Neuverhandlung für inhaftierte Journalisten

Ägypten - Streetart

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Das höchste ägyptische Berufungsgericht hat die Verurteilung der Journalisten Mohamed Fahmy, Peter Greste und Baher Mohamed aufgehoben. Der Fall soll nun vor einem vorinstanzlichen Gericht neu verhandelt werden. Die drei Männer sind gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor, Supreme Court House 1 "26 July" Road, Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MEZ+1)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President, Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Multilateral Affairs and International Security Affairs Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Februar 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie eindringlich bitten, Mohamed Fahmy, Peter Greste und Baher Mohamed umgehend und bedingungslos freizulassen und dafür zu sorgen, dass ihre Verurteilungen aufgehoben werden.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Mohamed Fahmy in der Zwischenzeit Zugang zu der von ihm benötigten medizinischen Behandlung erhält und dass seine krankheitsbedingte Entlassung genehmigt wird.

  • Bitte sorgen Sie auch dafür, dass die Verurteilungen von Sohaib Saad Mohamed Mohamed, Khaled Mohamed Abdulraouf Mohamed, Shadi Abdul Hameed Abdul Azeem Ibrahim und Khalid Abdulrahman Mahmoud Ahmed Abdulwahab, die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit angeklagt wurden, aufgehoben werden.

Sachlage

Das Kassationsgericht entschied am 1. Januar, dass der Fall von Mohamed Fahmy, Peter Greste und Baher Mohamed neu verhandelt werden müsse. Das Gericht, das die Männer im Juni 2014 des Sendens "falscher Nachrichten" und Unterstützens der Muslimbruderschaft für schuldig befunden hatte, habe sich nicht an die rechtlichen Vorgaben gehalten. Amnesty International betrachtet die Anklagen gegen die drei Al-Jazeera-Journalisten als konstruiert. Die Neuverhandlung wird vor dem Strafgericht in Kairo stattfinden, ein Datum für die erste Anhörung steht jedoch noch nicht fest. Das Gericht könnte die Freilassung der Männer gegen Kaution anordnen.

Mohamed Fahmy besitzt sowohl die ägyptische als auch die kanadische Staatsbürgerschaft, Peter Greste ist australischer Staatsangehöriger. Beide haben die ägyptischen Behörden um ihre Ausweisung gebeten. Gemäß einem im November 2014 von Präsident Abdel Fattah al-Sisi verabschiedeten Gesetz können die Behörden ausländische Staatsangehörige unter bestimmten Umständen in ihre Herkunftsländer ausweisen, damit diese dort vor Gericht gestellt werden bzw. ihre Haftstrafe verbüßen. Baher Mohamed, der Ägypter ist, kann keinen solchen Antrag stellen. Die Rechtsbeistände von Mohamed Fahmy haben zudem seine krankheitsbedingte Freilassung bis zum Abschluss des Falls gefordert, da sich sein gesundheitlicher Zustand offenbar verschlechtert hat und seine Hepatitis-C-Erkrankung im Gefängnis nicht angemessen behandelt werden kann.

Vier weitere Männer, die im selben Fall zu Haftstrafen verurteilt wurden, sollen ebenfalls ein Wiederaufnahmeverfahren erhalten: Sohaib Saad Mohamed Mohamed, Khaled Mohamed Abdulraouf Mohamed, Shadi Abdul Hameed Abdul Azeem Ibrahim und Khalid Abdulrahman Mahmoud Ahmed Abdulwahab. Die Staatsanwaltschaft legte in dem Gerichtsverfahren 2014 keine Beweise dafür vor, dass die Männer terrorismusbezogene Straftaten begangen hätten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Mitarbeiter von Al Jazeera English –Mohamed Fahmy, Peter Greste und Baher Mohamed – verbüßen Haftstrafen von sieben bis zehn Jahren. Ihnen wird vorgeworfen, falsche Nachrichten gesendet und die Muslimbruderschaft unterstützt zu haben. Die Männer sind gewaltlose politische Gefangene, die nur deshalb in Haft sind, weil sie friedlich von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben.

Mohamed Fahmy und Peter Greste wurden am 29. Dezember 2013 im Marriott-Hotel in Kairo festgenommen. Baher Mohamed wurde in derselben Nacht in seinem Zuhause festgenommen. Die Staatsanwaltschaft klagte die Männer am 29. Januar 2014 einer Reihe von Straftaten an, unter anderem "falsche Nachrichten gesendet zu haben", "verbotene Arbeitsgerätschaften besessen zu haben" und "die Muslimbruderschaft unterstützt oder ihr angehört zu haben". Die Muslimbruderschaft soll laut der Staatsanwaltschaft für terroristische Aktivitäten in Ägypten verantwortlich sein.

Während zwölf gerichtlicher Anhörungen gelang es der Staatsanwaltschaft nicht, Beweise dafür zu erbringen, dass die drei Al-Jazeera-Mitarbeiter die verbotene Bewegung der Muslimbruderschaft unterstützt, "falsche Nachrichten" gesendet oder verbotene Arbeitsgerätschaften besessen hätten. Die Staatsanwaltschaft behinderte die Angeklagten in ihrem Recht, die gegen sie vorgelegten Beweismittel einzusehen und anzufechten, indem sie ihre Rechtsbeistände nicht zu einer vom Gericht angeordneten Prüfung der audiovisuellen Beweismittel lud. Mohamed Fahmys Rechtsbeistand gab zudem an, dass die Staatsanwaltschaft ihm für die Einsicht von Videomaterial, das gegen seinen Mandanten verwendet werden sollte, 1,2 Millionen Ägyptische Pfund (etwa 123.000 Euro) in Rechnung stellen wollte. Darüber hinaus widersprachen wichtige Belastungszeug_innen häufig ihren eigenen schriftlichen Aussagen. So gaben technische Sachverständige im Kreuzverhör zu, dass sie sich nicht daran erinnern konnten, welches Filmmaterial die Al-Jazeera-Journalisten verfälscht haben sollten, dass sie nicht wussten, ob die Arbeitsgerätschaften des Senders genehmigt waren, und dass sie nicht einschätzen konnten, ob die Journalisten eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten. Des Weiteren gab es Vorwürfe von Folter und anderweitiger Misshandlung seitens drei angeklagter Studierenden, die vor Gericht aussagten, sie seien nach ihrer Festnahme von Sicherheitskräften geschlagen worden.

Das Gericht sprach sein Urteil am 23. Juni 2014. Es befand die drei Mitarbeiter von Al Jazeera in allen Anklagepunkten für schuldig und verurteilte sie zu sieben Jahren Haft. Der Richter verurteilte Baher Mohamed zu drei weiteren Jahren Haft wegen Besitzes einer Patronenhülse, die er laut eigenen Angaben als Andenken mitgenommen hatte. In der 57-seitigen Urteilsbegründung, die Amnesty International eingesehen hat, steht, den Al-Jazeera-Mitarbeitern hätte der Teufel geholfen.

Das Gericht sprach bis auf zwei Personen alle weiteren Mitangeklagten schuldig und verurteilte sie zu zwischen sieben und zehn Jahren Haft. Die meisten wurden in Abwesenheit verurteilt, doch vier weitere Männer, die mit den Al-Jazeera-Mitarbeitern nicht in Verbindung stehen, wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Präsident Abdel Fattah al-Sisi verabschiedete am 13. November 2014 neue Gesetze, die es den Behörden erlauben, ausländische Staatsangehörige in ihre Herkunftsländer auszuweisen, damit diese dort vor Gericht gestellt werden bzw. ihre Haftstrafe verbüßen, wenn dies "für den [ägyptischen] Staat von höchstem Interesse" ist. Dem Nachrichtensender France 24 sagte der ägyptische Präsident, er werde eine Begnadigung der drei Männer in Erwägung ziehen, sollte dies von "nationalem Interesse" sein.

Die Rechtsbeistände von Mohamed Fahmy und der ägyptische Journalistenverband forderten dessen Freilassung unter Artikel 486 der Strafprozessordnung, der eine Aussetzung der Strafe ermöglicht, wenn die verurteilte Person unter einer lebensbedrohenden Krankheit leidet oder sich die Krankheit während des Strafvollzugs verschlimmern könnte.