Todesfall in Haft

Karte Südsudan

Karte Südsudan

Loreom Joseph Longie, der sich seit September 2014 in der Zentrale des Geheimdiensts NSS im Bezirk Jebel in der südsudanesischen Hauptstadt Juba willkürlich in Haft befand, starb am 17. Juli. Zwei ebenfalls seit September 2014 inhaftierte Personen wurden freigelassen. 30 weitere Männer befinden sich nach wie vor willkürlich in der NSS-Zentrale in Haft.

Appell an

MINISTER FÜR NATIONALE SICHERHEIT IM BÜRO DES PRÄSIDENTEN
Obote Mamur Mete
Ministry of National Security in the Office of the President
Juba, SÜDSUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

JUSTIZMINISTER
Paulino Unango Wanawilla

Ministry of Justice, Airport Road
Juba, SÜDSUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: molacdgossjuba@yahoo.com

Sende eine Kopie an

RECHTLICHER BERATER DES PRÄSIDENTEN
Lawrence Korbandy

Office of the President
Juba, SÜDSUDAN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SÜDSUDAN
I. E. Frau Sitona Abdalla Osman
Leipziger Platz 8
10117 Berlin
Fax: 030-206 445 91 9
E-Mail: info@embassy-southsudan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, EMAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie die 30 Männer bitte umgehend frei, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

  • Stellen Sie sicher, dass die Männer bis zu ihrer Freilassung nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt werden.

  • Gewähren Sie ihnen bitte Besuche von ihren Angehörigen sowie Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und Rechtsbeiständen ihrer Wahl.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass sofort eine wirksame und unparteiische Untersuchung zu der Inhaftierungspraxis des NSS durchgeführt wird, darunter auch zum Verschwindenlassen, zu Todesfällen im Gewahrsam sowie zu Folter und anderer Misshandlung.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the South Sudanese authorities to either charge each of the 30 men with a recognizable offence, consistent with international law, or immediately release them.

  • Urging them to ensure that the 30 men are not subjected to torture and other ill-treatment while in detention.

  • Urging them to grant the 30 men access to adequate medical care, access to lawyers of their own choosing, and also allow visits from their families.

  • Calling on them to initiate prompt, effective and impartial investigations into NSS detention practices, including enforced disappearances, deaths in custody, torture and other ill-treatment.

Sachlage

Der 36-jährige Loreom Joseph Longie starb am frühen Morgen des 17. Juli, als er gerade im Universitätskrankenhaus Juba behandelt wurde. Er war am 14. Juli von Angehörigen des Geheimdiensts NSS in die Klinik gebracht worden. Seit September 2014 befand er sich in der NSS-Zentrale in Juba willkürlich in Haft. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge ist es denkbar, dass die schlechten Haftbedingungen – einschließlich körperlicher Misshandlung sowie unzureichender Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung – zu seinem Tod beigetragen haben könnten. Loreom Joseph Longie soll an einer Bandwurminfektion gelitten haben, die nicht behandelt wurde und zu Leberschäden führte.

Loreom Joseph Longie wurde Ende September 2014 in Kapoeta im Bundesstaat Ost-Äquatoria von NSS-Angehörigen festgenommen. Er wurde drei Tage lang in Kapoeta festgehalten und zu seinen mutmaßlichen Verbindungen zur Sudanesische Volksbefreiungsarmee/-bewegung in Opposition (Sudan People's Liberation Army/Movement in Opposition – SPLA/M-IO) befragt. Er wurde von NSS-Angehörigen gefoltert und anderweitig misshandelt, indem sie ihn schlugen, Nadeln in seine Hoden stachen und seine Haut mit geschmolzenem Plastik verbrannten. Danach wurde er nach Juba in die NSS-Zentrale im Stadtteil Jebel gebracht, wo er bis zu seinem Tod inhaftiert war. Insgesamt befand er sich 22 Monate lang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren im Gewahrsam des NSS.

Zwei weitere Inhaftierte, Benjamin Taban und Joseph Ngec, wurden Anfang Juni freigelassen. 30 weitere Männer befinden sich nach wie vor willkürlich in der NSS-Zentrale in Haft. Ihnen wird das Recht verweigert, zeitnah vor Gericht gestellt zu werden und die Rechtmäßigkeit ihrer Haft anfechten zu dürfen. Manche von ihnen werden ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International hat seit dem bewaffneten Konflikt, der Mitte Dezember 2013 begonnen hat, einen Anstieg der Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch den NSS und andere Sicherheitskräfte dokumentiert. Fälle von Verschwindenlassen, willkürlicher Inhaftierung, außergerichtlichen Hinrichtungen und langandauernder Haft nehmen zu und es gibt immer wieder Berichte über Folter und anderweitige Misshandlungen in Gewahrsam.

Amnesty International befürchtet, dass neben den 30 Männern sowohl in der Zentrale des NSS in Juba als auch in anderen Hafteinrichtungen des NSS und des Militärs im ganzen Land weitere Personen willkürlich inhaftiert sind. Die Gefangenen erhalten eine einseitige Ernährung und bekommen manchmal nur eine Mahlzeit pro Tag. Sie müssen auf dem Boden schlafen und haben keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Einige Männer sind geschlagen worden, die meisten von ihnen während ihrer Verhöre oder als Form der Bestrafung. Diese mangelhaften Haftbedingungen stellen Misshandlungen dar.

Ein Gesetz von 2014 erteilt dem NSS weitreichende Befugnisse. Demnach ist er berechtigt, Bürger_innen festzunehmen und zu inhaftieren. Mechanismen zur justiziellen Überprüfung dieser Befugnisse oder ausreichende Schutzmaßnahmen gegen deren Missbrauch gibt es nicht. Das Gesetz macht keine genauen Angaben über zulässige Hafteinrichtungen und garantiert keine grundlegenden Rechte für ordnungsgemäße Gerichtsverfahren, wie zum Beispiel das Recht auf einen Rechtsbeistand oder das Recht, innerhalb eines vertretbaren Zeitraums ein Verfahren zu erhalten. Das Gesetz gibt dem NSS faktisch einen Freibrief zur Weiterführung und Ausweitung seiner langjährigen Praxis willkürlicher Inhaftierungen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.