Student weiterhin in Haft

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Mahmoud Hussein ist am 26. August aufgrund eines Verfahrensfehlers erneut vor Gericht erschienen. Erst zwei Tage zuvor war seine Haftanordnung um 45 Tage verlängert worden. Der 19-jährige Student befindet sich bereits seit mehr als 18 Monaten in Untersuchungshaft, nachdem er festgenommen worden war, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" getragen hatte.

Appell an

STELLVERTRETENDER STAATSANWALT
Ali Omran
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Omran)
Fax: (00 202) 2 577 4716 (nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President, Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Oktober 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Mahmoud Hussein vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt ist.

  • Ich bitte Sie eindringlich, Mahmoud Hussein umgehend und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten wird.

  • Bitte ordnen Sie umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung seiner Foltervorwürfe an und bringen Sie die Verantwortlichen in einem fairen Verfahren vor Gericht, bei dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

Sachlage

Der Rechtsbeistand des gewaltlosen politischen Gefangenen Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein teilte Amnesty International mit, dass der Student am 26. August überraschend für einen Gerichtstermin in das Gericht im Stadtteil Abbassia in Kairo gebracht wurde. Mahmoud Hussein war bereits zwei Tage zuvor vor Gericht erschienen, als seine Haftanordnung erneuert wurde. Ein weiteres Erscheinen vor Gericht war deswegen eigentlich erst wieder in sechs Wochen vorgesehen.

Nach ägyptischem Recht kann eine Person bis zu zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden, wenn der betroffenen Person Straftaten zur Last gelegt werden, die mit lebenslanger Haft oder der Todesstrafe geahndet werden können. Die Anschuldigungen gegen Mahmoud Hussein beinhalten Straftaten, die mit lebenslanger Haft geahndet werden können. Allerdings basieren diese Vorwürfe lediglich auf einem auf Video aufgezeichneten Geständnis, das Mahmoud Hussein nach seiner Festnahme am 25. Januar 2014 unter Folter abgelegt hatte.

Untersuchungshäftlinge müssen in Ägypten alle 45 Tage vor Gericht erscheinen. Ein Richter oder eine Richterin kann dann entweder die Freilassung oder eine Verlängerung der Haft anordnen. Im Fall von Mahmoud Hussein haben es die Behörden mehrmals versäumt, den Studenten vor Ablauf der Frist von 45 Tagen vor Gericht zu stellen. Er wurde somit ohne gerichtliche Anordnung und unter Verstoß gegen geltendes Recht festgehalten. Die Justizbehörden bemerkten dies nach dem Gerichtstermin am 24. August und ließen ihn am 26. August erneut vor Gericht erscheinen. Bei diesem Termin wurde eine Haftanordnung von 45 Tagen verkündet, die rückwirkend für die 30 bis 35 Tage gelten soll, während derer Mahmoud Hussein ohne Gerichtsbeschluss festgehalten wurde, so der Rechtsbeistand des Studenten.

Der nächste Gerichtstermin für Mahmoud Hussein wurde für den 11. Oktober festgesetzt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mahmoud Hussein ist ein 19-jähriger Student, der sich seit über 18 Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft befindet. Er wird derzeit im Tora-Gefängnis in Kairo festgehalten.

Am 14. Juli schlugen zwei Gefängniswärter dem Studenten seiner Familie zufolge ins Gesicht und in die Magengegend, weil er darauf bestanden hatte, seine persönlichen Gegenstände mitzunehmen, nachdem ihm mitgeteilt worden war, dass er in ein anderes Gefängnis gebracht werden würde. Mahmoud Hussein befand sich zum damaligen Zeitpunkt im Kairoer Berufungsgefängnis.

Laut seiner Familie war dies das zweite Mal, dass Mahmoud Hussein im Kairoer Berufungsgefängnis geschlagen wurde. Der erste Vorfall ereignete sich ein Jahr zuvor. Die Familie hat eigenen Angaben zufolge aufgrund der Folter und anderweitigen Misshandlungen Beschwerden bei der Staatsanwaltschaft eingelegt. Die Staatsanwaltschaft gab an, eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet zu haben. Laut dem Bruder von Mahmoud Hussein und seinem Rechtsbeistand wurde die Familie bisher allerdings noch nicht über die Ergebnisse dieser Untersuchung informiert. Mahmoud Hussein wurde am 25. Juli in das Tora-Gefängnis in Kairo verlegt.

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Aufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft im Zentrum Kairos teil. Als der Bus, in dem sich Mahmoud Hussein auf dem Weg nach Hause befand, an einem Kontrollpunkt in El Marg im Nordosten Kairos von Sicherheitskräften angehalten wurde, nahmen diese Mahmoud Hussein fest, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug.

Mahmoud Hussein soll bei seiner Festnahme am 25. Januar vergeblich nach dem Grund gefragt haben, wurde jedoch wiederholt von fünf Angehörigen der Polizei in Zivil geschlagen und an den Beinen zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe geschleift. Dort schlugen die Sicherheitskräfte ca. weitere 30 Minuten auf Mahmoud Hussein ein. Anschließend brachte man ihn auf die Polizeiwache von El Marg, wo er bei seinem Eintreffen etwa eine Stunde lang von Sicherheitskräften mit Händen und Schlagstöcken geschlagen wurde, eine Praxis, die in ägyptischen Polizeistationen und Gefängnissen als "Willkommensparty" bezeichnet wird.

Später wurde Mahmoud Hussein laut seinem Rechtsbeistand zusammen mit etwa 50 Straftatverdächtigen in eine überfüllte Zelle der Polizeiwache gesperrt, die eigentlich für 16 Häftlinge vorgesehen ist. Dort wurde er – mutmaßlich nach der Aufforderung durch die Polizei – etwa drei Stunden lang von seinen Mitinsassen geschlagen und bedroht, bis man ihn für eine Befragung zu Angehörigen der Nationalen Sicherheitsbehörde auf die Polizeiwache brachte. Ein Angehöriger der Nationalen Sicherheitsbehörde teilte ihm mit, dass er ihm ein "Geständnis" diktieren und dieses filmen würde. Mahmoud Hussein weigerte sich jedoch, eine Straftat zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Anschließend versetzte man ihm vier Stunden lang Schläge und Elektroschocks. Danach sagte Mahmoud Hussein dem Beamten, dass er alles "gestehen" würde, um die Folter zu beenden. Der Sicherheitsbeamte zeichnete ein Video auf, auf dem zu sehen ist, wie Mahmoud Hussein die konstruierten Vorwürfe "gestand", wonach er einer verbotenen Gruppierung angehört, Molotowcocktails und Handgranaten besitzt sowie unerlaubt protestiert und für das Protestieren Geld erhält.

Am 26. Januar 2014 wurde Mahmoud Hussein in das Büro der Staatsanwaltschaft der Nationalen Sicherheit gebracht, das mit der Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit betraut ist, und dort verhört. Mahmoud Hussein leugnete alle Anschuldigungen und erklärte, dass er gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen wurde. Dennoch ordnete der Staatsanwalt weder gerichtsmedizinische Untersuchungen noch eine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Mahmoud Hussein blieb sechs Tage auf der Polizeiwache von El Marg und wurde dann in das Abu-Zabaal-Gefängnis verlegt, wo er bei seiner Ankunft geschlagen wurde. Im Mai 2014 wurde er in das Kairoer Berufungsgefängnis verlegt.

Am 25. Januar 2014 wurden mindestens 1.000 Protestierende wegen "unerlaubter Proteste" festgenommen. Die Sicherheitskräfte setzten exzessive Gewalt ein, um die landesweiten Proteste zu zerstreuen. Am 24. November 2013 ist ein neues Demonstrationsgesetz in Kraft getreten, das dem Innenministerium weitreichende Ermessenspielräume bei Protesten einräumt.