Amnesty Report Aserbaidschan 25. Mai 2009

Aserbaidschan 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Aserbaidschan Staatsoberhaupt: Ilham Älijew Regierungschef: Artur Rasizade Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 8,5 Mio. Lebenserwartung: 67,1 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 89/81 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 98,8%

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war auch 2008 weiter stark eingeschränkt. Unabhängige und oppositionelle Journalisten wurden regelmäßig schikaniert. Einige von ihnen kamen aufgrund umstrittener Anklagen und nach Gerichtsverfahren, die nicht den internationalen Standards entsprachen, in Haft. Einige religiöse Gruppen wurden fortwährend drangsaliert.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Immer wieder wurden oppositionelle und unabhängige Journalisten aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit zum Opfer von Einschüchterungsversuchen, Schikanen und tätlichen Angriffen. Zwar gab es nach wie vor "Beleidigung" und "Verleumdung" als Straftatbestand, einige Journalisten wurden jedoch unter Anklagen wie "Rowdytum" oder "Bestechung" inhaftiert. Damit sollte der Eindruck erweckt werden, die Strafverfolgungsmaßnahmen hätten nichts mit ihren beruflichen Aktivitäten zu tun. Die Prozesse, die aufgrund solcher Anklagen gegen Journalisten geführt wurden, entsprachen nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren. Sie führten dazu, dass eine regierungskritische Berichterstattung in Aserbaidschan kaum noch existierte.

Bei den Ermittlungen zu einer Reihe von Angriffen auf Journalisten waren keine erkennbaren Fortschritte zu verzeichnen. Im Fall des Zeitungsredakteurs Elmar Hüseynov, der im Jahr 2005 erschossen worden war, erklärten die Behörden, sie bemühten sich "mit allen verfügbaren Mitteln" um die Auslieferung zweier in die Straftat verwickelter Aserbaidschaner mit georgischer Staatsbürgerschaft. Berichten zufolge verweigerte die georgische Regierung jedoch die Auslieferung.

  • Faramaz Novruzolu und Sardar Alibeylı von der unabhängigen Wochenzeitung Nota Bene wurden zu zwei Jahren Haft bzw. zu 18 Monaten "Arbeitslager zur Besserung" verurteilt, nachdem sie über den Verdacht der Korruption im Innenministerium berichtet hatten.

  • Im März 2008 wurde der Chefredakteur der Oppositionszeitung Azadlıq (Freiheit) Qenimet Zahid wegen Rowdytums und tätlicher Übergriffe zu vier Jahren Haft verurteilt. Nach Angaben seines Anwalts entsprach der Prozess nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren.

  • Der Azadlıq-Korrespondent Aqil Xalil wurde im Februar 2008 tätlich angegriffen. Bei den Tätern soll es sich um Mitarbeiter lokaler Behörden gehandelt haben, die an illegalen Rodungen beteiligt waren. Im März verletzten ihn Unbekannte mit Messerstichen. Aqil Xalil nahm an, dass die Übergriffe in Zusammenhang standen mit seinen Recherchen zu vermutlich illegalen Landverkäufen. Im April erklärte die Generalstaatsanwaltschaft, die Messerstiche seien ihm von einem homosexuellen Liebhaber zugefügt worden, aserbaidschanische Menschenrechtsorganisationen wiesen diesen Vorwurf jedoch entschieden zurück.

  • Im Juni 2008 soll Emin Hüseynov, der prominente Direktor des Instituts für Journalistenfreiheit und -sicherheit (Institute for Reporters’ Freedom and Safety – IRFS), bei seiner Festnahme durch die Polizei mit Schlägen misshandelt worden sein. Er musste sich wegen heftiger Schmerzen an Kopf und Nacken im Krankenhaus behandeln lassen.

  • Ende August 2008 sollen in einem Dorf in der autonomen Exklave Naxçivan drei Journalisten von lokalen Amtsträgern mit Schlägen misshandelt worden sein. Berichten zufolge verprügelten Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung von Nehram die beiden Korrespondenten von Radio Liberty Malahet Nasibova und Ilgar Nasibov sowie den IRFS-Korrespondenten Elman Abbasov, als diese über eine Auseinandersetzung zwischen den Bewohnern von Nehram und der örtlichen Polizei berichten wollten. Ihre Ausrüstung wurde ihnen weggenommen und zerstört.

Religionsfreiheit

Auch im Berichtsjahr mussten Vertreter religiöser Gruppen oder Glaubensgemeinschaften, die sich außerhalb der offiziell genehmigten Strukturen bewegten, mit Schikanen rechnen. Im August kamen bei einem Bombenanschlag auf die Abu-Bekr-Moschee in Baku drei Menschen ums Leben. Nach diesem Vorfall durften Muslime ihre Gebete nicht mehr an öffentlichen Orten außerhalb von Moscheen verrichten. Auch im Jahr 2008 trafen Berichte ein, wonach Polizisten muslimischen Männern gegen ihren Willen die Bärte abrasierten.

  • Der baptistische Pastor Zaur Balaev, der im August 2007 wegen tätlichen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war, wurde im März 2008 begnadigt und freigelassen. Im Juni wurde in Aliabad mit Hamid abanov ein anderer baptistischer Pastor festgenommen. Man bezichtigte ihn, eine Schusswaffe zu besitzen. Seine Familie und Mitglieder der Baptistengemeinde gaben an, die Waffe sei ihm untergeschoben worden. Sein Prozess begann im Juli und war Ende 2008 noch nicht abgeschlossen. Im November wurde er aus dem Gefängnis in Hausarrest überstellt.

  • Im August 2008 wurde das Gotteshaus einer protestantischen Gemeinde in Baku beschlagnahmt. Die Gemeinde erhielt keine Entschädigung, obwohl sie offizielle Dokumente vorweisen konnte, dass ihr das Gebäude gehörte.

  • Im September wies der Oberste Gerichtshof das Rechtsmittel des 33-jährigen Said Dadaşbeyli zurück, der im Dezember 2007 wegen angeblicher terroristischer Straftaten zu 14 Jahren Haft verurteilt worden war. Als Leiter einer schiitischen Organisation namens NIMA wurde er von den Behörden der Zusammenarbeit mit iranischen Geheimdiensten bezichtigt, was sein Anwalt und seine Angehörigen jedoch bestritten. Sie erklärten, er habe sich nur karitativ betätigt.

Folterungen und Misshandlungen

Im Juli bestätigte das Berufungsgericht Baku die Haftstrafen gegen Dmitri Pavlov, Maksim Genashilkin und Ruslan Bessonov, die im Juni 2007 wegen Mordes an einem anderen Jugendlichen gegen sie verhängt worden waren. Die drei Jungen waren zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung 15 bzw. 16 Jahre alt. Ihre Vorwürfe, sie hätten ihre "Geständnisse" unter Folter abgelegt, wurden nicht geprüft.

Amnesty International: Berichte

Azerbaijan: Five journalists released (EUR 55/001/2008) Azerbaijan: Mixed messages on freedom of expression (EUR 55/002/2008) Azerbaijan: Persecution of opposition newspaper continues unabated (EUR 55/004/2008) Azerbaijan: Amnesty International condemns beating of media watchdog Emin Hüseynov (EUR 55/005/2008)

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