armee zumindest zeitweilig untersagt wurde. Erst Mitte der achtziger Jahre endete die Söldner-Akquise von "Soldiers of ­Fortune" mittels Kleinanzeigen.

Die Analyse zeigt: Bei Söldnereinsätzen überwiegen fast ­immer die negativen Aspekte. Voß schreibt: "Die Währung, in der Söldner bezahlt wurden, waren am Ende keine Dollars, sondern der politische Kredit der USA und ihrer lokalen Verbündeten." Da die USA daraus auch im Irak und in Afghanistan nur wenig gelernt haben, wird sich dieser Fehler wohl in Zukunft wiederholen.

Klaas Voß: Washingtons Söldner. Verdeckte US-Interventionen im Kalten Krieg und ihre Folgen. Hamburger Edition, Hamburg 2014. 590 Seiten, 38 Euro.

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