Pressemitteilung Aktuell Erfolg Italien 19. April 2024

Italien: Anklage gegen Seenotretter*innen der Iuventa-Crew endlich fallengelassen

Das Bild zeigt ein Rettungsboot im Meer, mit vielen Menschen, die Rettungswesten tragen

Mitglieder der Iuventa-Crew bei einem Rettungseinsatz im Mittelmeer (Archivbild)

Nach über sechs Jahren strafrechtlicher Ermittlung in Italien sind die Anklagen gegen vier deutsche Seenotretter*innen der Iuventa-Crew endlich fallengelassen worden. Ein Gericht im italienischen Trapani entschied heute, das Vorverfahren gegen die vier Mitglieder der Iuventa-Crew – Dariush Beigui, Sascha Girke, Kathrin Schmidt und Uli Tröder – sowie sechs weitere Menschen, die 2016 und 2017 auf den Rettungsschiffen der Organisationen "Save The Children International" und "Médicins Sans Frontières" gearbeitet hatten, einzustellen.

Amnesty International zeigt sich angesichts der heutigen Gerichtsentscheidung in Trapani erleichtert. Nach über sechs Jahren Kriminalisierung und strafrechtlicher Ermittlungen muss auch die italienische Justiz endlich klarstellen: Seenotrettung ist kein Verbrechen. Zehn Seenotretter*innen, darunter vier deutsche Staatsangehörige, wurden heute von einem italienischen Gericht von dem Vorwurf, mit Schmugglern zusammengearbeitet zu haben, freigesprochen.

Posting der Iuventa-Crew auf X (ehemals Twitter):

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Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Die Seenotretter*innen der Iuventa-Crew sind der Pflicht zur Seenotrettung nachgekommen. Es ist ein Unding, dass gegen die Crew dafür über einen Zeitraum von über sechs Jahren strafrechtlich ermittelt wurde. Für ihren Einsatz im Mittelmeer müssen sie gewürdigt, nicht angeklagt werden. Amnesty International hat die Iuventa-Crew mit dem Menschenrechtspreis 2020 ausgezeichnet – für die Rettung tausender Menschen im Mittelmeer. 

Das Schiff der Iuventa-Crew wurde bereits im August 2017 beschlagnahmt. Seit über sechs Jahren kann die Iuventa-Crew ihre wichtige Arbeit im Mittelmeer nicht fortsetzen. Europäische Regierungen müssen den Straftatbestand "Beihilfe zur irregulären Einreise" endlich anpassen, so dass humanitäre Hilfe an den europäischen Außengrenzen nicht länger kriminalisiert werden kann. Die Kriminalisierung von Seenotrettung muss ein für alle Mal beendet werden." 

Das Verfahren ist kein Einzelfall. In ganz Europa werden Menschen wegen der angeblichen "Beihilfe zur irregulären Einreise" kriminalisiert und verurteilt oder stehen noch vor Gericht. Besonders betroffen sind davon Migrant*innen selbst. So zum Beispiel die ElHiblu3 in Malta, die wegen "Terrorismus" angeklagt sind oder Homayoun Sabetara, der in Griechenland zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde.

Kathrin Schmidt, Einsatzleiterin der Iuventa-Crew, sagt: "Die heutige Entscheidung des Richters ist ein wichtiger Schritt zur Entkriminalisierung von Seenotrettung. Allerdings besteht kein Zweifel: Der Kampf für das Recht auf Bewegungsfreiheit aller ist nicht annähernd beendet. Menschen auf der Flucht sind weiterhin systematischer Repression und Masseninhaftierung ausgesetzt. Insofern gilt: Niemand ist frei, solange nicht alle frei sind."

Rettungsboot Iuventa in voller Fahrt

Die Iuventa während einer Rettungsoperation auf dem Mittelmeer (Archivaufnahme vom 7. Mai 2017)

Hintergrund zum Verfahren

Im Januar 2021 hatte die Staatsanwaltschaft von Trapani nach fast fünf Jahren Ermittlungen gegen insgesamt 21 Menschen, eine Reederei und zwei Nichtregierungsorganisationen wegen des Vorwurfs, mit Schmugglern zusammengearbeitet zu haben, Anklage erhoben. Unter den Angeklagten befinden sich vier Crewmitglieder des Rettungsschiffs Iuventa. Das Rettungsschiff der Iuventa-Crew war bereits im August 2017 beschlagnahmt worden. 

Am 21. Mai 2022 begann das Vorverfahren in Trapani, Italien. Den vier deutschen Crewmitgliedern drohten bis zu 20 Jahre Gefängnis, weil sie dabei geholfen haben, mehr als 14.000 Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Mit der heutigen Entscheidung des Richters, die Anklage fallen zu lassen, endet nach über sechs Jahren die strafrechtliche Ermittlung und das Vorgehen gegen die Seenotretter*innen.

Amnesty International in Deutschland hat die Iuventa-Crew im Jahr 2020 für ihren mutigen Einsatz im Mittelmeer mit dem Amnesty Menschenrechtspreis 2020 ausgezeichnet, der alle zwei Jahre verliehen wird.

Mehr zum Verfahren gegen die Iuventa-Crew finden Sie in dem Amnesty-Briefing 'Italy – A Slippery Slope For Human Rights: The Iuventa Case' von 2021.

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