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China 2010
- Hintergrund
- Recht auf freie Meinungsäußerung
- Menschenrechtsverteidiger
- Justizwesen
- Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren
- Folter und andere Misshandlungen sowie Todesfälle in Haft
- Todesstrafe
- Religionsfreiheit
- Autonome Uigurische Region Xinjiang
- Autonome Region Tibet
- Sonderverwaltungsregion Hongkong
- Sonderverwaltungsregion Macao
Amtliche Bezeichnung: Volksrepublik China Staatsoberhaupt: Hu Jintao Regierungschef: Wen Jiabao Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 1,3 Mrd. Lebenserwartung: 72,9 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 25/35 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 93,3%
Die Behörden haben 2009 ihre Beschneidung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit weiter intensiviert, was zum Teil auf die Brisanz einer Reihe bedeutender Jubiläen zurückzuführen war, darunter der 60. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober. Menschenrechtsverteidiger wurden inhaftiert, strafrechtlich verfolgt, unter Hausarrest gestellt oder fielen dem "Verschwindenlassen" zum Opfer. Die allumfassenden Kontrollen des Internets und der Medien hatten weiterhin Bestand. Kampagnen der Behörden mit der Bezeichnung "Harter Schlag" gingen insbesondere im Anschluss an einen Gewaltausbruch und Unruhen im Juli mit Massenverhaftungen in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang einher. Eine Untersuchung der Menschenrechtslage in tibetischen Siedlungsgebieten durch unabhängige Beobachter wurde unterbunden. Die Behörden unterwarfen den Handlungsspielraum der Religionsausübung nach wie vor einer rigiden Kontrolle, was bedeutete, dass katholische und protestantische Gemeindemitglieder, die ihren Glauben außerhalb des staatlich sanktionierten Rahmens praktizierten, drangsaliert, inhaftiert und in manchen Fällen auch zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Das drakonische und systematische Vorgehen gegen die spirituelle Bewegung Falun Gong wurde auch im zehnten Jahr seit ihrem Beginn fortgesetzt.
Hintergrund
China nahm nach allgemeiner Auffassung eine immer gewichtigere Rolle auf der politischen Weltbühne ein, so bei Themen wie Myanmar, Nordkorea, Iran, dem Klimawandel und den Maßnahmen gegen die globale Wirtschaftskrise. Gleichzeitig sah sich die Regierung jedoch innenpolitisch mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert, die von der sinkenden Wachstumsrate über steigende Arbeitslosigkeit bis hin zu zunehmenden sozialen Spannungen reichten, die mit der allseits grassierenden Korruption, dem fehlenden Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, Sozialversicherung und Wohnraum sowie der Unterdrückung zivilgesellschaftlicher Gruppen zusammenhingen. Während die chinesische Wirtschaft weiter wuchs, vergrößerte sich im Land die Kluft zwischen Arm und Reich.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Da das Internet immer mehr dazu genutzt wurde, Nachrichten zu verbreiten und Debatten zu führen, waren die Behörden bestrebt, seine Nutzung zu kontrollieren, indem die Nachrichtenberichterstattung im Internet eingeschränkt sowie Veröffentlichungen und Internetseiten gesperrt wurden. Darunter waren solche, die nach offizieller Sprachregelung "das politische System des Landes verunglimpft", "die Geschichte der Partei verzerrt dargestellt", "Propaganda für Falun Gong und andere bösartige Sekten betrieben" oder zu "Spaltungen zwischen den Volksgruppen angestiftet" haben. Für die Sperrung von Inhalten und die Aufzeichnung der Aktivitäten von Personen im Internet setzte die Regierung neue Filterprogramme wie z. B. Blue Shield ein.
Nach der Veröffentlichung der Charta 08 im Dezember 2008, einem Manifest mit Forderungen nach politischen Reformen und einem besseren Menschenrechtsschutz, wurden deren Unterzeichner verhört und über viele Monate hinweg observiert.
- Der prominente Intellektuelle Liu Xiaobo, ein Unterzeichner der Charta 08, den man erstmals im Dezember 2008 in Gewahrsam genommen hatte, wurde am 25. Dezember 2009 wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Anwälte hatten in dem weniger als drei Stunden währenden Prozess nur 20 Minuten Zeit, Beweise zur Verteidigung ihres Mandanten vorzutragen.
Menschenrechtsverteidiger
Menschenrechtsverteidiger, darunter Rechtsanwälte, Journalisten, Umweltschutzaktivisten und Verfechter demokratischer Reformen, wurden inhaftiert, schikaniert, unter Hausarrest gestellt, ohne Kontakt zur Außenwelt in Gewahrsam gehalten oder zu Freiheitsstrafen verurteilt. Viele von ihnen wurden in der Haft gefoltert oder misshandelt. Die Behörden nahmen erneut Familienangehörige von Menschenrechtsverteidigern, darunter auch Kinder, ins Visier, stellten sie für lange Zeiträume unter Hausarrest oder beschnitten ihre Bewegungsfreiheit und drangsalierten sie auf andere Art und Weise.
Anwälte, die in politisch brisanten Fällen Menschenrechtsverteidiger, Falun-Gong-Anhänger und Bauern vertraten, die Beschwerden gegen örtliche Beamte wegen Landrechten oder Korruption führten, sowie jene Juristen, die sich für eine Reform der Anwaltsvereinigungen aussprachen, wurden von der Polizei und den Sicherheitskräften festgenommen, drangsaliert und misshandelt. Rechtsanwälte waren zudem dem besonderen Risiko ausgesetzt, ihre Lizenz zu verlieren.
- Am 4. Februar 2009 verschleppten zehn Beamte des Amts für öffentliche Sicherheit in Begleitung unbekannter Männer den prominenten Menschenrechtsanwalt Gao Zhisheng aus seiner Wohnung in der Provinz Shanxi. Bei Jahresende war sein Aufenthaltsort immer noch unbekannt. Gao Zhishens Ehefrau, Geng He, und ihre Kinder reisten im März in die USA ein, um den anhaltenden Drangsalierungen seitens der chinesischen Behörden zu entgehen. Diese hatten es der Tochter des Ehepaars unmöglich gemacht, eine Schule zu besuchen.
Die Behörden griffen nach wie vor auf vage formulierte Gesetze in Bezug auf "Staatsgeheimnisse" und die "Untergrabung der Staatsgewalt" zurück, um Menschenrechtsverteidiger festzunehmen, anzuklagen und zu inhaftieren.
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Gegen den Menschenrechtsverteidiger Tan Zuoren wurde im August 2009 Anklage wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" erhoben. Er war der Initiator einer unabhängigen Untersuchung über den Einsturz von Schulgebäuden bei dem Erdbeben vom Mai 2008 in der Provinz Sichuan und hatte vor seiner Inhaftierung beabsichtigt, einen entsprechenden Bericht zu veröffentlichen. Das Gerichtsurteil stand bei Jahresende noch aus.
- Am 23. November 2009 wurde der Menschenrechtsverteidiger Huang Qi wegen des "illegalen Besitzes von Staatsgeheimnissen" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte auf seiner Internetseite die Forderungen von Eltern veröffentlicht, deren Kinder beim Erdbeben von Sichuan ums Leben gekommen waren.
Justizwesen
Unfaire Gerichtsverfahren waren weiterhin gängige Praxis und Gerichtsentscheidungen nach wie vor oftmals nicht frei von politischer Einflussnahme. Angeklagte konnten in vielen Fällen nicht den Anwalt ihrer Wahl benennen und erhielten keinen Kontakt zu ihrem Rechtsbeistand und ihren Familienangehörigen. Die Familien wiederum wurden nicht in angemessener Weise über die Gerichtsverfahren unterrichtet, und man verwehrte ihnen häufig den Zutritt zum Gerichtssaal. Durch Folter erzwungene Geständnisse wurden nach wie vor als Beweismittel vor Gericht zugelassen.
Millionen von Bürgern versuchten mit ihren Anliegen mittels des Beschwerdesystems der "Eingaben und Besuche" direkt bei den Regierungsbehörden vorstellig zu werden. Obwohl dies eine gesetzlich zugelassene Vorgehensweise ist, wurden die Beschwerdeführer oftmals von der Polizei schikaniert, gegen ihren Willen in ihre Heimatprovinzen zurückgebracht oder in rechtswidrige "schwarze Haftanstalten" oder psychiatrische Kliniken eingewiesen, wo sie der Gefahr ausgesetzt waren, misshandelt zu werden.
Behördenvertreter setzten die Einschüchterung von Eltern fort, deren Kinder während des Erdbebens in Sichuan vom Mai 2008 beim Einsturz von Schulgebäuden zu Tode gekommen waren, und hinderten sie daran, sich den Medien gegenüber zu äußern oder unabhängige Untersuchungen anzustellen.
Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren
Häufig erließen die Behörden auf dem Verwaltungsweg Haftstrafen, darunter die sogenannte Umerziehung durch Arbeit, um Personen ohne Gerichtsverfahren zu inhaftieren. Nach Regierungsangaben befanden sich 190000 Menschen in Anstalten der Umerziehung durch Arbeit – im Vergleich zu einer halben Million vor einigen Jahren –, wenngleich davon auszugehen war, dass die tatsächlichen Zahlen um vieles höher lagen. Ehemalige Gefangene der Umerziehung durch Arbeit berichteten, dass Falun-Gong-Anhänger eine der größten Gruppen der Inhaftierten ausmachten und auch andere, die ihre Religion außerhalb des staatlich sanktionierten Rahmens ausübten, sowie politisch aktive Bürger und Beschwerdeführer zu häufigen Opfern dieser Form der Haft gehörten. Die Behörden griffen auf eine Vielzahl unterschiedlicher Formen der illegalen Inhaftierung wie "schwarze Haftanstalten", "Rechtserziehungskurse", "Studienklassen" und psychiatrische Einrichtungen zurück, um Tausende von Menschen einzusperren.
Folter und andere Misshandlungen sowie Todesfälle in Haft
Folter war in den Hafteinrichtungen nach wie vor weit verbreitet und in manchen Fällen für den Tod von Häftlingen verantwortlich. Zu den Foltermethoden gehörten Schläge, häufig mit einem Elektroschlagstock, das Aufhängen an Gliedmaßen, Zwangsernährung, das Injizieren unbekannter Substanzen und Schlafentzug.
Der Tod eines 24-Jährigen im März 2009 in einem Untersuchungsgefängnis in der südwestlichen Provinz Yunnan löste eine rege Diskussion im Internet über die Polizei und deren Handlanger aus den Reihen der Häftlinge aus, die in Haftanstalten Insassen foltern oder anderweitig misshandeln. Die Online-Debatte förderte andere Todesfälle in der Haft zutage und führte zu einer Untersuchung durch die Oberste Volksstaatsanwaltschaft. Die Behörde legte im Juli ihren Bericht über die Untersuchung von zwölf der 15 Todesfälle in der Haft vor, die sich in den ersten vier Monaten des Jahres ereignet hatten. Dabei stellte sich heraus, dass sieben der Opfer zu Tode geprügelt worden waren. Drei weitere Personen sollen Selbstmord begangen haben, und in zwei anderen Fällen stellten die Behörden ebenfalls keine Fremdeinwirkung fest.
Todesstrafe
China wandte 2009 ungebrochen die Todesstrafe in großem Maßstab an, u. a. auch bei Straftaten ohne Gewaltanwendung. Weiterhin ergingen Todesurteile in unfairen Gerichtsverfahren. Statistiken über Todesurteile und Exekutionen wurden weiterhin als Staatsgeheimnisse betrachtet. Obwohl Tausende von Menschen in dem Land hingerichtet wurden, machte die Regierung keine Angaben über die tatsächliche Anzahl.
Religionsfreiheit
Personen, die ihre Religion außerhalb des staatlich sanktionierten Rahmens ausübten, mussten weiterhin mit Drangsalierungen, willkürlichen Festnahmen, Gefängnisstrafen und anderen drakonischen Beschneidungen ihrer Religionsfreiheit rechnen. Nach wie vor wurden katholische Priester und Bischöfe, die sich weigerten, der staatlich anerkannten Chinesischen Patriotischen Katholischen Vereinigung beizutreten, inhaftiert und über lange Zeiträume hinweg ohne Kontakt zur Außenwelt in Gewahrsam gehalten, oder sie fielen dem "Verschwindenlassen" zum Opfer.
- Der Aufenthaltsort des 75-jährigen Monsignore James Su Zhimin, eines Bischofs aus der Stadt Baoding in der Provinz Hebei, ist seit seiner Inhaftierung durch die Polizei im Jahr 1996 unbekannt.
2009 wurden Mitglieder christlicher Hauskirchen, die außerhalb staatlich anerkannter Einrichtungen ihren Glauben praktizieren, von der Polizei geschlagen. Auch riss man ihre Gotteshäuser ab und brachte sie in Lager für Umerziehung durch Arbeit. Das Vorgehen der Regierung gegen die spirituelle Bewegung Falun Gong nahm an Intensität zu. Es kam zu Massenfestnahmen und unfairen Prozessen, in denen lange Freiheitsstrafen gefällt wurden, sowie zu Fällen von "Verschwindenlassen" und Todesfällen in der Haft aufgrund von Folter und Misshandlungen.
- Die Falun-Gong-Anhängerin Chen Zhenping war im August 2008 in einem Geheimprozess zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ihr wurde zur Last gelegt, "mittels einer ketzerischen Organisation das Gesetz untergraben" zu haben. Weder vor, während noch nach dem Gerichtsverfahren erhielt sie Zugang zu ihrem Rechtsbeistand. Im September teilten Gefängniswärter ihrer Familie mit, sie sei an einen anderen Ort verlegt worden, ohne diesen zu nennen. Chen Zhenpings Anwälten gelang es ebenfalls nicht, Näheres über ihren Verbleib in Erfahrung zu bringen.
Autonome Uigurische Region Xinjiang
Die Behörden verschärften die bereits rigiden Beschneidungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang (Sinkiang) im Nordwesten des Landes, nachdem es dort am 5. Juli 2009 zu einem Gewaltausbruch bislang ungekannten Ausmaßes gekommen war. Nach Angaben der Regierung starben bei den Ausschreitungen in Xinjiang 197 Menschen, vornehmlich Han-Chinesen, die von Uiguren getötet wurden, und über 1600 weitere Personen erlitten Verletzungen. Uiguren hatten im Internet zu Protesten gegen die Untätigkeit der Regierung in einem Fall aufgerufen, bei dem im Juni uigurische Wanderarbeiter in einer Spielzeugfabrik in der Provinz Kanton von han-chinesischen Arbeitern verprügelt und einige von ihnen getötet worden waren.
Berichte von Augenzeugen der Ereignisse vom 5. Juli deuten darauf hin, dass die Polizei und die Sicherheitskräfte gegen friedlich demonstrierende Uiguren vorgegangen sind, um sie an einem Protestmarsch durch die Stadt zu hindern. Die Polizei schlug diesen Angaben zufolge mit Schlagstöcken auf die Protestteilnehmer ein und setzte Tränengas ein, um die Menge auseinanderzutreiben. Auch soll sie mit scharfer Munition direkt in die Menge friedlicher Demonstranten geschossen haben, was sehr wahrscheinlich den Tod vieler weiterer Menschen zur Folge hatte.
Nach den Unruhen nahmen die Behörden in Razzien, bei denen sie von Tür zu Tür gingen, Hunderte wegen des Verdachts der Teilnahme an den Protesten fest, darunter auch Jungen und ältere Männer. Familienangehörige und Freunde mehrerer inhaftierter Personen bestritten, dass diese in irgendeiner Weise an den Gewalttaten oder Protesten beteiligt gewesen seien. Von vielen der Festgenommenen fehlte Ende des Berichtszeitraums nach wie vor jede Spur.
Im August 2009 gaben die Behörden bekannt, dass 718 Personen im Zusammenhang mit den Unruhen in Gewahrsam genommen worden seien und sich 83 von ihnen wegen Mordes, Brandstiftung, Raubes und anderer Straftaten verantworten müssten. Am 9. November meldeten die Behörden die Hinrichtung von neun Personen, die in unfairen Prozessen zum Tode verurteilt worden waren. Nach ihren Namen zu urteilen, handelte es sich bei ihnen um acht Uiguren und einen Han-Chinesen. Weitere 13 Personen wurden im Dezember zum Tode verurteilt, und nach Angaben der Behörden wurden weitere 94 Personen wegen des Verdachts der Beteiligung an den Unruhen vom Juli festgenommen.
Im November erging die amtliche Ankündigung, dass in der Region bis zum Jahresende eine Kampagne mit der Bezeichnung "Harter Schlag und Bestrafung" durchgeführt würde, um "die Kriminellen mit Stumpf und Stiel auszurotten".
Die Behörden bezichtigten im Ausland lebende uigurische "Separatisten", insbesondere Rebiya Kadeer, die Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren, Urheber der Unruhen zu sein, unterließen es aber, dabei die Rolle von politischen Maßnahmen der Regierung, die zu Unzufriedenheit unter den Uiguren geführt haben, als Faktor in Betracht zu ziehen. Zu diesen Maßnahmen gehörten die Beschneidung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, die Beschränkung religiöser und kultureller Praktiken sowie eine Wirtschaftspolitik, die die Volksgruppe der Uiguren benachteiligt und eine Einwanderung von Han-Chinesen in die Region fördert. Durch neue Bestimmungen wurde die bereits sehr strenge Kontrolle des Internets in der Region weiter verschärft, wobei man seine Nutzung durch den vage formulierten Tatbestand des "ethnischen Separatismus" kriminalisierte. Unmittelbar nach dem 5. Juli 2009 wurden der Internetzugang sowie die internationalen Telefonverbindungen gesperrt und der Versand von SMS unterbunden. Die Beschränkungen dieser Kommunikationsmittel waren zum Jahresende weiterhin in Kraft.
Die kambodschanische Regierung brachte am 19. Dezember 20 uigurische Asylsuchende gegen ihren Willen und ungeachtet der Einwände des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) in die VR China zurück. Nach amtlicher chinesischer Darstellung sollen sie an den Unruhen vom Juli beteiligt gewesen sein. Einige Tage später bestritten die chinesischen Behörden einen Zusammenhang zwischen den Zwangsrückführungen und einem neuen chinesischen Hilfspaket für Kambodscha in Höhe von umgerechnet ca. 900 Mio. Euro.
Autonome Region Tibet
Die Proteste, die im März 2008 ihren Anfang nahmen, wurden im gesamten Berichtsjahr in kleinerem Maßstab fortgesetzt. Ebenso kam es immer wieder zu neuen Festnahmen und Inhaftierungen. Zwei Tibeter wurden wegen mutmaßlich während der Unruhen im März 2008 begangener Straftaten hingerichtet.
Internationale Menschenrechtsorganisationen meldeten einen Anstieg der Zahl tibetischer politischer Gefangener im Vorfeld brisanter historischer Daten wie des 50. Jahrestags des niedergeschlagenen Aufstands der Tibeter, der zur Flucht des Dalai Lama ins Exil geführt hatte. Die Behörden blockierten die Kommunikationskanäle aus der Region und in sie hinein und verhinderten eine Einschätzung der dortigen Menschenrechtslage durch unabhängige Beobachter. Die Rechte von Tibetern auf freie Meinungsäußerung, Religions-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit waren nach wie vor massiven Einschränkungen unterworfen. Die chinesischen Behörden vertraten ihre außenpolitische Linie in Bezug auf die Tibetfrage mit zunehmender Bestimmtheit. So äußerten chinesische Behördenvertreter öffentlich die Bereitschaft, wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen gegen Staaten zu verhängen, die als Unterstützer des Dalai Lama und tibetischer Belange angesehen werden.
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Im Oktober 2009 wurden die beiden Tibeter Losang Gyaltse und Loyar hingerichtet. Sie waren am 8. April vom Mittleren Volksgericht der Stadt Lhasa wegen Brandstiftung zum Tode verurteilt worden. Die zwei Männer waren im März 2008 bei Unruhen in der Autonomen Region Tibet bzw. in Siedlungsgebieten der Tibeter in den Nachbarprovinzen in Haft genommen worden.
- Der unabhängige tibetische Filmemacher Dhondup Wangchen wurde am 28. Dezember 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" in einem Geheimprozess vor dem Provinzgericht in Xining, in der Provinz Qinghai, zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Der von seiner Familie ursprünglich beauftragte Rechtsanwalt durfte ihn nicht vertreten, und es ist unklar, ob Dhondup Wangchen anschließend über einen Rechtsbeistand verfügte oder sich selbst vor Gericht verteidigen durfte.
Sonderverwaltungsregion Hongkong
Am 4. Juni 2009 gedachten laut Angaben der Veranstalter über 150000 Menschen des 20. Jahrestags der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking durch das chinesische Militär. Einigen politisch engagierten Chinesen und Ausländern, die an der Gedenkveranstaltung teilnehmen wollten, verwehrten die Behörden die Einreise. Im Juli nahmen Zehntausende an Protestmärschen teil und forderten u. a. bessere Lebensbedingungen, Demokratie und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Rassendiskriminierung Im Juli trat die Verordnung über Rassendiskriminierung (Race Discrimination Ordinance – RDO) in Kraft. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) stellte im August fest, dass die Definition der RDO nicht völlig mit Artikel 1 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung übereinstimmte, und empfahl die indirekte Diskriminierung hinsichtlich der Sprache, des Aufenthaltsstatus und der Staatsangehörigkeit in die Definition mit aufzunehmen. Der UN-Ausschuss empfahl des Weiteren, alle Funktionen und Befugnisse der Regierung in den Zuständigkeitsbereich der RDO aufzunehmen.
Flüchtlinge und Asylsuchende Zwar nahm der CERD geplante Reformen in Bezug auf Folterbeschwerden zur Kenntnis, empfahl aber gleichzeitig der Regierung, die Rechte von Asylsuchenden auf Information, einen Dolmetscher, einen Rechtsbeistand und auf Rechtsmittel zu gewährleisten, und sprach sich für die Verabschiedung eines Flüchtlingsgesetzes mit einem umfassenden Prüfverfahren für individuelle Asylbegehren aus. Der UN-Ausschuss erneuerte zudem seine Empfehlung, die Behörden mögen die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihr Zusatzprotokoll von 1967 ratifizieren.
Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen Die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong gab am 31. Dezember bekannt, dass eine Änderung der Verordnung über häusliche Gewalt (Domestic Violence Ordinance), die am 1. Januar 2010 in Kraft tritt, den Schutz auf gleichgeschlechtliche Paare ausdehnt. Gegenwärtig verbieten gesetzliche Bestimmungen der Sonderverwaltungsregion Hongkong nicht die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Sonderverwaltungsregion Macao
Im Juni 2009 wurde der alleinige Kandidat Fernando Chui Sai-on von einem 300-köpfigen Wahlausschuss zum Verwaltungschef der Stadt mit einer Amtszeit bis 2014 gewählt. Im September wurden zwölf Kandidaten per Direktwahl in die aus 29 Sitzen bestehende Gesetzgebende Versammlung gewählt. Die übrigen Mitglieder werden von berufsständischen Vertretungen benannt.
Die Gesetzgebende Versammlung verabschiedete im Februar das Nationale Sicherheitsgesetz, das die Straftaten "Volksverhetzung", "Spaltung des Landes", "Subversion", "Landesverrat" und "Diebstahl von Staatsgeheimnissen" umfasst. Die vage formulierten Straftatbestände könnten dazu missbraucht werden, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zu beschränken. Einer Reihe von Bürgern aus Hongkong, darunter Abgeordnete des Gesetzgebungsrats, politische Aktivisten, Journalisten und ein Juraprofessor, die an politischen Aktionen im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf teilnehmen wollten, wurde die Einreise nach Macao verwehrt. Drei Aktivisten aus Hongkong, die im Dezember während eines Besuchs des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao die Freilassung von Liu Xiaobo fordern wollten, durften ebenfalls nicht nach Macao einreisen.