Haftanordnung abermals erneuert

Ägypten - Streetart

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Die ägyptischen Behörden haben das Rechtsmittel des Menschenrechtsverteidigers Dr. Ahmed Abdullah gegen die Verlängerung seiner Haftanordnung um weitere 45 Tage abgelehnt. Der Menschenrechtler Mina Thabet, der gemeinsam mit Dr. Ahmed Abdullah angeklagt worden war, wurde gegen Kaution freigelassen, muss sich jedoch weiterhin vor Gericht verantworten. Die Vorwürfe gegen die beiden Männer sind konstruiert und resultieren aus ihrem Einsatz für die Menschenrechte.

Appell an

STAATSANWALT
Nabil Sadek
Office of the Public Prosecutor
Madinat Al-Rihab, New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

INNENMINISTER
Magdy Abdel Ghaffar

Ministry of Interior
Fifth Settelment, New Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2794 5529
E-Mail: center@moi.gov.eg oder E.HumanRightsSector@moi.gov.eg
Twitter: @moiegy

Sende eine Kopie an

STELLVERTRETENDE BEAUFTRAGTE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Laila Bahaa El Din
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2574 9713
E-Mail: Contact.US@mfa.gov.eg
Twitter: @MfaEgypt

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE UND TWITTER-NACHRICHTEN MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Dr. Ahmed Abdullah sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert ist.

  • Bitte sorgen Sie zudem dafür, dass Dr. Ahmed Abdullah bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt ist und eine umfassende, unparteiische, transparente und unabhängige Untersuchung zu seinen Misshandlungsvorwürfen durchgeführt wird.

  • Ich möchte außerdem an Sie appellieren, sicherzustellen, dass die Behörden nicht länger gegen Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet wegen ihrer Menschenrechtsarbeit vorgehen. Bitte sorgen Sie dafür, dass alle gegen sie erhobenen Anklagen fallengelassen und die Ermittlungen gegen sie eingestellt werden.

Sachlage

Am 27. Juli hat ein Strafgericht in Kairo ein von Dr. Ahmed Abdullah eingelegtes Rechtsmittel gegen die erneute Verlängerung seiner Untersuchungshaft um 45 Tage abgelehnt. Die nächste gerichtliche Überprüfung seiner Haftanordnung wird am 31. August stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt wird Dr. Ahmed Abdullah bereits über fünf Monate in Untersuchungshaft verbracht haben.

In der Zeit vom 21. Juni bis zum 20. Juli befand sich Dr. Ahmed Abdullah im Hungerstreik, um gegen seine andauernde Haft zu protestieren und auf eine Entscheidung des ägyptischen Staatsrats, einem Verwaltungsgericht, aufmerksam zu machen. Dieses hatte die Entscheidung des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien zu übertragen, aufgehoben. Dr. Ahmed Abdullah wurde im Zusammenhang mit geplanten Protesten gegen die Entscheidung des Präsidenten festgenommen. Er sagte seinen Rechtsbeiständen, dass er während seiner Festnahme von Sicherheitskräften misshandelt wurde. Ein Angehöriger der Sicherheitskräfte soll ihn mehrmals mit dem Griff seiner Waffe auf den Kopf geschlagen haben.

Mina Thabet, ein weiterer Menschenrechtsverteidiger, der für die ägyptische Menschenrechtsorganisation "Ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten" (ECFR) arbeitet, wurde am 18. Juni gegen eine Kaution von 10.000 Ägyptischen Pfund (etwa 1.000 Euro) freigelassen. Sein nächster Gerichtstermin wurde noch nicht festgesetzt. Gegen Ahmed Abdullah und Mina Thabet sind mehrere konstruierte Anklagen unter dem drakonischen Antiterrorgesetz, den Demonstrationsgesetzen und dem Strafgesetzbuch erhoben worden. Bei einer Verurteilung könnten ihnen lebenslange Haftstrafen drohen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Festnahmen von Mina Thabet und Dr. Ahmed Abdullah sind Teil eines weitflächigen Vorgehens der ägyptischen Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger_innen. Immer häufiger werden Menschenrechtler_innen verhört, festgenommen, mit Reiseverboten belegt oder damit bedroht, dass man ihre Finanzmittel einfrieren wird. Mina Thabet und Dr. Ahmed Abdullah sind Mitarbeiter der "Ägyptischen Kommission für Rechte und Freiheiten", einer Nichtregierungsorganisation, die insbesondere über Fälle des Verschwindenlassens in Ägypten berichtet und diese dokumentiert.

Dr. Ahmed Abdullah ist der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation ECFR und wurde am 25. April im Zusammenhang mit geplanten Protesten in Kairo in seinem Haus festgenommen und von Sicherheitskräften misshandelt. Er hat die Familie des 28-jährigen Doktoranden Giulio Regeni rechtlich beraten. Giulio Regeni war am 25. Januar 2016 in Kairo "verschwunden". Seine Leiche wurde am 3. Februar am Stadtrand von Kairo gefunden. Mina Thabet ist der Leiter der Abteilung für Minderheiten und Religionsgruppen bei der ECFR. Er wurde einige Wochen später, am 19. Mai, während einer Durchsuchung seines Hauses in Kairo festgenommen. Mina Thabet und einige seiner Angehörigen wurden von Beamt_innen des ägyptischen Geheimdiensts misshandelt.

Am 18. Juni wurde Mina Thabet gegen eine Kaution von 10.000 Ägyptischen Pfund (etwa 1.000 Euro) freigelassen, nachdem ein für geringfügige Vergehen zuständiges Gericht in Kairo am 16. Juni seine Haftentlassung angeordnet hatte. Die Staatsanwaltschaft legte ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein, das jedoch am 20. Juni von einem Gericht in Kairo abgelehnt wurde.

Die Haftanordnung gegen Dr. Ahmed Abdullah ist seit seiner Festnahme bereits mehrmals erneuert worden. Am 18. Juli musste er vor Gericht erscheinen, seine Anhörung wurde dann jedoch um zwei Tage verschoben. Am 20. Juli wurde Dr. Ahmed Abdullahs Haftanordnung um weitere 45 Tage verlängert. Er legte Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ein, welches ein Strafgericht in Kairo jedoch am 27. Juli zurückwies.

Laut ihren Rechtsbeiständen sind Dr. Ahmed Abdullah und Mina Thabet mit mehreren Anklagen konfrontiert, darunter: Anstiftung zur Gewalt zum Sturz der staatlichen Ordnung, Anstiftung zu "terroristischen" Angriffen auf Polizeiwachen, Einsatz von Gewalt und Einschüchterungen, um den Präsidenten bei der Ausübung seiner Pflichten und Befugnisse zu behindern, Mitgliedschaft in einer "terroristischen Gruppierung", Förderung des "Terrorismus" durch Online-Publikationen, Anstiftung von Menschen, sich auf eine Weise zu versammeln, die die öffentliche Sicherheit gefährdet und dem "Terrorismus" Vorschub leistet, Verbreitung von Nachrichten, Informationen und "falschen Gerüchten" sowie Besitz von Flugblättern, in denen der Sturz der Regierung und die Änderung der Verfassung gefordert werden. Zu den Beweisen gegen Mina Thabet gehören ein Tagebuch, auf dem ein Bild von Maria, der Mutter Jesu, zu sehen ist, Dokumente zu internationalen Menschenrechtsabkommen einschließlich solcher, in denen es um die Rechte von Minderheiten geht, sowie Dokumente zu einer offiziell registrierten politischen Partei namens "Brot und Freiheit".