Journalisten verurteilt

Graffito an einer Häuserwand in  der Mohamed-Mahmoud-Straße in Kairo

Graffito an einer Häuserwand in der Mohamed-Mahmoud-Straße in Kairo

Ein Gericht in Kairo hat am 29. August die Journalisten Mohamed Fahmy und Baher Mohamed wegen "Verbreitung falscher Nachrichten" und "Arbeiten ohne Genehmigung" zu Haftstrafen verurteilt. Der Journalist Peter Greste wurde in Abwesenheit verurteilt.

Appell an

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
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STELLVERTRETENDER STAATSANWALT
Ali Omran
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Omran)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder (00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ +2)

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. Oktober 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Das Strafgericht von Kairo verhängte am 29. August eine dreijährige Haftstrafe gegen Mohamed Fahmy und eine dreieinhalbjährige Haftstrafe gegen Baher Mohamed. Peter Greste wurde in Abwesenheit ebenfalls zu drei Jahren Haft verurteilt. Mohamed Fahmy und Baher Mohamed sind gewaltlose politische Gefangene, die nur wegen der Wahrnehmung ihres Rechts auf Meinungsfreiheit inhaftiert sind.

In einer kurzen Ansprache vor der Urteilsverkündung gab der Richter an, dass das Gericht die drei Männer nicht als Journalisten anerkenne, dass sie im Besitz verbotener Arbeitsgerätschaften gewesen seien und über den Nachrichtensender Al Jazeera "Lügen" über Ägypten verbreitet hätten, während sie ohne offizielle Genehmigung von einem Kairoer Hotel aus gearbeitet haben. Basierend auf diesen Vorwürfen wurden dreijährige Haftstrafen gegen die drei Journalisten verhängt.

Baher Mohamed wurde wegen des Besitzes einer Patronenhülse außerdem zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe sowie zu einer Geldstrafe von 5.000 Ägyptischen Pfund (rund 570 Euro) verurteilt. Der Journalist erklärte, dass es sich bei der Patronenhülse um ein Andenken seiner Arbeit in Libyen handele.

Das Gericht verurteilte außerdem die Studenten Khaled Mohamed Abdulraouf Mohamed, Shadi Abdul Hameed Abdul Azeem Ibrahim und Sohaib Saad Mohamed Mohamed zu jeweils drei Jahren Haft. Grund für ihre Verurteilung waren offenbar ebenfalls Anklagen wegen der Verbreitung "falscher Nachrichten". Sohaib Saad Mohamed Mohamed hatte anderen Angeklagten erzählt, dass Sicherheitskräfte ihn nach seiner erneuten Festnahme Anfang Juni 2015 gefoltert und anderweitig misshandelt hätten.

Zwei weitere Angeklagte, Khalid Abdulrahman Mahmoud Ahmed Abdulwahab und Noura Hassan al-Banna, wurden von dem Gericht freigesprochen.

Das Strafgericht von Kairo hatte die Journalisten und Student_innen ursprünglich im Juni 2014 zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren verurteilt. Nachdem das höchste ägyptische Berufungsgericht, das Kassationsgericht, die Verurteilungen aufgehoben und ihre Strafen ausgesetzt hatte, wurden die Fälle der Betroffenen neu verhandelt. Die Angeklagten, die nun erneut zu Haftstrafen verurteilt wurden, haben die Möglichkeit noch einmal Rechtsmittel vor dem Kassationsgericht einzulegen.

[BITTE SCHREIBEN SIE]

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Mohamed Fahmy und Baher Mohamed unverzüglich und bedingungslos frei und stellen Sie sicher, dass ihre Urteile aufgehoben werden. Ich bitte Sie außerdem, dem Antrag von Mohamed Fahmy auf Ausweisung stattzugeben.

  • Ich bitte Sie eindringlich, auch die gegen die anderen Männer verhängten Urteile aufzuheben, insofern sie auf Anklagen beruhen, die lediglich im Zusammenhang mit dem friedlichen Gebrauch von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit stehen.

  • Bitte leiten Sie effektive, unabhängige und unparteiische Untersuchungen zu den Vorwürfen von Sohaib Saad Mohamed Mohamed ein, wonach er gefoltert und anderweitig misshandelt wurde.

[APPELLE AN]

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
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Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Gericht wird eine schriftliche Urteilsbegründung abgeben, in der aufgeführt sein wird, welche Anklagepunkte bei den jeweiligen Angeklagten aufrechterhalten und von welchen dieser Anklagen sie freigesprochen wurden. Die Vorwürfe der "Verbreitung falscher Nachrichten" verstoßen nach Auffassung von Amnesty International gegen internationale Menschenrechtsnormen. Die Anklagen, nach denen die Journalisten ohne offizielle Genehmigung gearbeitet haben, sind politisch motiviert und zielen darauf ab, die Männer für ihre journalistische Tätigkeit und für die friedliche Wahrnehmung ihres Rechts auf Meinungsfreiheit zu bestrafen.

Im Juni 2014 verurteilte das Strafgericht von Kairo die Journalisten und Student_innen zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren. Sie waren für schuldig befunden worden, "falsche Nachrichten" gesendet zu haben, verbotene Arbeitsgerätschaften besessen zu haben und die Muslimbruderschaft unterstützt oder ihr angehört zu haben. Das Gericht verhandelte die Fälle weiterer Personen, die vor Gericht nicht anwesend waren, und verurteilte sie in Abwesenheit, unter ihnen weitere Mitarbeiter_innen von Al Jazeera sowie eine niederländische freiberufliche Journalistin. Das höchste ägyptische Berufungsgericht, das Kassationsgericht, hat die Verurteilungen der Betroffenen, die am 1. Januar 2015 inhaftiert worden waren, aufgehoben und ihre Strafen ausgesetzt. Anschließend fanden Neuverhandlungen vor dem Strafgericht in Kairo unter dem Vorsitz neuer Richter_innen statt. Im Februar ordneten diese die Freilassung der Angeklagten gegen Kaution an. Am 29. August erließen sie schließlich die Urteile. Alle Angeklagten, die in diesem Verfahren zu Haftstrafen verurteilt wurden, können nun noch einmal Rechtsmittel vor dem Kassationsgericht einlegen. Gemäß den ägyptischen Strafprozessordnungen haben Personen, die in Abwesenheit verurteilt wurden, das Recht auf Neuverhandlung, sofern sie vor Gericht erscheinen.

Die Rechtsbeistände von Mohamed Fahmy haben erklärt, dass sie ein Gnadengesuch beim Präsidenten einreichen wollen. Der Journalist hat außerdem seine Ausweisung von Ägypten nach Kanada beantragt. Ein Gesetz vom November 2014 erlaubt es den Behörden, ausländische Staatsangehörige in ihre Herkunftsländer auszuweisen, damit diese dort vor Gericht gestellt werden bzw. ihre Haftstrafe verbüßen, wenn dies "für den [ägyptischen] Staat von höchstem Interesse" ist. Mohamed Fahmy, der sowohl die kanadische als auch die ägyptische Staatsbürgerschaft besaß, gab während seiner Inhaftierung im Dezember 2014 seine ägyptische Staatsbürgerschaft auf. Die Behörden hatten ihm erklärt, dass dies die "einzige Möglichkeit" für ihn sei, eine Ausweisung zu erwirken. Der australische Staatsbürger Peter Greste wurde gemäß diesem neuen Gesetz am 1. Februar 2015 aus Ägypten ausgewiesen. Mohamed Fahmy hat während seiner Haft keine angemessene medizinische Versorgung für seine Hepatitis-C-Erkrankung erhalten. Zudem wurde eine Fraktur seines Armes nicht angemessen behandelt, so dass er seine Schulter nun nur noch eingeschränkt bewegen kann.

Sohaib Saad Mohamed Mohamed wurde am 1. Juni 2015 zusammen mit zwei seiner Freund_innen festgenommen. Er wurde mindestens drei Tag in Einrichtungen des Inlandsgeheimdienstes festgehalten und anschließend in eine Militäreinrichtung verlegt. Dort hielt man ihn fest, bis er am 16. Juni in das Tora-"Istiqbal"-Gefängnis überstellt wurde. Sohaib Saad Mohamed Mohamed wurde 16 Tage lang in Einrichtungen des Inlandsgeheimdienstes sowie einer unbekannten Militäreinrichtung unter Bedingungen festgehalten, die dem Verschwindenlassen gleichkommen. Während dieser Zeit wurde er mehrfach verhört und gefoltert und hatte keinen Zugang zu seiner Familie oder seinen Rechtsbeiständen. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte am 11. Juli einen Film, der von "gefährlichen Terrorzellen" handelt. Sohaib Saad Mohamed Mohamed erschien in diesem Film und "gestand" eine Schusswaffe gekauft zu haben, die er gegen Sicherheitskräfte einsetzen wollte. Das Video zeigte eine Reihe weiterer Personen, die ähnliche "Geständnisse" ablegen. Sohaib Saad Mohamed Mohamed erzählte seinen Mitangeklagten während des Verfahrens, dass Angehörige der Sicherheitskräfte ihn während seiner Verhöre durch den Militärgeheimdienst und den Inlandsgeheimdienst gefoltert und anderweitig misshandelt hätten. Gegen Sohaib Saad Mohamed Mohamed und 15 weitere Personen wird am 6. September ein separates Verfahren vor einem Militärgericht eröffnet werden.

Das Strafgericht von Kairo verhandelte den Fall von Noura Hassan al-Banna in ihrer Anwesenheit neu. Sie wurde der Vorwürfe freigesprochen, die Muslimbruderschaft unterstützt oder ihr angehört zu haben, verbotene Arbeitsgerätschaften besessen zu haben und "falsche Nachrichten" gesendet zu haben. Das Gericht hatte sie unter dem Vorsitz anderer Richter_innen ursprünglich in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Nach Amnesty International vorliegenden Informationen befinden sich derzeit mehr als 20 Journalist_innen in Ägypten in Haft, viele davon aufgrund der Verbreitung "falscher Nachrichten".