Protestierende misshandelt

Führende Amnesty-Vertreter aus der ganzen Welt demonstrieren in Berlin gegen Polizei- und Militärgewalt in Ägypten, 19.08.2013

Führende Amnesty-Vertreter aus der ganzen Welt demonstrieren in Berlin gegen Polizei- und Militärgewalt in Ägypten, 19.08.2013

Angehörige der ägyptischen Sicherheitskräfte haben am 26. November in Kairo zahlreiche Protestierende festgenommen und misshandelt. Mindestens 24 der Festgenommenen betrachtet Amnesty International als gewaltlose politische Gefangene, die allein deswegen inhaftiert wurden, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrgenommen haben. Zwei Tage zuvor hatte der Übergangspräsident einem neuen repressiven Demonstrationsgesetz zugestimmt.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder (00 202) 2 575 7165 (nach Büroschluss abgeschaltet, MEZ +1)

ÜBERGANGSPRÄSIDENT
Adly Mahmoud Mansour
Office of the President
Al Ittihadia Palace, Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441

KOPIEN AN
STELLVERTRETENDER BEAUFTRAGTER FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Human Rights and International Humanitarian and Social Affairs
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo,
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. Januar 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie alle Gefangenen sofort und bedingungslos frei, da sie allein deshalb in Haft gehalten werden, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrgenommen haben.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass alle Gefangenen, solange sie noch in Haft gehalten werden, Zugang zu ihren Rechtsbeiständen erhalten und man sie erforderlichenfalls medizinisch versorgt.

  • Bitte leiten Sie unabhängige und unparteiische Untersuchungen der Berichte ein, denen zufolge Gefangenen sowohl bei der Festnahme als auch in der Haft geschlagen und sexuell belästigt wurden. Stellen Sie bitte sicher, dass die alle Gefangenen vor weiteren Folterungen und anderen Misshandlungen geschützt werden.

Sachlage

Die Sicherheitskräfte lösten am 26. November gegen 16:30 Uhr eine friedliche Demonstration vor dem Gebäude des Schura-Rats auf und setzten dabei Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Die Protestierenden hatten die Mitglieder des Verfassungsrats, die im Schura-Rat tagten, aufgefordert, in den Verfassungsentwurf keine Bestimmungen aufzunehmen, die Verfahren gegen Zivilpersonen vor Militärgerichten erlauben würden. In einer auf Facebook in der folgenden Nacht veröffentlichten Mitteilung erklärte das Innenministerium, die Sicherheitskräfte hätten eine nicht genehmigte Demonstration aufgelöst, nachdem Protestierende "Steine und Ziegel" geworfen hätten.

Einige der festgenommenen DemonstrationsteilnehmerInnen haben angegeben, dass man sie gewarnt habe, es würden Wasserwerfer eingesetzt, um die Proteste aufzulösen, wenn sie den Demonstrationsort nicht innerhalb von vier Minuten verlassen würden. Einsatzpolizei sowie Angehörige anderer Polizeieinheiten sowie Männer in Zivilkleidung, bei denen es sich um Angehörige von Geheimdienstinstitutionen gehandelt haben soll, nahmen Demonstrierende und mindestens zwei PassantInnen fest. Eine Protestteilnehmerin gab gegenüber Amnesty International an, während der Festnahmen seien Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt worden. Viele der Festgenommenen wurden mit Fäusten traktiert, andere mit Schlagstöcken und Knüppeln geschlagen. Im Garten des Gebäudekomplexes, der zum Schura-Rat gehört wurden Frauen, JournalistInnen und RechtsanwältInnen dann freigelassen, 24 Männer befinden sich jedoch noch in Haft, während Ermittlungen gegen sie laufen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Sicherheitskräfte ließen mehrere Frauen, JournalistInnen und RechtsanwältInnen wenige Stunden nach der Festnahme wieder frei. AktivistInnen gaben gegenüber Amnesty International an, dass die Sicherheitskräfte die Frauen gegen 1 Uhr nachts auf einer Wüstenstraße in der Nähe von Kairo zurückließen, wo sie von FreundInnen und KollegInnen abgeholt werden mussten. Einige Protestteilnehmerinnen schilderten gegenüber Amnesty International, dass Angehörige der Sicherheitskräfte in Zivilkleidung, die von der Polizeiwache First New Cairo Police Station kamen, sie über den Boden gezogen und in Polizeiautos gedrängt hätten. Außerdem habe man sie geschlagen, mit Fäusten traktiert und an den Haaren gezogen. Einige Frauen gaben auch an, sexuell belästigt worden zu sein. Sie wollen bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten.

Ein neues Demonstrationsgesetz, das Übergangspräsident Adly Mansour am 24. November unterzeichnete, räumt dem Innenministerium im Hinblick auf Proteste einen weitreichenden Ermessenspielraum ein. Das Gesetz schreibt den OrganisatorInnen von Demonstrationen vor, bei jeder Versammlung von mehr als zehn Personen mindestens drei Tage vor der Veranstaltung einen umfassenden Plan beim Innenministerium einzureichen. Das Gesetz erteilt zudem dem Innenministerium die Befugnis, eine Demonstration abzusagen oder die Route zu ändern. Somit können Demonstrationen nur stattfinden, wenn zuvor die Genehmigung des Innenministeriums vorliegt. Das Gesetz bildet auch den rechtlichen Rahmen für den Einsatz von exzessiver Gewalt gegen Protestierende, denen eine "Straftat" zur Last gelegt wird. Protestierende, die einer Straftat für schuldig befunden werden, müssen mit bis zu fünf Jahren Haft und Geldstrafen in Höhe von 100.000 Ägyptischen Pfund (ca. 14.500 US-Dollar) rechnen. Nach den Festnahmen erklärte der ägyptische Ministerpräsident, ein Ausschuss werde das Gesetz "überprüfen". Es ist allerdings nicht bekannt, inwieweit dieser Ausschuss Einfluss auf die Änderung des Gesetzes nehmen könnte.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN – FORTSETZUNG AUF ENGLISCH
Prosecutors from Qasr El-Nil, central Cairo, interrogated the arrested protesters at the First New Cairo Police Station, subsequently ordering the detention of 24 male protesters for four days, pending criminal investigations. Lawyers told Amnesty International that the accused are facing charges of participating in a public gathering without prior authorization, resisting officials on duty, thuggery, destruction of property, and delaying traffic. Two of the detainees are apparently also facing charges of possessing a knife without a license and stealing a police radio. According to lawyers, several protesters complained of beatings. The detainees are believed to have been transferred from the First New Cairo Police Station to the Tora Prison on 27 November without any prior notification to their lawyers or families.

Many of those arrested have a long history of activism and participated in a number of opposition protests since the " 25 January Revolution". For instance, Mohamed Hossam El Din, known as Kalousha, was injured on 5 December 2012 during protests in front of the Presidential Palace. On 27 November, the Public Prosecution also ordered the arrests of well-known political activists Alaa Abd El Fattah and Ahmed Maher on accusations of calling for and participating in the unauthorized protest.