Haftanordnung verlängert

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Mahmoud Hussein trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "Nation ohne Folter", wurde festgenommen und gefoltert

Ein Gericht in Kairo verlängerte am 8. Oktober die Haftanordnung gegen den gewaltlosen politischen Gefangenen Mahmoud Hussein um weitere 45 Tage. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 23. November festgesetzt. Eine Richterin oder ein Richter wird dann entscheiden, ob Mahmoud Hussein freigelassen wird oder ob er weiterhin in Haft bleibt.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
New Cairo Court Complex
New Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 638 1956

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg oder foreign.legalization@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herr Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. November 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, Mahmoud Hussein sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit festgehalten wird.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Mahmoud Hussein vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt ist.

  • Bitte ordnen Sie umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung seiner Foltervorwürfe an und bringen Sie die Verantwortlichen in einem fairen Verfahren vor Gericht, bei dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

Sachlage

Ein Gericht in Kairo entschied am 8. Oktober, dass Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein für weitere 45 Tage in Untersuchungshaft bleiben muss. Er befindet sich nun bereits seit 21 Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft. Das nächste Mal muss er am 23. November vor Gericht erscheinen. Eine Richterin oder ein Richter wird dann entscheiden, ob Mahmoud Hussein freigelassen oder seine Haftanordnung erneut verlängert wird. Nach ägyptischem Recht kann eine Person bis zu zwei Jahre in Untersuchungshaft festgehalten werden, wenn ihr Straftaten zur Last gelegt werden, die mit lebenslanger Haft oder der Todesstrafe geahndet werden können.

Mahmoud Hussein wurde am 25. Januar 2014 in einem Kleinbus festgenommen, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug. Der damals 18-Jährige befand sich auf seinem Weg nach Hause von einer Demonstration, an der er teilgenommen hatte. Man zwang ihn mit Folter dazu, Straftaten zu "gestehen", die er eigenen Angaben zufolge nicht begangen hat. In einem Brief an Amnesty International vom 25. September 2015 fragte er: "Werde ich wegen eines Ziels, oder einer Idee, oder eines Traums, den so viele von uns seit der 'Revolution des 25. Januar' geträumt haben, vor Gericht gestellt?"

Am 14. Juli schlugen zwei Gefängniswärter_innen des Berufungsgefängnisses in Kairo auf Mahmoud Hussein ein, weil er seine persönlichen Gegenstände verrückt hatte. Er befindet sich zurzeit im Tora-Gefängnis in Kairo.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mahmoud Husseins Untersuchungshaft wurde zuletzt am 26. August verlängert, zwei Tage nachdem ein Verfahrensfehler aufgedeckt worden war. Der Richter hatte festgestellt, dass Mahmoud Hussein mehrere Tage ohne gerichtliche Anordnung festgehalten worden war und erließ eine Haftanordnung gegen ihn, die rückwirkend die Tage abdeckte, während derer Mahmoud Hussein ohne Gerichtsbeschluss festgehalten wurde, und für 45 zusätzliche Tage galt.

Mahmoud Hussein ist ein 19-jähriger Student, der während seiner Haft gefoltert und anderweitiger misshandelt wurde. Am 14. Juli schlugen zwei Gefängniswärter dem Studenten seiner Familie zufolge ins Gesicht und in die Magengegend, weil er darauf bestanden hatte, seine persönlichen Gegenstände mitzunehmen, nachdem ihm mitgeteilt worden war, dass er in ein anderes Gefängnis gebracht werden würde. Mahmoud Hussein befand sich zum damaligen Zeitpunkt im Kairoer Berufungsgefängnis.

Laut seiner Familie war dies das zweite Mal, dass Mahmoud Hussein im Kairoer Berufungsgefängnis geschlagen wurde. Der erste Vorfall ereignete sich ein Jahr zuvor. Die Familie hat eigenen Angaben zufolge aufgrund der Folter und anderweitigen Misshandlungen Beschwerden bei der Staatsanwaltschaft eingelegt. Die Staatsanwaltschaft gab an, eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet zu haben. Laut dem Bruder von Mahmoud Hussein und seinem Rechtsbeistand wurde die Familie bisher allerdings noch nicht über die Ergebnisse dieser Untersuchung informiert. Mahmoud Hussein wurde am 25. Juli in das Tora-Gefängnis in Kairo verlegt.

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Aufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft im Zentrum Kairos teil. Als der Bus, in dem sich Mahmoud Hussein auf dem Weg nach Hause befand, an einem Kontrollpunkt in El Marg im Nordosten Kairos von Sicherheitskräften angehalten wurde, nahmen diese Mahmoud Hussein fest, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug.

Laut der Familie und dem Rechtsbeistand von Mahmoud Hussein soll dieser bei seiner Festnahme am 25. Januar vergeblich nach dem Grund gefragt haben, wurde jedoch wiederholt von fünf Angehörigen der Polizei in Zivil geschlagen und an den Beinen zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe geschleift. Dort schlugen die Sicherheitskräfte ca. weitere 30 Minuten auf Mahmoud Hussein ein. Anschließend brachte man ihn auf die Polizeiwache von El Marg, wo er bei seinem Eintreffen etwa eine Stunde lang von Sicherheitskräften mit Händen und Schlagstöcken geschlagen wurde, eine Praxis, die in ägyptischen Polizeistationen und Gefängnissen als "Willkommensparty" bezeichnet wird.

Später wurde Mahmoud Hussein laut seinem Rechtsbeistand zusammen mit etwa 50 Straftatverdächtigen in eine überfüllte Zelle der Polizeiwache gesperrt, die eigentlich für 16 Häftlinge vorgesehen ist. Dort wurde er – mutmaßlich nach der Aufforderung durch die Polizei – etwa drei Stunden lang von seinen Mitinsassen geschlagen und bedroht, bis man ihn für eine Befragung zu Angehörigen der Nationalen Sicherheitsbehörde auf die Polizeiwache brachte. Ein Angehöriger der Nationalen Sicherheitsbehörde teilte ihm mit, dass er ihm ein "Geständnis" diktieren und dieses filmen würde. Mahmoud Hussein weigerte sich jedoch, eine Straftat zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Anschließend versetzte man ihm vier Stunden lang Schläge und Elektroschocks. Danach sagte Mahmoud Hussein dem Beamten, dass er alles "gestehen" würde, um die Folter zu beenden. Der Sicherheitsbeamte zeichnete ein Video auf, auf dem zu sehen ist, wie Mahmoud Hussein die konstruierten Vorwürfe "gestand".

Am nächsten Tag wurde Mahmoud Hussein in das Büro der Staatsanwaltschaft der Nationalen Sicherheit gebracht, das mit der Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit betraut ist, und dort verhört. Mahmoud Hussein leugnete alle Anschuldigungen und erklärte, dass er gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen wurde. Dennoch ordnete der Staatsanwalt weder gerichtsmedizinische Untersuchungen noch eine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Mahmoud Hussein blieb sechs Tage auf der Polizeiwache von El Marg und wurde dann in das Abu-Zabaal-Gefängnis verlegt, wo er bei seiner Ankunft geschlagen wurde. Im Mai 2014 wurde er in das Kairoer Berufungsgefängnis verlegt. Zurzeit befindet er sich im Tora-Gefängnis in Kairo.