Weiter willkürlich inhaftiert

Landkarte Südsudan

Landkarte Südsudan

Am 10. August entließ der sudanesische Geheimdienst NSS zahlreiche Gefangene aus seinem Gewahrsam. Darunter befanden sich auch die 15 rechts erwähnten Personen. Fünf weitere Männer befinden sich nach wie vor willkürlich in der NSS-Zentrale in Haft, und gegen eine Person ist Anklage erhoben worden.

Appell an

Präsident Salva Kiir Mayardit

c/o Botschaft der Republik Südsudan

I. E. Frau Sitona Abdalla Osman

Leipziger Platz 8

10117 Berlin

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Südsudan

I. E. Frau Sitona Abdalla Osman

Leipziger Platz 8

10117 Berlin


Fax: 030-206 445 91 9

E-Mail: info@embassy-southsudan.de

Amnesty fordert:

  • Bitte klagen Sie Tartisio Oshini, Ayume Dada, Lado James, Ochaya Godfrey Saverio und William Endley umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung an, falls Beweise hierfür vorliegen. Stellen Sie sie bitte unverzüglich vor Gericht oder lassen Sie sie andernfalls umgehend frei.
  • Sorgen Sie bitte dringend dafür, dass die Inhaftierten weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden und Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und einem Rechtsbeistand ihrer Wahl sowie zu ihren Familienangehörigen erhalten.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass sofort eine zielführende und unparteiische Untersuchung zu der Inhaftierungspraxis des NSS durchgeführt wird, darunter auch zu Fällen von Verschwindenlassen, Tod im Gewahrsam sowie zu Folter und anderweitiger Misshandlung. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie etwaige für Straftaten Verantwortliche ohne Rückgriff auf die Todesstrafe in fairen Verfahren vor Gericht.
  • Ich möchte Sie zudem bitten, umgehend eine angemessene Wiedergutmachung für all diejenigen Personen zu gewährleisten, die ohne Anklage freigelassen wurden; hierzu zählt auch psychologische und medizinische Rehabilitation.

Sachlage

Am 10. August ließ der sudanesische Geheimdienst NSS 15 von 21 Gefangenen frei, für die sich Amnesty bereits seit einiger Zeit einsetzt. Die Männer, von denen sich manche seit fast zwei Jahren willkürlich in Haft befunden hatten, wurden ohne Anklage entlassen.

Tartisio Oshini, Ayume Dada, Lado James, Ochaya Godfrey Saverio und William Endley sind nach wie vor willkürlich in der NSS-Zentrale inhaftiert. Gegen James Gatdet wurde unter dem südsudanesischen Strafgesetzbuch von 2008 Anklage erhoben wegen "Anstiftung" zur Gewalt (Paragraf 52), "Landesverrat" (Paragraf 64), "Veröffentlichen bzw. Kommunizieren falscher Aussagen gegen den Südsudan" (Paragraf 75) und "Untergrabung der Autorität bzw. Beleidigung des Präsidenten" (Paragraf 76).

Es besteht Sorge um die körperliche und geistige Gesundheit der Inhaftierten. Den meisten von ihnen wird vorgeworfen, mit der Opposition kommuniziert bzw. die Opposition unterstützt zu haben; bis auf James Gatdet sind sie jedoch bisher nicht angeklagt worden. Ihnen wird das Recht verweigert, zeitgerecht vor Gericht gestellt zu werden und die Rechtmäßigkeit ihrer Haft anfechten zu dürfen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit Beginn des internen bewaffneten Konflikts im Südsudan im Dezember 2013 sind willkürliche Festnahmen, langandauernde Inhaftierungen und Fälle von Verschwindenlassen vermeintlicher Regierungsgegner_innen durch den südsudanesischen Geheimdienst NSS und den militärischen Geheimdienst der Armee angestiegen. Amnesty International hat zahlreiche willkürliche Inhaftierungen durch den NSS in verschiedenen Hafteinrichtungen dokumentiert, in denen die Inhaftierten häufig gefoltert und in anderer Weise misshandelt werden. Amnesty International betrachtet mit Sorge, dass neben diesen sechs inhaftierten Männern noch viele weitere Menschen nicht nur in der Zentrale des NSS in Juba, sondern auch in anderen Einrichtungen des NSS oder in militärischen Einrichtungen im gesamten Land willkürlich inhaftiert und schlechten Haftbedingungen ausgesetzt sind.

Ein Gesetz von 2014 erteilt dem NSS weitreichende Befugnisse zur Festnahme und Inhaftierung von Personen. Mechanismen zur richterlichen Überprüfung oder ausreichende Schutzmaßnahmen gegen den Missbrauch dieser Befugnisse wurden in dem Gesetz jedoch nicht festgelegt. Das Gesetz macht keine genauen Angaben über zulässige Hafteinrichtungen und garantiert keine grundlegenden Verfahrensrechte, wie zum Beispiel das Recht auf einen Rechtsbeistand oder das Recht, innerhalb eines vertretbaren Zeitraums ein Verfahren zu erhalten. Das Gesetz gibt dem NSS faktisch einen Freibrief zur Weiterführung und Ausweitung seiner langjährigen Praxis willkürlicher Inhaftierungen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

In der Zentrale des NSS im Stadtteil Jebel von Juba erhalten die Gefangenen eine einseitige Ernährung bestehend aus Bohnen und Posho (ein traditionelles Maisgericht). In der Vergangenheit hat Amnesty International Berichte erhalten, dass die Inhaftierten manchmal einen ganzen Tag lang nichts zu essen bekommen. Die meisten Gefangenen schlafen auf dem Boden. Einige berichten über Schläge, zumeist während ihrer Verhöre oder als Form der Bestrafung. Die Gefangenen dürfen pro Woche nur etwa eine Stunde an die frische Luft. Aufgrund der schlechten Haftbedingungen und des mangelnden Zugangs zu medizinischer Versorgung hat sich der Gesundheitszustand mehrerer Gefangener sehr verschlechtert. Einige von ihnen sind Berichten zufolge nicht mehr in der Lage zu laufen und zeigen Symptome wie Blut im Stuhl, im Urin und in Erbrochenem. Einige Gefangene litten bereits vor ihrer Inhaftierung an Krankheiten wie Bluthochdruck, die sich durch die Haft noch verschlechtert haben. Im Juli 2016 ist ein Insasse Berichten zufolge nach einer nicht behandelten Bandwurminfektion gestorben.