Inhaftierter Student geschlagen

Der ägyptische Student Mahmoud Hussein wurde am 14. Juli von Gefängniswärtern geschlagen. Der gewaltlose politische Gefangene befindet sich bereits seit mehr als 500 Tagen ohne Gerichtsverfahren in Haft, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" getragen hatte.

Appell an

STELLVERTRETENDER STAATSANWALT
Ali Omran
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Omran)
Fax: (00 202) 2 577 4716 (nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 391 1441
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg oder Moh_moussa@op.gov.eg

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. August 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, Mahmoud Hussein umgehend und bedingungslos freizulassen und die anhängigen Anklagen gegen ihn fallenzulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten wird.

  • Sorgen Sie dafür, dass Mahmoud Hussein bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt ist.

  • Bitte ordnen Sie umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung seiner Foltervorwürfe an und bringen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

Sachlage

Der 19-jährige Ägypter Mahmoud Mohamed Ahmed Hussein, ein gewaltloser politischer Gefangener, wurde am 14. Juli von zwei Gefängniswärtern geschlagen. Nach Angaben seines Bruders Tarek Tito war Mahmoud Hussein mitgeteilt worden, dass er in ein anderes Gefängnis gebracht werden würde, und er hatte deshalb begonnen, seine Sachen zusammenzupacken. Momentan wird er jedoch nach wie vor im Kairoer Berufungsgefängnis festgehalten.

Nachdem Mahmoud Hussein erfahren hatte, dass er verlegt werden würde, begann er, seine Sachen zusammenzupacken, darunter seine Kleidung und sein Bettzeug. Die Gefängniswärter hielten ihn jedoch davon ab. Als er darauf bestand, seine Sachen mitzunehmen, schlugen sie ihm ins Gesicht und in den Bauch. Laut seiner Familie ist dies bereits der zweite Fall, in dem Mahmoud Hussein in Haft geschlagen wurde. Wegen des ersten Falls wurde am 26. Juli 2014 bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde eingereicht.

Der Student befindet sich seit mehr als 500 Tagen ohne Gerichtsverfahren in Haft, weil er ein T-Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" getragen hatte. Während seiner Haft wurde er geschlagen und gefoltert. Seine Haftanordnung ist am 11. Juli um 45 Tage verlängert worden. Der nächste Gerichtstermin findet im August statt. Dann wird darüber entschieden, ob die Untersuchungshaft erneut verlängert oder Mahmoud Hussein freigelassen wird.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 25. Januar 2014, dem dritten Jahrestag der Aufstände in Ägypten, nahm Mahmoud Hussein an einer Demonstration gegen die Muslimbruderschaft und die Militärherrschaft am Pressezentrum im Zentrum Kairos teil. Bereits nach fünf Minuten wurde die Demonstration von den Sicherheitskräften mit Tränengas aufgelöst. Mahmoud Hussein verließ die Demonstration und nahm den Bus nach Hause in das Kairoer Viertel El Marg. Gegen Mittag hielten Sicherheitskräfte den Bus am Kontrollpunkt in El Marg an und nahmen Mahmoud Hussein fest, weil er ein T Shirt mit dem Logo der Kampagne "Nation ohne Folter" und einen Schal mit dem Logo der "Revolution des 25. Januar" trug.

Wie Amnesty International in Erfahrung bringen konnte, fragte Mahmoud Hussein bei seiner Festnahme am 25. Januar vergeblich nach dem Grund, wurde jedoch wiederholt von fünf Angehörigen der Polizei in Zivil geschlagen und an den Beinen zu einer kleinen Polizeistation in der Nähe des Kontrollpunkts El Marg geschleift. Dort schlugen die Sicherheitskräfte ca. weitere 30 Minuten auf Mahmoud Hussein ein. Anschließend brachte man ihn auf die Polizeiwache von El Marg, wo er bei seinem Eintreffen etwa eine Stunde lang von Sicherheitskräften mit Händen und Stöcken geschlagen wurde, eine Praxis, die in ägyptischen Polizeistationen und Gefängnissen als "Willkommensparty" bezeichnet wird. Auf der Polizeiwache wurde Mahmoud Hussein beschuldigt, Molotowcocktails und Handgranaten zu besitzen, einer verbotenen Gruppierung anzugehören, unerlaubt protestiert und für das Protestieren Geld erhalten zu haben.

Später wurde Mahmoud Hussein zusammen mit etwa 50 Straftatverdächtigen in eine überfüllte Zelle der Polizeiwache gesperrt, die eigentlich für 16 Häftlinge vorgesehen ist. Dort wurde er nach der Aufforderung durch die Polizei etwa drei Stunden lang von seinen Mitinsassen geschlagen und bedroht, bis ihn Angehörige der Nationalen Sicherheit zur Befragung auf die Polizeiwache brachten.

Ein Angehöriger der nationalen Sicherheitsbehörde teilte ihm mit, dass er ihm ein "Geständnis" diktieren und dieses filmen würde. Mahmoud Hussein weigerte sich jedoch, eine Straftat zu gestehen, die er nicht begangen hatte. Er wurde dann geschlagen und erhielt Elektroschocks an Rücken, Händen und Hoden. Nach vier Stunden Verhör, Elektroschocks und Schlägen sagte Mahmoud Hussein dem Beamten, dass er alles "gestehen" würde, um die Folter zu beenden. Der Sicherheitsbeamte zeichnete auf Video auf, wie Mahmoud Hussein "gestand", im Besitz von Sprengstoff gewesen zu sein, Geld für Demonstrationen erhalten zu haben und an einem unerlaubten Protest beteiligt gewesen zu sein.

Am 26. Januar 2014 wurde Mahmoud Hussein in das Büro der Staatsanwaltschaft der Nationalen Sicherheit gebracht, das mit der Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit betraut ist, und dort verhört. Mahmoud Hussein leugnete alle Anschuldigungen und erklärte, dass er gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen wurde. Dennoch ordnete der Staatsanwalt der Sicherheitsbehörde weder gerichtsmedizinische Untersuchungen noch eine Untersuchung der Foltervorwürfe an. Mahmoud Hussein blieb weitere sechs Tage auf der Polizeiwache von El Marg und wurde dann in das Abu-Zabaal-Gefängnis verlegt, wo er bei seiner Ankunft geschlagen wurde. Im Mai 2014 wurde er in das Kairoer Berufungsgefängnis verlegt, wo er ebenfalls bei seinem Eintreffen geschlagen wurde. Mahmoud Husseins Familie erstattete bei der Staatsanwaltschaft wegen der Folter und Schläge Anzeige, aber es fanden keine ernsthaften Ermittlungen statt.

Am 24. Januar 2014 wurden mindestens 1.000 Protestierende wegen unerlaubter Proteste festgenommen. Die Sicherheitskräfte setzten exzessive Gewalt ein, um die landesweiten Proteste zu zerstreuen. Mindestens 60 Protestierende kamen ums Leben. Ein neues Demonstrationsgesetz, das das Recht auf Versammlungsfreiheit einschränkt und von Interimspräsident Adly Mansour am 24. November 2013 unterzeichnet wurde, entspricht nicht den internationalen Standards. Es räumt dem Innenministerium weitreichende Ermessenspielräume bei Protesten ein. So sieht es vor, dass dem Innenministerium bei Versammlungen von mehr als zehn Personen mindestens drei Tage vorher eine vollständige Planung vorzulegen ist. Wenn Protestierende eines Verstoßes gegen ein Gesetz für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Gefängnis und Geldstrafen in Höhe von 100.000 Ägyptischen Pfund (etwa 10.000 Euro).