Student nach Protest inhaftiert und gefoltert

Stop Folter

Stop Folter

Der Student Mahmoud Hussein befindet sich seit 293 Tagen ohne Gerichtsverfahren in Haft. Er sieht sich mit mehreren konstruierten Anklagen konfrontiert, darunter die Teilnahme an nicht genehmigten Protesten. Mahmoud Hussein wurde gefoltert und gezwungen, auf Video ein "Geständnis" abzulegen. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden. Alle Anklagen gegen ihn sind fallenzulassen.

Appell an

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ+2)

JUSTIZMINISTERIUM
Mahfouz Saber
Ministry of Justice
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 795 8103
E-Mail: mojeb@idsc.gov.eg

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT DES NATIONALEN RATES FÜR MENSCHENRECHTE
Mohamed Fayek
69, Giza St. (next to the Saudi Arabia Embassy)
Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 3 762 48

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, Mahmoud Hussein umgehend und bedingungslos freizulassen und die anhängigen Anklagen gegen ihn fallenzulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten wird.

  • Sorgen Sie dafür, dass Mahmoud Hussein vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt ist.

  • Bitte ordnen Sie umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung seiner Foltervorwürfe an und bringen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

Sachlage

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Aufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft am Pressezentrum im Zentrum Kairos teil. Bereits nach fünf Minuten wurde die Demonstration von den Sicherheitskräften mit Tränengas aufgelöst. Mahmoud Hussein verließ die Demonstration und nahm den Bus nach Hause in das Kairoer Viertel El Marg. Gegen Mittag hielten Sicherheitskräfte den Bus am Kontrollpunkt in El Marg an und nahmen Mahmoud Hussein fest, weil er ein T Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug.

Wie Mahmoud Hussein seinem Rechtsbeistand und seinem Bruder mitteilte, wurde er nach seiner Festnahme auf die Polizeiwache von El Marg gebracht und dort geschlagen. Man habe ihm die Hände hinter dem Rücken gefesselt, die Augen verbunden und dann zum Verhör durch einen Beamten der Nationalen Sicherheit gebracht. Während des Verhörs wurde er geschlagen und erhielt etwa vier Stunden lang Elektroschocks an Rücken, Händen und Hoden, bis er sich bereiterklärte, Straftaten zu "gestehen", die er nicht begangen hatte. In einem "Geständnis", das bei der Befragung auf Video festgehalten wurde, erklärte er, dass er Mitglied der verbotenen Muslimbruderschaft und im Besitz von Sprengstoff sei und an unerlaubten Protesten teilgenommen habe. Seinem Rechtsbeistand zufolge liegen gegen ihn nur ein Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" und eine Gasmaske als Beweismittel vor. Sein Rechtsbeistand und sein Bruder konnten die Spuren der Folter sehen, als sie ihn vier Tage darauf auf der Polizeiwache besuchten.

Am 26. Januar wurde Mahmoud Hussein vom Staatsanwalt der Nationalen Sicherheit befragt, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend war. Er erhielt keine Möglichkeit, seine Familie anzurufen. Obwohl er die Beschuldigungen von sich wies und erklärte, gefoltert und zu dem "Videogeständnis" gezwungen worden zu sein, veranlasste der Staatsanwalt der Nationalen Sicherheit weder eine gerichtsmedizinische Untersuchung noch Ermittlungen bezüglich der Foltervorwürfe. Stattdessen ordnete er eine 15-tägige Haft für Mahmoud Hussein an. Seine Untersuchungshaft wurde seither verlängert. Derzeit befindet sich Mahmoud Hussein im Kairoer Berufungsgefängnis.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Volksaufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft im Zentrum Kairos beim Pressesyndikat teil. Innerhalb von Minuten, nachdem Protestierende sich vor dem Pressesyndikat versammelt hatten, um lauten Protest gegen das Militär und die Muslimbruderschaft zu äußern, begannen die Sicherheitskräfte, die Demonstration mit Tränengas aufzulösen. Während einige Protestierende versuchten, durch die Talaat-Harb-Straße zu entkommen, beschloss Mahmoud Hussein angesichts der gewaltsamen Auflösung, mit dem Bus nach Hause in das El-Marg-Viertel von Kairo zu fahren.

Wie Amnesty International in Erfahrung bringen konnte, fragte Mahmoud Hussein bei seiner Festnahme am 25. Januar vergeblich nach dem Grund, wurde jedoch wiederholt von fünf Angehörigen der Polizei in Zivil geschlagen und an den Beinen zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe des Kontrollpunkts El Marg geschleift. Dort schlugen die Sicherheitskräfte ca. weitere 30 Minuten auf Mahmoud Hussein ein. Anschließend brachte man ihn auf die Polizeiwache von El Marg, wo er bei seinem Eintreffen etwa eine Stunde lang von Sicherheitskräften mit Händen und Stöcken geschlagen wurde, eine Praxis, die in ägyptischen Polizeistationen und Gefängnissen als "Willkommensparty" bezeichnet wird. Auf der Polizeiwache wurde Mahmoud Hussein beschuldigt, Molotowcocktails und Handgranaten zu besitzen, einer verbotenen Gruppierung anzugehören, unerlaubt protestiert und für das Protestieren Geld erhalten zu haben.

Später wurde Mahmoud Hussein zusammen mit etwa 50 Straftatverdächtigen in eine überfüllte Zelle der Polizeiwache gesperrt, die eigentlich für 16 Häftlinge vorgesehen ist. Dort wurde er nach der Aufforderung durch die Polizei etwa drei Stunden lang von seinen Mitinsassen geschlagen und bedroht, bis ihn Angehörige der Nationalen Sicherheit zur Befragung auf die Polizeiwache brachten.

Der Beamte der nationalen Sicherheitsbehörde teilte ihm mit, dass er ihm ein "Geständnis" diktieren und dieses mit Video aufzeichnen würde. Mahmoud Hussein weigerte sich jedoch, eine Straftat zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Er wurde dann geschlagen und erhielt Elektroschocks an Rücken, Händen und Hoden. Nach vier Stunden Verhör, Elektroschocks und Schlägen sagte Mahmoud Hussein dem Beamten, dass er alles "gestehen" würde, um die Folter zu beenden. Der Sicherheitsbeamte zeichnete auf Video auf, wie Mahmoud Hussein "gestand", im Besitz von Sprengstoff gewesen zu sein, Geld für Demonstrationen erhalten zu haben und an einem unerlaubten Protest beteiligt gewesen zu sein.

Am 26. Januar wurde Mahmoud Hussein in das Büro der Staatsanwaltschaft der Nationalen Sicherheit gebracht, das mit der Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit betraut ist, und dort verhört. Mahmoud Hussein leugnete alle Anschuldigungen und erklärte, dass er gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen wurde, doch ordnete der Staatsanwalt der Sicherheitsbehörde weder gerichtsmedizinische Untersuchungen noch eine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Mahmoud Hussein blieb weitere sechs Tage auf der Polizeiwache von El Marg und wurde dann in das Abu-Zabaal-Gefängnis verlegt, wo er bei seiner Ankunft geschlagen wurde. Im Mai 2014 wurde er in das Kairoer Berufungsgefängnis verlegt, wo er ebenfalls bei seinem Eintreffen geschlagen wurde. Mahmoud Husseins Familie erstattete bei der Staatsanwaltschaft wegen der Folter und Schläge Anzeige, aber es fanden keine ernsthaften Ermittlungen statt.

Am 24. Januar 2014 wurden mindestens 1.000 Protestierende wegen unerlaubter Proteste festgenommen. Die Sicherheitskräfte setzten exzessive Gewalt ein, um die landesweiten Proteste zu zerstreuen. Mindestens 60 Protestierende kamen ums Leben.

Ein neues Demonstrationsgesetz, das das Recht auf Versammlungsfreiheit einschränkt und von Interimspräsident Adly Mansour am 24. November 2013 unterzeichnet wurde, entspricht nicht den internationalen Standards. Es räumt dem Innenministerium weitreichende Ermessenspielräume bei Protesten ein. So sieht es vor, dass dem Innenministerium bei Versammlungen von mehr als zehn Personen mindestens drei Tage vorher eine vollständige Planung vorzulegen ist. Darüber hinaus erteilt das Gesetz dem Innenministerium die Befugnis, eine Demonstration abzubrechen oder ihre Wegstrecke zu ändern, wodurch letztendlich keine Demonstration ohne die vorherige Genehmigung des Ministeriums durchgeführt werden kann. Ebenso beinhaltet das Gesetz rechtliche Vorgaben, die Sicherheitskräften den Einsatz exzessiver Gewalt gegen Protestierende einräumen, die unter Verdacht stehen, "einen Gesetzesverstoß" begangen zu haben. Wenn Protestierende eines Verstoßes gegen ein Gesetz für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Gefängnis und Geldstrafen in Höhe von 100 000 ägyptischen Pfund (etwa 10 000 Euro).