Aktuell Afghanistan 18. Februar 2016

Vorwort

Amnesty International Report 2015/2016
Vorwort

Generalsekretär Salil Shetty während einer Delegationsreise in die Tschechische Republik am 23. April 2015

Von Salil Shetty, internationaler Generalsekretär von Amnesty International

"Die Tatsache, dass derzeit so viele neue Krisen ausbrechen, bevor auch nur eine der bestehenden gelöst ist, macht deutlich, dass es an Fähigkeiten und politischem Willen fehlt, Konflikte zu beenden, geschweige denn, sie zu verhindern. Dies hat zur Folge, dass Unkontrollierbarkeit und Straflosigkeit in besorgniserregendem Maße zunehmen."

António Guterres, UN-Hochkommisar für Flüchtlinge

Das Jahr 2015 hat die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft, auf Krisen und die massenhafte Vertreibung von Menschen zu reagieren, auf eine harte Probe gestellt und dabei massive Defizite offenbart. Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt der anhaltende bewaffnete Konflikt in Syrien, der dazu geführt hat, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Bevölkerung ins Ausland geflohen ist oder innerhalb des Landes vertrieben wurde. Alle Versuche, diesen Konflikt zu beenden, haben bislang lediglich die Differenzen auf internationaler Ebene und in der Region selbst hervortreten lassen.

Multilaterale Initiativen zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen, wie der "Regionalplan Flüchtlinge und Resilienz" der Vereinten Nationen, waren 2015 angesichts des schieren Ausmaßes der Krise zu einer verstärkten Koordinierung innerhalb Ägyptens, des Iraks, Jordaniens, des Libanons und der Türkei gezwungen.

In Europa, Kanada und den USA änderte sich die öffentliche Wahrnehmung der Flüchtlinge im September 2015, als das Bild des ertrunkenen dreijährigen syrischen Jungen Alan Kurdi um die Welt ging. Nach einem allgemeinen Aufschrei der Empörung und öffentlich erhobenen Forderungen, Flüchtlinge aufzunehmen und die Krise zu beenden, sahen sich die Regierungen gezwungen, zu reagieren.

Die Reaktionen der staatlichen Stellen auf die Krisen und Konflikte offenbarten jedoch sowohl in den Nachbarländern Syriens als auch im Westen gravierende Defizite. Während einige Nachbarländer Syriens eine große Zahl von Flüchtlingen aufnahmen, waren viele andere Regierungen sowohl im Nahen Osten und in Nordafrika als auch in anderen Teilen der Welt weiterhin nicht bereit, Flüchtlinge in nennenswerter Zahl aufzunehmen. Die Verantwortung und die Lasten waren nach wie vor extrem ungleich verteilt, und die bereitgestellten Ressourcen reichten bei weitem nicht aus, um der sich verschärfenden Krise zu begegnen. Gleichzeitig erlitten zahlreiche Familien und Einzelpersonen, die auf der Flucht waren, Menschenrechtsverletzungen, sei es, weil Asylsuchende kriminalisiert wurden, sei es durch Push-Back-Operationen und Abschiebungen in andere Länder, sei es durch eine Reihe staatlicher Maßnahmen, die faktisch bedeuteten, dass Schutzsuchenden der Zugang zum Asylverfahren verwehrt wurde.

Während das Ausland Mühe hatte, auf die vielen Geflüchteten aus Syrien zu reagieren, zeigte der im Land selbst wütende Konflikt akute Probleme hinsichtlich der Beachtung internationaler Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts auf, die Amnesty International und andere seit vielen Jahren immer wieder thematisieren. Der syrische Konflikt kann geradezu als Beispiel dienen für einen unzureichenden Schutz von Zivilpersonen in Krisengebieten und für das systematische Versagen derjenigen Institutionen, die für die Einhaltung des Völkerrechts zuständig sind.

Es ist zu hoffen, dass die derzeitigen Bemühungen den Weg zu einem Frieden in Syrien ebnen werden. Doch hat dieser Krieg in den vergangenen Jahren auch deutlich gemacht, dass die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats der Straflosigkeit Vorschub leisten, indem sie ihr Vetorecht einsetzen, um glaubwürdige und angemessene Maßnahmen zur Beendigung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu blockieren und um zu verhindern, dass die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die katastrophale Menschenrechtslage in Syrien beweist, dass der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten mit den bisherigen Mitteln nicht gewährleistet werden kann. Zudem führen dieser Konflikt und darüber hinaus das Vorgehen der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) vor Augen, wohin ein jahrzehntelanger rücksichtsloser Waffenhandel führt und welch tödliche Konsequenzen er für die Zivilbevölkerung hat.

Der Syrienkonflikt hat außerdem klar gezeigt, dass sich immer mehr Länder ihrer Verantwortung für den Flüchtlingsschutz entziehen und anstatt entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenleben zu retten, lieber über "Grenzschutz" und "Migrationsmanagement" streiten.

Der bewaffnete Konflikt in Syrien prägte das Jahr 2015 in besonderer Weise, doch war er nur einer von vielen Konflikten, die diese beispiellose Zahl von Flüchtlingen, Migranten und Binnenvertriebenen verursachten. Auch in Ländern wie Afghanistan, dem Irak, Libyen, Pakistan und dem Jemen gingen die bewaffneten Konflikte weiter. Der IS ließ eine gnadenlose Missachtung des Lebens von Zivilpersonen erkennen und trieb damit in mehreren Ländern Tausende in die Flucht. In Afrika verübten staatliche wie nicht-staatliche Akteure in Burundi, Kamerun, im Nordosten Nigerias, in Somalia, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße, darunter Angriffe, die sich gezielt gegen Zivilpersonen und zivile Einrichtungen richteten. All diese Konflikte führten zu der enormen Zahl von Menschen, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen und andernorts Schutz zu suchen. In Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten sowie in der Ukraine gab es weiterhin zivile Todesopfer, und alle Konfliktparteien waren für Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen verantwortlich. In Lateinamerika gab es zwar positive Entwicklungen, was den jahrzehntealten Konflikt in Kolumbien betraf, doch war zu befürchten, dass der Preis für ein politisches Abkommen zwischen den Konfliktparteien sein könnte, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft zu ziehen. Länder wie Brasilien, Mexiko oder Venezuela wiesen nach wie vor ein hohes Gewaltniveau auf, das die Menschenrechte und die für ihren Schutz zuständigen Institutionen untergrub.

Die UN hatten bei ihrer Gründung 1945 die Nationen vereint, um "zukünftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren" und "den Glauben an die grundlegende Menschenrechte zu bekräftigen". Der ausgerechnet mit dem 70-jährigen Jubiläum der Gründung der UN zusammenfallende Tiefpunkt stellt uns vor die einfache, aber unerbittliche Frage: Ist unser System internationaler Rechtsvorschriften und Institutionen in der Lage, den dringend erforderlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten?

Im Jahresbericht von 1977 begrüßte Amnesty International die erste Sitzung des UN-Menschenrechtsausschusses und bezeichnete sie als eine "von vielen Entwicklungen in den UN in Bereichen, die für die Menschenrechtsanliegen von Amnesty International von Bedeutung sind". Zu diesen Entwicklungen zähle auch der Kampf gegen Folter. Im Lauf der Jahre hat Amnesty International dazu beigetragen, dass entscheidende Verpflichtungen in Bezug auf internationale Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht eingegangen wurden. Und doch zeigen sich die Defizite dieses Systems heute deutlicher denn je.

Der aktuelle Jahresbericht dokumentiert zahlreiche Entwicklungen, die eine Bedrohung für die Menschenrechte darstellen. Ich möchte an dieser Stelle zwei Entwicklungen besonders hervorheben, die miteinander in Verbindung stehen. Die wichtigste Erkenntnis des Jahres 2015 war, dass das internationale System zum Schutz der Menschenrechte harten Schlägen und Herausforderungen nicht gewachsen ist. Die mittlerweile deutlich sichtbaren Risse haben uns gelehrt, dass dieses System selbst geschützt werden muss.

Die Mechanismen zum Schutz der Menschenrechte waren 2015 in mehrfacher Hinsicht gefährdet. In Afrika und auf dem amerikanischen Kontinent gab es zunehmend Widerstand gegen regionale Abkommen und Institutionen zum Schutz der Menschenrechte und gegen die Rechenschaftspflicht bei Verstößen. Afrikanische Regierungen stemmten sich gegen eine Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und behaupteten, afrikanische Institutionen stärken zu wollen. Doch gelang es ihnen weiterhin weder auf nationaler noch auf afrikanischer Ebene, für Gerechtigkeit zu sorgen. Neu entstandene Mechanismen im Nahen Osten und in Nordafrika teilten die Vision universell geltender Menschenrechte nur eingeschränkt, und die schon länger bestehenden Mechanismen in Asien blieben weitestgehend unwirksam. Auch in Europa gerieten die Institutionen zum Schutz der Menschenrechte unter Druck. Zum einen, weil einzelne Staaten damit drohten, sich nicht mehr an deren Entscheidungen zu halten, zum anderen, weil es einen massiven Rückstau von Fällen gab, in denen noch kein Recht gesprochen war und die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.

Multilaterale Abkommen, wie die Genfer Flüchtlingskonvention, die Antifolterkonvention und Vereinbarungen zum Schutz bestimmter Personengruppen, wie z.B. Menschen in Seenot, konnten humanitäre Krisen weder verhindern noch begrenzen. Sie waren nicht in der Lage, Zivilpersonen vor gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu schützen, geschweige denn eine konsequente Strafverfolgung von Gräueltaten sicherzustellen.

Die barbarischen Anschläge auf die Zivilbevölkerung, ob in Beirut, Bamako, Yola, Tunis, Paris und andernorts warfen auch die Frage auf, welche Rolle die internationalen Menschenrechtsnormen bei der Bekämpfung von Gefahren spielen können, die von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen, insbesondere von bewaffneten Gruppen.

Amnesty International fordert eine neuerliche Verpflichtung, das internationale System zum Schutz der Menschenrechte zu achten. Es kann seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn die Staaten das System selbst schützen.

Dazu zählt, dass die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats freiwillig auf ihr Vetorecht verzichten, wenn es um massenhafte Gräueltaten geht, und dass alle internationalen Menschenrechtsmechanismen eine konsequente Umsetzung der Menschenrechtsnormen einfordern. Dazu zählt die Wahrung des humanitären Völkerrechts und das Unterlassen jeglicher Handlung, die das System zum Schutz der Menschenrechte untergräbt, wie z. B. Angriffe auf die entsprechenden Institutionen oder Drohungen, ihnen die Unterstützung zu entziehen. Schließlich zählt dazu auch, die regionalen Mechanismen der verschiedenen Kontinente mit den universellen Standards des internationalen Systems in Einklang zu bringen.

Das zweite zentrale Thema des Jahres 2015 hängt eng mit dem Genannten zusammen. Denn viele Krisen des vergangenen Jahres entwickelten sich aus Feindseligkeiten und Konflikten, die entstanden, weil Staaten brutal gegen jede Form von Kritik vorgingen und das Streben einer jeden Person nach einem Leben in Würde und nach Wahrung ihrer Rechte unterdrückten.

Erinnern wir uns an die Situation im Mai 2015, als Tausende Flüchtlinge und Migranten ohne Nahrung und Wasser in Booten auf dem Indischen Ozean trieben oder an das Schicksal lateinamerikanischer Menschenrechtsverteidiger, die wegen ihres Einsatzes für Landrechte und die Umwelt getötet wurden oder "verschwanden". Diese und viele weitere Fälle beweisen, dass wenn Staaten jegliche Kritik brutal unterdrücken, wenn sie Menschen soziale, wirtschaftliche, kulturelle und andere grundlegende Menschenrechte vorenthalten und nicht in der Lage sind, die Menschenrechte überhaupt zu schützen, dies zu gesellschaftlichen Spannungen führt, deren Folgen wiederum die internationalen Schutzmechanismen überfordern. Das beste Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit für den Zusammenhang zwischen staatlicher Repression, mangelndem Respekt für die Menschenrechte und dem Versagen internationaler Schutzmechanismen ist der "Arabische Frühling", der 2011 die Situation im Nahen Osten und in Nordafrika völlig veränderte.

Fünf Jahre nach einer der dynamischsten Demonstrationen der Macht des Volkes, die die Welt je gesehen hat, gehen Regierungen zunehmend massiv und gezielt gegen kritische Stimmen vor, und zwar nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit. Besonders beunruhigend ist dabei die Erkenntnis, dass Maßnahmen zur Unterdrückung mittlerweile ebenso ausgeklügelt wie brutal sind.

Anders als im Jahr 2011, als ägyptische Sicherheitskräfte während der "Revolution des 25. Januar" mehr als 300 Menschen töteten und im Jemen am "Blutigen Freitag" mehr als 50 Demonstrierende ihr Leben ließen, liefert Polizeigewalt auf öffentlichen Plätzen heute so leicht keine Schlagzeilen mehr. Im vorliegenden Bericht zur Menschenrechtslage 2015 dokumentiert Amnesty International jedoch den unverminderten und weitverbreiteten Einsatz exzessiver Gewalt gegen Kritiker und Demonstrierende sowie außergerichtliche Hinrichtungen und Fälle von Verschwindenlassen in zahlreichen Ländern weltweit. Als syrische Sicherheitskräfte im Mai 2011, kurz nach dem Ausbruch der Massenproteste, in der Stadt Tell Kalach zahlreiche Menschen systematisch inhaftierten und folterten, war dies ein frühes Beispiel dafür, wie Staaten der Region auf Kritik und öffentliche Proteste reagieren würden. Folter ist in diesem Teil der Welt, aber auch andernorts, weiterhin gang und gäbe und wird gerne mit dem Begriff der "erweiterten Verhörtechniken" beschönigt. Gemeint sind damit jenen heuchlerischen Gräueltaten, die bereits vor dem "Arabischen Frühling" im Zuge des "Kriegs gegen den Terror" angewandt wurden.

In vielen Ländern gehörten 2015 Unterdrückungsmaßnahmen fast schon zur Routine. Dabei wurde immer und immer wieder behauptet, sie seien notwendig, um nationale Sicherheit, Recht und Ordnung sowie den Schutz nationaler Werte aufrechtzuerhalten. Häufig unterdrückten Behörden die freie Meinungsäußerung im Internet und gingen mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog gegen Kritiker vor, dazu zählten willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlungen sowie Todesurteile.

Amnesty International deckte 2015 in einem Rechtsstreit Überwachungspraktiken einiger Staaten auf, die sich vor allem gegen das Privatleben und die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern richteten und in ihrem Ausmaß an Orwells Roman "1984" erinnern. Eine der größten Gefahren für das Recht auf freie Meinungsäußerung besteht mittlerweile darin, dass Staaten ständig neue Unterdrückungsmethoden entwickeln, um mit der sich weiterentwickelnden Technologie und Vernetzung Schritt zu halten.

Auf Betreiben von Amnesty International und anderen Organisationen schufen die UN das Amt des Sonderberichterstatters über das Recht auf Privatheit im digitalen Zeitalter, das dazu beitragen soll, eindeutige Normen zum Schutz der Menschenrechte im digitalen Bereich zu entwickeln.

Nachdem die Bevölkerung in der arabischen Welt vor fünf Jahren ihre Ansichten in einer Weise zum Ausdruck brachte, die Geschichte schrieb, verschärften viele Staaten ihr Vorgehen gegen Kritik, Proteste und offene Meinungsäußerungen. Amnesty International fordert die Regierungen auf, die Rechte von Einzelpersonen und Gruppen zu respektieren. Dazu zählen die Rechte, sich zu organisieren, zu versammeln und auszudrücken, abweichende Meinungen zu vertreten und über jegliche Art von Medien zu verbreiten und in gleicher Weise gesetzlichen Schutz zu genießen.

Außerdem müssen Rechte respektiert werden, die die Arbeit und das Umfeld von Menschenrechtsverteidigern schützen. Diese Rechte sind nicht nur für deren individuelle Freiheit unabdingbar, sondern auch deshalb, weil dadurch wiederum der Menschenrechtsschutz gestärkt wird. Die Zeichen der Hoffnung, die wir 2015 gesehen haben, waren der Zivilgesellschaft, sozialen Bewegungen und Menschenrechtsverteidigern zu verdanken, die sich unermüdlich für andere einsetzten, sich organisierten, Aktionen veranstalteten und ihre Stimme erhoben.

Aus den positiven Entwicklungen des Jahres 2015 möchte ich an dieser Stelle nur drei Beispiele herausgreifen: Die UN nahmen in die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung Menschenrechte und Elemente zur Rechenschaftspflicht auf. Durch Aktionen im Mai 2015 ist es gelungen, rechtswidrige Zwangsräumungen im Rahmen eines Straßenbauprojekts in Mombasa in Kenia zu verhindern. In Indonesien wurde der aus Papua stammende gewaltlose politische Gefangene Filep Karma freigelassen. Unterstützer von Amnesty International hatten im Rahmen des jährlich stattfindenden Briefmarathons weltweit mehr als 65000 Botschaften verfasst, in denen sie ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht und seine bedingungslose Freilassung gefordert hatten.

Diese Entwicklungen waren keineswegs das Ergebnis staatlicher Nächstenliebe. Auch künftig werden Zeichen der Hoffnung nicht allein staatlichen Akteuren zuzuschreiben sein. Regierungen müssen deshalb Menschenrechtsverteidigern und Aktivisten ausreichend Raum und Freiheit gewähren, um ihrer wichtigen Arbeit nachgehen zu können. Im November 2015 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution zum Schutz der Rechte von Menschenrechtsverteidigern. Amnesty International fordert die Staaten auf, sicherzustellen, dass diese Resolution umgesetzt wird, dass dabei Transparenz herrscht, die Pflicht zur Rechenschaftslegung besteht und diejenigen Staaten an den Pranger gestellt werden, die den Schutz dieser Rechte nicht gewährleisten.

Als weltweit größte Menschenrechtsorganisation stellen wir in diesem Bericht die Lage der Menschenrechte 2015 dar. Neben den oben genannten werden viele weitere Themen aufgegriffen, und dennoch kann dieser Bericht nicht das gesamte Ausmaß des menschlichen Elends vermitteln, das die Krisen des vergangenen Jahres verursacht haben. Dies gilt insbesondere für die Flüchtlingskrise, die sich durch den Winter in Europa noch verschärft hat. Angesichts dieser Situation ist es nicht in unser Belieben gestellt, ob wir den Schutz der Menschenrechte und den Schutz der Zivilbevölkerung verbessern. Es ist buchstäblich eine Frage von Leben und Tod.

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