Amnesty Report Iran 22. Mai 2009

Iran 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Iran Staatsoberhaupt: Ayatollah Sayed ’Ali Khamenei Regierungschef: Mahmoud Ahmadinedschad Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 72,2 Mio. Lebenserwartung: 70,2 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 35/34 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 82,4%

Die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit waren auch im Berichtsjahr strikten Einschränkungen durch die iranischen Behörden unterworfen. Diese gingen hart gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten wie Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsverteidiger und Befürworter von Minderheitenrechten vor. Aktivisten wurden festgenommen, inhaftiert und strafrechtlich verfolgt. Viele von ihnen mussten sich in unfairen Gerichtsverfahren verantworten, wurden mit Reiseverboten belegt oder ihre Treffen wurden aufgelöst. Folterungen und andere Misshandlungen an Häftlingen waren an der Tagesordnung und blieben ungestraft. Amnesty International erhielt Kenntnis von Berichten über gerichtlich verhängte Prügel- und Amputationsstrafen. Mindestens 346 Menschen, unter ihnen acht jugendliche Straftäter, sind nach vorliegenden Meldungen hingerichtet worden, doch war die tatsächliche Zahl vermutlich höher. Zwei Männer starben durch Steinigung.

Hintergrund

Die Unruhen unter den ethnischen Minderheiten im Iran dauerten 2008 an. Insbesondere aserbaidschanische, belutschische und kurdische Gemeinschaften klagten über Marginalisierung und Verletzungen ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen wie auch ihrer bürgerlichen und politischen Rechte.

Vorschläge der Regierung für Veränderungen des Strafgesetzbuchs u.a. Gesetze würden im Falle ihrer Ratifikation einer weiteren Aushöhlung der Menschenrechte Vorschub leisten.

Die internationalen Spannungen wegen des iranischen Programms zur Urananreicherung dauerten auch 2008 an. Im März beschloss der UN-Sicherheitsrat eine Ausweitung der in den Vorjahren gegen den Iran verhängten wirtschaftlichen und politischen Sanktionen.

Nach wie vor wurde international Kritik an Menschenrechtsverletzungen im Iran geübt. In einem Bericht vom Oktober 2008 drängte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die iranische Regierung, die Gesetze des Landes mit internationalen Standards in Einklang zu bringen, und forderte ferner ein Ende der Diskriminierung von Frauen sowie von ethnischen und religiösen Minderheiten. Im November rief die UN-Generalversammlung die Regierung auf, Schikanen, Einschüchterungsversuche und Verfolgungsmaßnahmen gegen politische Gegner und Menschenrechtsverteidiger zu beenden, dem Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren Geltung zu verschaffen und dafür Sorge zu tragen, dass die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen nicht mehr straffrei ausgehen. Ferner forderte sie die Regierung auf, UN-Menschenrechtsgremien die Einreise in den Iran zu ermöglichen.

Menschenrechtsverteidiger

Trotz Schikanen und Einschüchterungsversuchen setzten sich Menschenrechtsverteidiger weiterhin dafür ein, dass den Rechten von Frauen und ethnischen Minderheiten mehr Geltung verschafft wird und dass jugendliche Straftäter nicht mehr hingerichtet werden. Einige Menschenrechtsverteidiger wurden festgenommen, inhaftiert und auf der Grundlage vage formulierter Anklagen strafrechtlich verfolgt, anderen untersagte man, ins Ausland zu reisen.

  • Shirin Ebadi, Friedensnobelpreisträgerin und Mitbegründerin des Teheraner Zentrums für Menschenrechtsverteidiger (Centre for Human Rights Defenders – CHRD), sah sich zunehmenden Schikanen, Drohungen und Einschüchterungsversuchen durch staatliche Organe ausgesetzt. Am 29. Dezember drangen Beamte, die sich als Inspektoren des Finanzamts ausgaben, in Shirin Ebadis Büro ein und nahmen vertrauliche Akten ihrer Mandanten mit.

  • Im Dezember wurde das CHRD von Sicherheitsbeamten geschlossen. Diese Zwangsmaßnahme fand kurz vor einer Veranstaltung anlässlich des 60. Jahrestags der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte statt.

  • Emadeddin Baghi, Leiter der Vereinigung zur Verteidigung der Rechte von Gefangenen (Association for the Defence of Prisoners’ Rights – ADPR) kam im Oktober frei, nachdem er eine gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe verbüßt hatte. Wegen kritischer Äußerungen über die Todesstrafe hatte ihn ein Gericht 2003 in einem unfairen Gerichtsverfahren der "Untergrabung der nationalen Sicherheit" für schuldig befunden und ihn zu einer ursprünglich auf Bewährung ausgesetzten Gefängnisstrafe verurteilt. Nachdem ein Berufungsgericht weitere gegen Emadeddin Baghi und Mitglieder seiner Familie bestehende Anklagen, die im Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit erhoben worden waren, verworfen hatte, wurde das Verfahren zwecks weiterer Ermittlungen an ein anderes Gericht verwiesen. Daraufhin wurde im November im Zusammenhang mit seiner Arbeit für die ADPR ein weiteres Verfahren gegen Emadeddin Baghi eröffnet.

Diskriminierung von Frauen

Frauen wurden sowohl per Gesetz als auch in der Praxis diskriminiert, und wer sich für die Rechte von Frauen engagierte, wurde zur Zielscheibe staatlicher Repression. Im Parlament wurde ein Gesetzentwurf debattiert, auf dessen Grundlage Frauen der Zugang zu einer Universitätsbildung ihrer Wahl durch neue Bestimmungen bezüglich des Wohnsitzes begrenzt würde. Widersprüchliche Passagen des Gesetzentwurfs zum Thema Heirat wurden unter dem Druck von Frauenrechtlerinnen wieder gestrichen. Das Magazin Zanan (Frauen) musste sein Erscheinen einstellen, Webseiten zum Thema Frauenrechte wurden blockiert und friedliche Versammlungen von Frauenrechtsaktivistinnen wie den Mitgliedern der Kampagne für Gleichberechtigung, die ein Ende der gesetzlich verankerten Diskriminierung von Frauen fordern, wurden aufgelöst.

Im Februar berichtete die UN-Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen, ihre Ursachen und Folgen, dass die Regierung auf keine einzige Anfrage aus dem Jahr 2007 reagiert habe. Im November kritisierte die Sonderberichterstatterin den Iran wegen seiner Unterdrückung von Frauenrechtlerinnen.

Zahlreiche Personen, die sich für die Frauenrechte engagiert hatten, wurden im Berichtsjahr festgenommen, verhört und in einigen Fällen wegen ihrer friedlichen Aktivitäten vor Gericht gestellt. Bis zu zehn von ihnen wurden von Gerichten niederer Instanz zu Freiheitsstrafen verurteilt und mindestens zwei davon zu Prügelstrafen.

  • Maryam Hosseinkhah, Parvin Ardalan, Jelveh Javaheri und Nahid Kesharvarz wurden im September wegen "Verbreitung von Propaganda gegen den Staat" zu sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt, blieben jedoch bis zum Ausgang ihres Berufungsverfahrens auf freiem Fuß. Die Anklage basierte auf Artikeln, die sie für die Webseite der Kampagne für Gleichberechtigung und für die Frauenrechts-Webseite Zanestan, die 2007 von den Behörden gesperrt worden war, geschrieben hatten.

Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit

Auch 2008 unterdrückten die Behörden abweichende Meinungen, indem sie den Zugang zum Internet einschränkten, Tageszeitungen und Magazine der Studenten verboten sowie Journalisten verfolgten, deren Berichterstattung sie als kritisch ansahen. Universitätsdozenten, Gewerkschafter und Studenten, die Reformen befürworteten, waren Schikanen, Einschüchterungsversuchen und Inhaftierungen ausgesetzt.

Zahlreiche Studenten wurden von den Vorlesungen ausgeschlossen oder der Universität verwiesen, weil sie reformorientierte Gruppen oder ausgeschlossene Studenten unterstützt hatten. Andere wurden wegen Teilnahme an Demonstrationen festgenommen und inhaftiert. Bei ihnen handelte es sich vermutlich um gewaltlose politische Gefangene.

Menschen, die öffentlich in Erscheinung traten, konnten zur Zielscheibe von Schikanen und Einschüchterungen durch die Behörden werden. Tausende potenzielle Kandidaten wurden im Vorfeld der Parlamentswahlen vom März daran gehindert, sich zur Wahl zu stellen. Dabei bedienten sich die Behörden der diskriminierenden Praxis des gozinesh, einer Art Vorauswahl nach der politischen Einstellung oder der religiösen Zugehörigkeit, auf deren Grundlage die Chancengleichheit all jener Personen, die ein öffentliches Amt oder eine Stellung im öffentlichen Dienst anstreben, beeinträchtigt wird.

  • Im August verhinderten die Behörden mit Zwangsmaßnahmen eine friedliche Versammlung an einer nicht als solche gekennzeichneten Begräbnisstätte in Teheran aus Anlass des 20. Jahrestags des Beginns von Massenhinrichtungen, für die sich niemals jemand hat verantworten müssen. Mindestens drei Personen wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie an der Gedenkveranstaltung teilgenommen oder eine Teilnahme geplant hatten.

Diskriminierung und Unterdrückung von Minderheiten

Nach wie vor war der Gebrauch von Minderheitensprachen in Schulen und an Regierungsstellen verboten. Wer sich für mehr politische Teilhabe oder die Anerkennung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Minderheiten einsetzte, lief Gefahr, bedroht, festgenommen oder inhaftiert zu werden. Angehörigen von Minderheiten war der Zugang zu Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst auf der Grundlage der gozinesh-Gesetzgebung verwehrt. Viele Frauen waren überdies doppelt benachteiligt: zum einen, wenn sie einer ausgegrenzten Minderheit oder religiösen Gruppe angehörten, zum anderen, weil Frauen in solchen Gemeinschaften, etwa unter Belutschen oder Kurden, nur einen untergeordneten Status haben.

Araber

Angehörige der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi protestierten auch 2008 gegen die von ihnen geltend gemachte Diskriminierung, die insbesondere bei ihrem Zugang zu öffentlichen Mitteln spürbar wurde.

  • Ma’soumeh Ka’abi und ihre fünf Kinder wurden im Oktober 2008 von Syrien in den Iran abgeschoben und unmittelbar nach ihrer Ankunft in Haft genommen. Mit dieser Maßnahme wollte man offenbar ihren Ehemann, einen Aktivisten der Ahwazi, unter Druck setzen, aus Europa in den Iran zurückzukehren und sich den dortigen Behörden zu stellen.

Aserbaidschaner

Aserbaidschanische Aktivisten forderten weiterhin, in Gegenden, in denen vorwiegend aserbaidschanische Iraner leben, den Gebrauch der aserbaidschanisch-türkischen Sprache an Schulen und in Regierungsstellen zuzulassen. Im Zusammenhang mit Demonstrationen anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache wurden im Februar zahlreiche Personen festgenommen.

  • Vier Aktivisten wurden von September bis November 2008 unter der Anschuldigung von "Handlungen gegen die nationale Sicherheit" in Einzelhaft gehalten. Sie gehörten zu einer Gruppe von 18 Personen, die offenbar festgenommen worden waren, um einen symbolischen eintägigen Boykott an Schulen und Universitäten zu verhindern, mit dem dagegen protestiert werden sollte, dass die aserbaidschanisch-türkische Sprache dort kaum gelehrt wird. Über ihr weiteres Schicksal lagen Amnesty International keine Informationen vor.

  • Im Dezember 2008 verurteilte ein Gericht in Ardebil Asgar Akbarzadeh zu fünf Jahren Freiheitsentzug, die in der Provinz Sistan-Belutschistan zu verbüßen seien. Die Anklage hatte auf Bildung einer illegalen politischen Partei, Ausfertigung und Verteilung "pan-türkischer" Dokumente, Teilnahme an aserbaidschanischen Kulturveranstaltungen wie der Aufführung aserbaidschanischer Volkstänze sowie der Versendung von Informationen an Menschenrechts-Webseiten gelautet.

Belutschen

In belutschischen Gebieten kam es sporadisch zu Zusammenstößen zwischen der Widerstandsbewegung des Iranischen Volks (People’s Resistance Movement of Iran – PRMI), einer auch unter dem Namen Jondallah bekannten bewaffneten Gruppe, und der Regierung. Im Juni nahm diese Gruppe 15 oder 16 iranische Grenzwachen gefangen. Eine von ihnen kam wieder frei, doch alle anderen wurden bis Oktober von der PRMI getötet. Die Behörden gingen hart gegen vermeintliche Mitglieder und Unterstützer der PRMI vor.

  • Ya’cub Mehrnehad, der sich für die kulturellen und bürgerlichen Rechte der Belutschen einsetzte und Mitglied der Organisation Stimme der Gerechtigkeit der Gesellschaft junger Menschen (Voice of Justice Young People’s Society) war, wurde im August 2008 hingerichtet. Nach kritischen Äußerungen über die Behörden hatte man ihn festgenommen und nach vorliegenden Meldungen gefoltert. Den Beistand eines Rechtsanwalts hatte man ihm verwehrt. Ein Gericht in Zahedan befand ihn nach einem grob unfairen Prozess für schuldig, Verbindungen zur Jondallah unterhalten zu haben.

Kurden

Angehörige der bewaffneten Gruppe Partei für ein freies Leben in Kurdistan, die unter dem kurdischen Akronym PJAK bekannt ist, gingen auch 2008 mit Angriffen gegen Regierungskräfte vor. Zahlreiche in Haft genommene Kurden waren der Zugehörigkeit oder der Unterstützung der PJAK angeklagt. Einige von ihnen, beispielsweise der Lehrer Farzad Kamangar, der die Anschuldigung zurückwies und Folterungen ausgesetzt war, wurden nach unfairen Gerichtsverfahren hingerichtet.

Befürworter einer größeren Anerkennung der kurdischen Sprache und Kultur sowie anderer Rechte wurden festgenommen und nach unfairen Gerichtsverfahren zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Trotz der gleichbleibend hohen Zahl von Fällen, in denen Frauen, die offenbar familiären Gewaltakten ausgesetzt waren, sich selbst in Brand setzten und vielfach an den Folgen verstarben, unternahmen die Behörden keine hinreichenden Maßnahmen, um dieses seit langem bestehende Problem anzugehen und Frauen davor zu schützen.

Von August bis Oktober 2008 traten mehr als 50 Gefangene in einen Hungerstreik, um gegen die Verhängung der Todesstrafe gegen kurdische politische Gefangene zu protestieren und um ihren Forderungen nach Respektierung der Bürgerrechte von kurdischen Gefangenen Nachdruck zu verleihen.

  • Der seit Juli 2007 inhaftierte Mohammad Sadiq Kabudvand, Gründer und Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation von Kurdistan, wurde im Mai in einem unfairen Gerichtsverfahren der "Propaganda gegen das System" und "Handlungen gegen die Staatssicherheit durch Gründung einer Menschenrechtsorganisation von Kurdistan" für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ein Berufungsgericht hob die einjährige Freiheitsstrafe wegen "Propaganda gegen das System" auf, bestätigte jedoch die zweite zehnjährige Haftstrafe. Über einen langen Zeitraum hinweg verwehrte man ihm Besuche seiner Familie und seines Anwalts, und auch eine notwendige medizinische Behandlung wurde lange hinausgezögert.

Turkmenen

Nachdem Ende 2007 Angehörige der zu Wasser operierenden Sicherheitskräfte unweit von Bandar-e-Torkman einen jungen turkmenischen Fischer getötet hatten, kam es im Januar 2008 zu Protesten, in deren Verlauf Hunderte Angehörige der turkmenischen Minderheit festgenommen wurden. Die für den Tod des jungen Manns Verantwortlichen wurden jedoch offenbar bis Ende 2008 nicht vor Gericht gestellt. Mindestens sechs Schulkinder unter 15 Jahren wurden von den Behörden bis zu zwölf Tage lang in Gewahrsam gehalten und Berichten zufolge gefoltert. Sie erhielten u.a. Schläge, wurden mit einem Gegenstand vergewaltigt und mit Elektroschocks traktiert.

Religiöse Minderheiten

Nach wie vor waren die Angehörigen einiger religiöser Minderheiten Diskriminierung, Schikanen, willkürlichen Festnahmen und der Beschädigung von Gemeindeeigentum ausgesetzt. Mehrere Personen, die vom Islam zu anderen Religionen konvertiert waren, wurden festgenommen. Weitere vor 2008 verhaftete Konvertiten mussten sich vor Gericht verantworten. Mindestens zwei von ihnen wurden vom Vorwurf des Abfalls vom Glauben freigesprochen, und auch die übrigen kamen während des Berichtsjahrs schließlich frei. Anhängern der Glaubensrichtung der Baha’i blieb weiterhin der Zugang zu höherer Bildung verwehrt, und einige von den Baha’i als heilig angesehene Bauten wurden zerstört. Führende und andere Angehörige des Sufi-Ordens von Gonabad wurden schikaniert und festgenommen. Mindestens drei sunnitische Geistliche wurden unter ungeklärten Umständen getötet. Andere sunnitische Geistliche wurden in Gewahrsam genommen und zwei von ihnen hingerichtet. Im August wurde in Belutschistan ein Seminar für sunnitische Geistliche zerstört. Schulleiter waren verpflichtet, den örtlichen Sicherheitsbehörden zu melden, ob an ihren Schulen Angehörige "subversiver Sekten" wie der Baha’i, Ali-Allahi und Ahl-e Haq unterrichtet werden.

  • Im März und Mai 2008 wurden insgesamt sieben Gemeindevorsitzende der Baha’i von Vertretern des Geheimdienstministeriums festgenommen. Im August klagte man sie wegen vage formulierter Straftaten gegen die nationale Sicherheit an. Bei allen sieben handelte es sich um gewaltlose politische Gefangene.

  • Ayatollah Hossein Kazemeyni Boroujerdi, ein der Regierung gegenüber kritisch eingestellter Geistlicher, blieb bei schlechter Gesundheit inhaftiert. Er verbüßte eine nach einem unfairen Gerichtsverfahren vom Sondergericht für die Geistlichkeit im August 2007 gegen ihn verhängte elfjährige Freiheitsstrafe. Teil seiner Strafe war auch eine innerstaatliche Exilverfügung, so dass man ihn im November von Teheran nach Yazd verlegte.

Justizsystem

Zahlreiche Regierungskritiker wurden 2008 festgenommen, oftmals durch zivil gekleidete Beamte, die sich in keiner Weise ausgewiesen hatten. Einige von ihnen wurden über lange Zeiträume hinweg ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, so dass ihr Fall einer Kontrolle durch die Gerichte entzogen war; sie sollen gefoltert oder in anderer Weise misshandelt worden sein. Ferner verwehrte man ihnen den Zugang zu ihren Familien und Rechtsanwälten. Andere wurden nach unfairen Prozessen zu Freiheitsstrafen verurteilt oder verbüßten in früheren Jahren verhängte Urteile.

  • Die Brüder Arash und Kamiar Alaei, beide auf die Verhütung und Behandlung von HIV/AIDS spezialisierte Ärzte, wurden im Juni 2008 festgenommen und ohne Anklage inhaftiert. Grund waren möglicherweise ihre Verbindungen zu nichtstaatlichen Organisationen mit Sitz in den USA sowie ihre Kritik an den HIV/AIDS-Programmen der iranischen Regierung. Ihnen drohte ein unfaires Gerichtsverfahren unter der Anklage der "Kooperation" mit "Feinden der Regierung" sowie wegen des Versuchs, die iranische Regierung zu stürzen. Bei dem Prozess, der am 31. Dezember eröffnet wurde, berichtete der Anklagevertreter dem Gericht, ihm lägen zusätzliche, geheime Beweismittel vor. Der Rechtsanwalt der Brüder hatte jedoch keine Möglichkeit, diese zu widerlegen, weil die Anklage sie nicht offenlegte.

  • Mansour Ossanlu, Vorsitzender der nicht offiziell anerkannten Gewerkschaft der Teheraner Busbetriebe, verbüßte weiterhin die wegen seiner friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten gegen ihn verhängte fünfjährige Gefängnisstrafe, nachdem ein Berufungsgericht im Oktober 2007 das Urteil bestätigt hatte. Der gewaltlose politische Gefangene war in gesundheitlich schlechter Verfassung und musste einige Zeit auf die notwendige medizinische Behandlung warten.

Folter und andere Misshandlungen

Folterungen und Misshandlungen von Gefangenen waren an der Tagesordnung. Vorschub geleistet wurde Folterungen dadurch, dass man Inhaftierte lange in Untersuchungshaft hielt und ihnen den Kontakt zu ihren Familien und Anwälten verweigerte. Zudem konnten die Täter davon ausgehen, nicht strafrechtlich verfolgt zu werden. Mindestens vier Personen sollen 2008 in der Haft gestorben sein. Weder zu diesen Todesfällen, noch zu den zwei Fällen des Vorjahres wurden nach Kenntnis von Amnesty International unabhängige Ermittlungen eingeleitet.

  • Abdolreza Rajabi, Unterstützer der verbotenen Organisation der Volksmudschaheddin im Iran, der seit 2001 inhaftiert war, starb im Oktober 2008 in Gewahrsam. Berichten zufolge wurde er möglicherweise gefoltert.

Grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen

2008 verhängten Gerichte Prügel- und Amputationsstrafen, die auch vollstreckt wurden.

  • Amir Ali Mohammad Labaf, ein führender Sufi aus Gonabad, soll im November 2008 von einem Gericht im Qom wegen "Verbreitung von Lügen" zu fünf Jahren Haft, Auspeitschung und Zwangsexilierung nach Babak verurteilt worden sein.

Todesstrafe

Mindestens 346 Menschen wurden 2008 im Iran hingerichtet, unter ihnen mindestens acht jugendliche Straftäter, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt waren. Da die Regierung jedoch die Berichterstattung über Hinrichtungen beschränkte, lagen die tatsächlichen Zahlen vermutlich höher. Menschen wurden für ein breites Spektrum von Straftaten hingerichtet, darunter Mord, Vergewaltigung, Drogenschmuggel und Korruption. Entgegen völkerrechtlichen Bestimmungen waren 133 jugendliche Straftäter von der Hinrichtung bedroht. Viele iranische Menschenrechtsverteidiger setzten sich für eine Beendigung dieser Praxis ein. Die Regierung versuchte, Hinrichtungen wegen Mordes damit zu rechtfertigen, dass es sich hier um qesas (Vergeltung) handele, und nicht um ’edam (Hinrichtung), doch wird diese Unterscheidung von internationalen Menschenrechtsabkommen nicht anerkannt. Im Januar debattierte das Parlament über ein neues Gesetz, das für die Produktion pornografischer Videos die Todes- oder Prügelstrafe und für "Abfall vom Glauben" die Todesstrafe vorsieht. Bis Jahresende hatte dieses Gesetz jedoch noch keine Rechtskraft erlangt.

Im Januar ordnete die oberste Justizautorität an, dass in den meisten Fällen Hinrichtungen nicht mehr öffentlich vollzogen werden sollen. Im August erklärten Vertreter der Justiz, dass Hinrichtungen durch Steinigung ausgesetzt worden seien. Es befanden sich bei Jahresende jedoch noch immer mindestens zehn Personen in den Todeszellen des Landes, die zum Tod durch Steinigung verurteilt worden waren. Im Dezember wurden zwei Männer durch Steinigung hingerichtet. Im Dezember votierte der Iran gegen eine Resolution der UN-Generalversammlung für ein weltweites Hinrichtungsmoratorium.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Nach wie vor beherbergte der Iran etwa 1 Mio. Flüchtlinge, von denen die meisten aus Afghanistan ins Land gekommen waren. Regierungsangaben zufolge hielten sich schätzungsweise 1 Mio. weitere Personen illegal im Iran auf.

  • Mindestens zwölf afghanische Staatsangehörige, die offenbar vom Iran nach Afghanistan zurückkehren wollten, wurden im April unter ungeklärten Umständen von Angehörigen der iranischen Grenzpolizei erschossen.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Mehr als 50 Schreiben von Amnesty International an die iranischen Behörden blieben unbeantwortet. Die Behörden weigerten sich, auch nur die Möglichkeit eines Besuchs von Amnesty International in Betracht zu ziehen.

Iran: End executions by stoning (MDE 13/001/2008) Iran: Women’s rights defenders defy repression (MDE 13/018/2008) Iran: Human rights abuses against the Kurdish minority (MDE 13/088/2008)

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Iran Amnesty Report

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