Mehrjährige Haftstrafen für Aktivisten

Alaa Abdel Fattah

Alaa Abdel Fattah

Am 23. Februar wurde Alaa Abd El Fattah wegen des Anführens eines "nichtgenehmigten Protests" vor dem Parlament im November 2013 zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht in Kairo verurteilte 18 weitere Männer zu einer Haftstrafe von drei Jahren wegen Protestierens und einen Mann zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe, weil er ein Messer bei sich getragen hatte.

Appell an

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the PresidentAl Ittihadia Palace, Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: contact.us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. April 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte heben Sie das Urteil gegen die 20 Männer auf und lassen Sie sie umgehend und bedingungslos frei, da sie nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert sind.

  • Gewähren Sie Alaa Abd El Fattah bitte Zugang zu jedweder benötigten medizinischen Versorgung und sehen Sie davon ab, ihn in irgendeiner Weise für seinen Hungerstreik zu bestrafen.

Sachlage

Die Staatsanwaltschaft hatte die 20 Männer unter anderem wegen Verstoßes gegen das ägyptische Demonstrationsgesetz angeklagt, weil sie vor dem Schura-Rat (Oberhaus des ägyptischen Parlaments) demonstriert hatten. Weitere Anklagen lauteten auf "Tätlichkeiten gegen Sicherheitskräfte", "Stehlen eines Polizei-Funkgeräts", "Verkehrsbehinderung" und "Behinderung der Arbeit nationaler Institutionen". Die Rechtsbeistände der Männer haben gegenüber Amnesty International angegeben, noch auf das schriftliche Urteil zu warten, um überprüfen zu können, wegen welcher Anklagepunkte ihre Mandanten verurteilt wurden. Alle Anklagen waren fingiert und politisch motiviert.

Ahmed Abdel Rahman wurde von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, ein Messer bei sich geführt zu haben, als er während der Demonstration festgenommen wurde. Seine Rechtsbeistände berichteten Amnesty International, dass er das Messer mitgeführt hatte, weil er es für seine Arbeit in einem Restaurant benötigte. Die Sicherheitskräfte gaben an, dass sie das Messer sechs Stunden nach seiner Festnahme in seiner Tasche entdeckt hatten.

Das Gericht verhängte gegen jeden der Männer eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Ägyptischen Pfund (etwa 11.500 Euro) und gegen Alaa Abd El Fattah und Ahmed Abdel Rahman eine fünfjährige Bewährungsstrafe im Anschluss an ihre Haftentlassung. Die übrigen Männer wurden zu einer zusätzlichen Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Alaa Abd El Fattah befindet sich seit über drei Monaten im Hungerstreik, um gegen seine fortdauernde Inhaftierung zu protestieren. Aufgrund seines verschlechterten Gesundheitszustandes ist er laut Angaben seiner Familie seit Mitte Februar dazu übergegangen, seinen Protest mit einem "eingeschränkten" Hungerstreik fortzuführen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Zahlreiche Personen wurden am 26. November 2013 festgenommen, nachdem die Sicherheitskräfte eine friedliche Demonstration vor dem Schura-Rat in Kairo gewaltsam aufgelöst hatten. Die Demonstrierenden protestierten gegen einen neuen Verfassungsentwurf, der Bestimmungen enthalten sollte, nach denen Zivilpersonen vor Militärgerichte gestellt werden können. Alaa Abd El Fattah, ein bekannter politischer Aktivist, wurde zwei Tage später bei sich Zuhause festgenommen. Er war bereits mehrfach wegen seiner Kritik an Regierungsbehörden inhaftiert worden, unter anderem wegen Kritik am damaligen Präsidenten Hosni Mubarak und zuletzt im Jahr 2011 wegen Kritik an den Militärbehörden.

Abgesehen von Alaa Abd El Fattah und Ahmed Abdel Rahman wurden alle festgenommenen Männer im Folgemonat gegen Zahlung einer Kaution freigelassen. Das Verfahren gegen sie begann am 23. März 2014 vor dem Strafgericht von Südkairo. Das Gericht ordnete die Freilassung von Alaa Abd El Fattah und Ahmed Abdel Rahman gegen Kaution an.

Alle 25 angeklagten Männer wurden am 11. Juni in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 Ägyptischen Pfund (etwa 11.500 Euro) verurteilt. Rechtsbeistände gaben gegenüber Amnesty International an, dass das Gericht mit der Anhörung noch vor dem festgesetzten Termin begann, ohne die Rechtsbeistände oder die Angeklagten darüber zu informieren. Drei Angeklagte, darunter auch Alaa Abd El Fattah, wurden festgenommen, als sie zum angesetzten Anhörungstermin im Gericht erschienen.

Die Rechtsbeistände der Angeklagten legten Rechtsmittel ein und das Gericht ordnete eine Neuverhandlung an. Nachdem die mit dem Fall betrauten Richter die Entlassung der drei inhaftierten Demonstrierenden angeordnet hatten, traten sie am 15. September 2014 von dem Fall zurück.

Ein zweites Wiederaufnahmeverfahren begann am 27. Oktober 2014 im Tora-Polizeiinstitut. Es waren 20 der 25 Angeklagten anwesend. Am Ende der ersten Anhörung ordnete das Gericht die Festnahme aller anwesenden Männer an. Während des laufenden Verfahrens blieben die Männer in Haft. Einer der fünf nicht anwesenden Angeklagten, Abdul Rahman Tarek Abdel Samee Ahmed, wurde im Januar 2015 festgenommen. Er bleibt bis zum Wideraufnahmeverfahren in Haft.

Die Männer, die am 23. Februar verurteilt wurden, können nun vor Ägyptens oberstem Gericht, dem Kassationsgericht, Rechtsmittel einlegen und eine Aufhebung des Urteils wegen Verfahrensfehlern beantragen. Die vier Männer, die sich noch in Freiheit befinden, haben das Recht auf ein Wiederaufnahmeverfahren in ihrer Anwesenheit.

Ein neues Demonstrationsgesetz vom November 2013 räumt dem Innenministerium im Hinblick auf Proteste einen weitreichenden Ermessenspielraum ein. Das Gesetz schreibt den Organisator_innen von Demonstrationen vor, bei jeder Versammlung von mehr als zehn Personen mindestens drei Tage vor der Veranstaltung einen umfassenden Plan beim Innenministerium einzureichen. Das Gesetz erteilt den Sicherheitskräften umfassende Befugnisse, Proteste aufzulösen.