Haftanordnung verlängert

Ägypten - Streetart

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Die Haftanordnungen der beiden Menschenrechtsverteidiger Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet sind am 5. Juni verlängert worden. Beide sind gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen ihrer Arbeit für die Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" inhaftiert sind.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat Al-Rihab
New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

PRÄSIDENT
Abdel Fattah al-Sisi
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2391 1441
E-Mail: p.spokesman@op.gov.eg
Twitter: @AlsisiOfficial

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Laila Bahaa El Din
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 22. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE UND TWITTER-NACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet sofort und bedingungslos freizulassen, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit festgenommen wurden. Bitte sorgen Sie dafür, dass alle gegen sie erhobenen Anklagen fallengelassen werden.

  • Bitte sorgen Sie zudem dafür, dass Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt sind und eine umfassende, unparteiische, transparente und unabhängige Untersuchung zu ihren Misshandlungsvorwürfen durchgeführt wird.

  • Ich möchte außerdem an Sie appellieren, sicherzustellen, dass die Behörden nicht länger gegen Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet wegen ihrer Menschenrechtsarbeit vorgehen.

Sachlage

Die gewaltlosen politischen Gefangenen Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet müssen weitere 45 bzw. 15 Tage in Haft bleiben. Entsprechende Anordnungen wurden am 5. Juni von den zuständigen Gerichten in El-Marg bzw. Ain Shams in Kairo verfügt. Ihre Rechtsbeistände haben nach vorliegenden Informationen nach wie vor keinen Zugang zu den Gerichtsakten und sind somit nicht in der Lage, die Verteidigung angemessen vorzubereiten.

Gegen Ahmed Abdullah und Mina Thabet sind mehrere konstruierte Anklagen unter dem drakonischen Antiterrorgesetz, den Demonstrationsgesetzen und dem Strafgesetzbuch erhoben worden. Bei einer Verurteilung könnten ihnen lebenslange Haftstrafen drohen.

Dr. Ahmed Abdullah ist der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" (ECFR). Er wurde in den frühen Morgenstunden des 25. April in seinem Haus festgenommen. An diesem Morgen waren Proteste in Kairo angekündigt worden. Mina Thabet ist der Leiter der Abteilung für Minderheiten und Religionsgruppen bei der ECFR. Er wurde einige Wochen später, am 19. Mai, während einer Durchsuchung seines Hauses in Kairo festgenommen. Mina Thabet und einige seiner Angehörigen wurden von Beamt_innen des ägyptischen Geheimdiensts misshandelt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Festnahmen von Mina Thabet und Dr. Ahmed Abdullah sind Teil eines weitflächigen Vorgehens der ägyptischen Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger_innen. Immer häufiger werden Menschenrechtler_innen verhört, festgenommen, mit Reiseverboten belegt oder damit bedroht, dass man ihre Finanzmittel einfrieren wird. Mina Thabet und Dr. Ahmed Abdullah sind Mitarbeiter der "Ägyptischen Kommission für Rechte und Freiheiten", einer Nichtregierungsorganisation, die insbesondere über Fälle des Verschwindenlassens in Ägypten berichtet und diese dokumentiert.

Dr. Ahmed Abdullah wurde von schwerbewaffneten und maskierten Sicherheitskräften festgenommen. Einer seiner Rechtsbeistände sagte Amnesty International, dass er während seiner Festnahme von einem der Sicherheitskräfte mehrfach mit dem Griff einer Waffe geschlagen worden sei. Sie durchsuchten seine Wohnung, konfiszierten sein Mobiltelefon und seinen Laptop und brachten ihn zur Polizeiwache Nr. 1 in Neu-Kairo. Die Festnahme von Dr. Ahmed Abdullah war Teil eines weitverbreiteten harten Durchgreifens vor geplanten Demonstrationen am 25. April 2016. Für diesen Tag waren Proteste in Kairo angekündigt worden. Viele Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Entscheidung der ägyptischen Regierung zu protestieren, zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien zu übertragen (weitere Informationen finden Sie in UA-098/2016, online unter http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-098-2016/hunderte-inhaftiert).

Die Haftanordnung gegen Dr. Ahmed Abdullah ist bereits viermal erneuert worden: am 27. April, am 7. Mai, am 21. Mai und am 5. Juni. Er wird in der Polizeiwache Nr. 1 in Neu-Kairo festgehalten. Als Vorstandsvorsitzender der Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" leitet Ahmed Abdullah die Arbeit der Organisation zu Fällen des Verschwindenlassens in Ägypten. Er hat in seiner Funktion bei der ECFR die Familie des 28-jährigen Doktoranden Giulio Regeni rechtlich beraten. Giulio Regeni war am 25. Januar 2016 in Kairo "verschwunden". Seine Leiche wurde am 3. Februar am Stadtrand von Kairo gefunden. Die Familie von Giulio Regeni hat am 26. April eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Festnahme von Ahmed Abdullah verurteilte und bekräftigte, dass die ECFR das Zielt hat, die Wahrheit über die Entführung, Folter und den Tod von Giulio Regeni herauszufinden.

Mina Thabet wurde einige Wochen nach Dr. Ahmed Abdullah, am 19. Mai, festgenommen. Angehörige des Geheimdiensts nahmen ihn mit, nachdem sie sein Haus durchsucht hatten. Er hat seinem Rechtsbeistand gegenüber angegeben, dass man ihn und seine Angehörigen während seiner Festnahme misshandelt habe. Die ägyptischen Behörden weigerten sich zunächst, bekanntzugeben, wo sie Mina Thabet festhielten. Am 21. Mai und am 5. Juni wurde seine Haftanordnung um je 15 Tage verlängert. Ein Berufungsgericht für Ordnungswidrigkeiten in Elwaily lehnte am 8. Juni ein von Mina Thabet eingereichtes Rechtsmittel ab. Seit 2011 setzt sich der Menschenrechtsverteidiger für die Rechte von Minderheiten und insbesondere für koptische Christ_innen ein. Er wird derzeit in der Polizeistation Nr. 1 in Elsalam in Kairo festgehalten. Mina Thabet und Dr. Ahmed Abdullah stehen gemeinsam mit 45 weiteren Angeklagten vor Gericht. Laut ihren Rechtsbeiständen sind sie mit mehreren Anklagen konfrontiert, darunter: Anstiftung zur Gewalt zum Sturz der staatlichen Ordnung, Anstiftung zu "terroristischen" Angriffen auf Polizeiwachen, Einsatz von Gewalt und Einschüchterungen, um den Präsidenten bei der Ausübung seiner Pflichten und Befugnisse zu behindern, Mitgliedschaft in einer "terroristischen Gruppierung", Förderung des "Terrorismus" durch Online-Publikationen, Anstiftung von Menschen, sich auf eine Weise zu versammeln, die die öffentliche Sicherheit gefährdet und dem "Terrorismus" Vorschub leistet, Verbreitung von Nachrichten, Informationen und "falschen Gerüchten" sowie Besitz von Flugblättern, in denen der Sturz der Regierung und die Änderung der Verfassung gefordert werden. Zu den Beweisen gegen Mina Thabet gehören ein Tagebuch, auf dem ein Bild von Maria, der Mutter Jesu, zu sehen ist, Dokumente zu internationalen Menschenrechtsabkommen einschließlich solcher, in denen es um die Rechte von Minderheiten geht, sowie Dokumente zu einer offiziell registrierten politischen Partei namens "Brot und Freiheit".