Neuverhandlung für inhaftierte Journalisten

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Die ägyptischen Behörden haben bekannt gegeben, dass der Fall der Journalisten Mohamed Fahmy und Baher Mohamed am 12. Februar neu verhandelt wird. Beide Männer sind gewaltlose politische Gefangene. Peter Greste wurde bereits am 1. Februar nach Zypern ausgewiesen und befindet sich mittlerweile wieder bei seiner Familie in Australien.

Appell an

STAATSANWALT Hesham Mohamed Zaki Barakat Office of the Public Prosecutor, Supreme Court House 1 "26 July" Road, Cairo, ÄGYPTEN (Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt) Fax: (00 202) 2 577 4716 oder (00 202) 2 575 7165 (nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT Abdel Fattah al-Sisi Office of the President, Al Ittihadia Palace Cairo, ÄGYPTEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) Fax: (00 202) 2 391 1441

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM Mahy Hassan Abdel Latif Multilateral Affairs and International Security Affairs Ministry of Foreign Affairs Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN Fax: (00 202) 2 574 9713 E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

 

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy Stauffenbergstraße 6-7 10785 Berlin Fax: 030-477 1049 E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. März 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie eindringlich bitten, Mohamed Fahmy und Baher Mohamed umgehend und bedingungslos freizulassen und dafür zu sorgen, dass ihre Verurteilungen aufgehoben werden.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Mohamed Fahmy in der Zwischenzeit Zugang zu der von ihm benötigten medizinischen Behandlung erhält und dass seine krankheitsbedingte Entlassung genehmigt wird.

  • Bitte sorgen Sie auch dafür, dass die Verurteilungen von Sohaib Saad Mohamed Mohamed, Khaled Mohamed Abdulraouf Mohamed, Shadi Abdul Hameed Abdul Azeem Ibrahim und Khalid Abdulrahman Mahmoud Ahmed Abdulwahab, die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit angeklagt wurden, aufgehoben werden.

Sachlage

Die Familie von Mohamed Fahmy gab bekannt, die Behörden hätten ihm vor seiner Berufungsverhandlung am 1. Januar mitgeteilt, dass die Aufgabe seiner ägyptischen Staatsangehörigkeit der "einzige Ausweg" für ihn sei. Der Journalist hat vermutlich kurz darauf seine Staatsbürgerschaft aufgegeben in der Hoffnung, hiernach unverzüglich nach Kanada ausgewiesen zu werden. Er befindet sich weiterhin in Haft und wartet auf sein Berufungsverfahren.

Bezüglich der Freilassung von Baher Mohamed gibt es von Seiten der Behörden keine Hinweise. Gegenüber Amnesty International brachte seine Familie ihre Besorgnis über seine fortdauernde Inhaftierung zum Ausdruck und sagte, er sei als Journalist inhaftiert worden, weil er seine Arbeit gemacht habe.

Vier weitere Männer, die im selben Fall zu Haftstrafen verurteilt wurden, sollen ebenfalls ein Wiederaufnahmeverfahren erhalten: Sohaib Saad Mohamed Mohamed, Khaled Mohamed Abdulraouf Mohamed, Shadi Abdul Hameed Abdul Azeem Ibrahim und Khalid Abdulrahman Mahmoud Ahmed Abdulwahab. Die Staatsanwaltschaft legte in dem Gerichtsverfahren 2014 keine Beweise dafür vor, dass die Männer terrorismusbezogene Straftaten begangen hätten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das höchste ägyptische Berufungsgericht hat die Verurteilung der Journalisten Mohamed Fahmy, Peter Greste und Baher Mohamed am 1. Januar aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet. Sie waren wegen der Verbreitung "falscher Nachrichten" und Unterstützens der Muslimbruderschaft zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren verurteilt worden.

Mohamed Fahmy und Peter Greste waren am 29. Dezember 2013 im Marriott-Hotel in Kairo festgenommen worden. Baher Mohamed wurde in derselben Nacht in seinem Zuhause festgenommen. Die Staatsanwaltschaft klagte die Männer am 29. Januar 2014 einer Reihe von Straftaten an, unter anderem "falsche Nachrichten gesendet zu haben", "verbotene Arbeitsgerätschaften besessen zu haben" und "die Muslimbruderschaft unterstützt oder ihr angehört zu haben". Die Muslimbruderschaft soll laut der Staatsanwaltschaft für terroristische Aktivitäten in Ägypten verantwortlich sein.

Während zwölf gerichtlicher Anhörungen gelang es der Staatsanwaltschaft nicht, Beweise dafür zu erbringen, dass die drei Al-Jazeera-Mitarbeiter die verbotene Bewegung der Muslimbruderschaft unterstützt, "falsche Nachrichten" gesendet oder verbotene Arbeitsgerätschaften besessen hätten. Die Staatsanwaltschaft behinderte die Angeklagten in ihrem Recht, die gegen sie vorgelegten Beweismittel einzusehen und anzufechten, indem sie ihre Rechtsbeistände nicht zu einer vom Gericht angeordneten Prüfung der audiovisuellen Beweismittel lud. Mohamed Fahmys Rechtsbeistand gab zudem an, dass die Staatsanwaltschaft ihm für die Einsicht von Videomaterial, das gegen seinen Mandanten verwendet werden sollte, 1,2 Millionen Ägyptische Pfund (etwa 123.000 Euro) in Rechnung stellen wollte.

Darüber hinaus widersprachen wichtige Belastungszeug_innen häufig ihren eigenen schriftlichen Aussagen. So gaben technische Sachverständige im Kreuzverhör zu, dass sie sich nicht daran erinnern konnten, welches Filmmaterial die Al-Jazeera-Journalisten verfälscht haben sollten, dass sie nicht wussten, ob die Arbeitsgerätschaften des Senders genehmigt waren, und dass sie nicht einschätzen konnten, ob die Journalisten eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten. Des Weiteren gab es Vorwürfe von Folter und anderweitiger Misshandlungen seitens dreier im gleichen Fall angeklagter Studierender, die vor Gericht aussagten, sie seien nach ihrer Festnahme von Sicherheitskräften geschlagen worden.

Das Gericht sprach sein Urteil am 23. Juni 2014. Es befand die drei Mitarbeiter von Al Jazeera in allen Anklagepunkten für schuldig und verurteilte sie zu sieben Jahren Haft. Der Richter verurteilte Baher Mohamed zu drei weiteren Jahren Haft wegen Besitzes einer Patronenhülse, die er laut seinen Angaben als Andenken mitgenommen hatte. Das Gericht sprach bis auf zwei Personen alle weiteren Mitangeklagten schuldig und verurteilte sie zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren. Die meisten wurden in Abwesenheit verurteilt. Vier weitere Männer, die mit den Al-Jazeera-Mitarbeitern nicht in Verbindung stehen, wurden ebenfalls zu Haftstrafen verurteilt.

Präsident Abdel Fattah al-Sisi verabschiedete am 13. November 2014 neue Gesetze, die es den Behörden erlauben, ausländische Staatsangehörige in ihre Herkunftsländer auszuweisen, damit diese dort vor Gericht gestellt werden bzw. ihre Haftstrafe verbüßen, wenn dies "für den [ägyptischen] Staat von höchstem Interesse" ist. Dem Nachrichtensender France 24 sagte der ägyptische Präsident, er werde eine Begnadigung der drei Männer in Erwägung ziehen, sollte dies von "nationalem Interesse" sein.

Die Rechtsbeistände von Mohamed Fahmy und der ägyptische Journalistenverband forderten dessen Freilassung nach Paragraf 486 der Strafprozessordnung, der eine Aussetzung der Strafe ermöglicht, wenn die verurteilte Person unter einer lebensbedrohenden Krankheit leidet oder sich die Krankheit während des Strafvollzugs verschlimmern könnte.