Aktuell Pakistan 13. Dezember 2011

Pakistan: Aftab Bahadur

"Die Polizei folterte mich und nachdem sie meine Hände mit Öl eingeschmiert hatten, verteilten sie meine Handabdrücke im ganzen Zimmer, und so kamen die Fingerabdrücke zustande." - Aftab Bahadur

Aftab Bahadur wurde am 5. September 1992 zusammen mit einem anderen Mann unter Mordverdacht verhaftet. Er wurde mehrere Monate lang ohne Zugang zu einem Anwalt in Polizeigewahrsam festgehalten. Häftlinge werden oft wochenlang und manchmal sogar bis zu einem Jahr inhaftiert, während die Anklage vorbereitet wird. Nur selten wird ihnen die Möglichkeit gegeben, die Rechtmäßigkeit ihrer Haft von einem Gericht prüfen zu lassen oder Freilassung gegen Kaution zu beantragen.

Als Aftab Bahadur schließlich 1993 vor Gericht gestellt wurde, plädierte er auf nicht schuldig. Er sagte die Polizei habe ihn zum Tatort gebracht und ihn dazu gezwungen, dort seine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Sein Mitangeklagter Ghulam Mustafa gab ebenfalls an, gefoltert und dazu gezwungen worden zu sein, seine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Der Richter nahm diese Aussagen kommentarlos zur Kenntnis.

Aftab Bahadur wurde ein vom Staat ernannter Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, der zur Verteidigung seines Mandanten weder Beweise vorbrachte noch Zeugen benannte. Pflichtverteidiger in Pakistan sind oft schlecht ausgebildet und unterbezahlt und verteidigen ihre Klienten möglicherweise nicht engagiert genug, es sei denn, die Klienten bezahlen sie zusätzlich.

Zum Tode verurteilt

Aftab Bahadurs Prozess fand am 13. April 1993 vor dem Zweiten Sondergericht für Schnellverfahren in Lahore statt. Er wurde des Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Diese Schnellgerichte operierten von 1987 bis 1994 und hatten in der Zeit die alleinige Zuständigkeit für bestimmte Delikte, darunter Mord sowie gewaltsame und gewaltlose politische Verbrechen, für die die Todesstrafe verhängt werden konnte. Sie standen außerhalb des regulären Gerichtssystems und standen unter Vorsitz von pensionierten Richtern.

Rechtsmittel gegen ihre Urteile konnten ausschließlich beim Obersten Sonderberufungsgericht eingelegt werden, das ebenfalls außerhalb des regulären Gerichtssystems operierte. Es galten strenge Fristen bezüglich des Prozessbeginns nach der Anklageerhebung, der Länge der Anhörungen und des Berufungsverfahrens. Obwohl die gesetzlichen Grundlagen für diese Schnellgerichte 1994 aufgehoben wurden sind bis heute einige Menschen inhaftiert, die von diesen Gerichten verurteilt wurden, einige davon, wie Aftab Bahadur, zum Tode.

Urteil des erstinstanzlichen Gerichts willkürlich

Aftab Bahadur legte beim Obersten Sonderberufungsgericht Widerspruch gegen seine Verurteilung ein. Wieder ernannte der Staat einen Pflichtverteidiger. Sein Berufungsantrag ist undatiert und besteht nur aus vier allgemeinen Punkten auf einem Blatt Papier: dass die Staatsanwaltschaft die Schuld des Angeklagten nicht über jeden vernünftigen Zweifel hinaus bewiesen habe, dass für einen Schuldspruch nicht genügend verlässliche Beweise vorgelegt wurde, dass Aftab Bahadur unschuldig sei; und dass das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts willkürlich gewesen sei und auf Spekulationen beruhe.

Das Berufungsgericht bestätigte am 27. März 1994 den Schuldspruch und das Strafmaß. 2010 richtete Aftab Bahadur ein Gnadengesuch an den Präsidenten. Aftab Bahadur sitzt im Gefängnis von Lahore ein.

Jetzt aktiv werden!

Appellieren Sie an den Präsidenten,

  • die Hinrichtung von Aftab Bahadur mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln zu stoppen,

  • Berichte über Folter und andere Misshandlungen zu untersuchen um sicherzustellen, dass erzwungene Aussagen in einem Wiederaufnahmeverfahren nicht zugelassen werden,

  • Aftab Bahadur vor einem regulären Gericht ein Wiederaufnahmeverfahren zu gewähren, das den internationalen Standards für ein faires Verfahren entspricht,

  • als ersten Schritt auf dem Weg zur Abschaffung der Todesstrafe alle Hinrichtungen auszusetzen und keine neuen Todesurteile mehr auszusprechen,

  • den Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte in vollem Umfang nachzukommen, Gesetze zu überarbeiten sowie die Rechtspraxis mit dem Ziel zu ändern, faire Gerichtsverfahren in Übereinstimmung mit den internationalen Standards sicherzustellen.

Bitte richten Sie ihre Forderungen an:

President of Pakistan
Pakistan Secretariat
Islamabad
Pakistan
Fax: 0092-519204974

Bitte senden Sie auch eine Kopie an:
Botschaft der Islamischen Republik Pakistan
S.E. Herr Shahid Ahmad Kamal
Schaperstraße 29
10719 Berlin
Anrede: Ihre Exzellenz/Your Excellency

Hintergrund

Die pakistanischen Gerichte verurteilen zahlreiche Menschen zum Tode, darunter auch Minderjährige. Mehr als 8.000 Gefangene sollen im Todestrakt einsitzen, viele schon seit Jahren, obwohl der Präsident 2008 versprochen hat, dass alle Todesurteile umgewandelt würden. Die Todesstrafe wird meistens wegen Mordes verhängt, sie kann jedoch auch für fast 30 andere Verbrechen verhängt werden, darunter Delikte ohne tödliche Folgen, die nicht zu den "schwersten Verbrechen" zählen, wie sie im Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte definiert sind. Anti-Terror-Gerichte sind außerhalb des regulären Justizwesens tätig, mit weit reichenden Vollmachten für Polizei und Sicherheitsbehörden. Korruption, mangelnde Unabhängigkeit der Justiz und Diskriminierung sind systematische Probleme innerhalb des Rechtssystems.

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