Schwerpunkte 05. April 2022

Menschenrechtspreisträger 2022: Äthiopischer Menschenrechtsrat (EHRCO)

Etwa 14 Menschen sitzen und stehen als Gruppe hinter einem Tisch. Sie haben alle gelbe Warnwesten an.

Mitarbeiter_innen des Äthiopischen Menschenrechtsrates (EHRCO) in ihrem Büro in Addis Abeba.

Der Äthiopische Menschenrechtsrat (Ethiopian Human Rights Council, EHRCO) ist Preisträger des Menschenrechtspreises 2022 von Amnesty International Deutschland. Die Auszeichnung wird für den selbstlosen und mit persönlichen Gefahren verbundenen Einsatz für die Menschenrechte in Äthiopien verliehen.

Der EHRCO wurde 1991 als unabhängige, gemeinnützige und unparteiische Nichtregierungsorganisation gegründet. Er ist damit die älteste unabhängige Menschenrechtsorganisation des Landes.

Der EHRCO hat es sich zum Ziel gesetzt, die Achtung der Menschenrechte, den Aufbau eines demokratischen Systems und die Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien zu fördern.

Zentraler Tätigkeitsbereich sind Untersuchungen und Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien. Außerdem bietet der EHRCO Menschenrechtsbildung für zivilgesellschaftliche sowie staatliche Akteur_innen an. Opfer von Menschenrechtsverletzungen können kostenlosen Rechtsbeistand vom EHRCO erhalten, der auch als Beobachter an Prozessen teilnimmt. Zudem hat die Organisation einen Beobachterstatus bei der Afrikanischen Union.

Heute beschäftigt der EHRCO 33 Angestellte, die sich gemeinsam mit Ehrenamtlichen auf aktuell acht Außenstellen und den Hauptsitz in Addis Abeba verteilen.

Der EHRCO finanziert seine Arbeit neben kleinen Mitgliedsbeiträgen vor allem durch Gelder von ausländischen Projektorganisationen.

Dan Yirga Haile ist Jurist und Menschenrechtsverteidiger und arbeitet seit 2006 für den EHRCO. Er leitet die Organisation als Geschäftsführender Direktor seit 2020.

 

Repressionen und Schikane

Für die Aktivist_innen des EHRCOs war Menschenrechtsarbeit über Jahrzehnte nur unter schwierigsten Bedingungen möglich: Ihre Konten wurden eingefroren. Die Menschenrechtsverteidiger_innen erlebten willkürliche Inhaftierungen, körperliche Gewalt und, wie im Fall des 1997 erschossenen Vorstandsmitglieds Assefa Maru, sogar außergerichtliche Tötungen.

Erst mit dem Amtsantritt des amtierenden Premierministers Abiy Ahmed im Jahr 2018 besserten sich die Arbeitsbedingungen. Doch die Hoffnung auf eine langfristig positive Entwicklung wurde schnell getrübt: Auf den seit 2020 währenden Konflikts in Nordäthiopien, reagiert die Regierung landesweit mit Unterdrückung und Gewalt. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurde immer weiter eingeschränkt. Menschenrechtsorganisationen und Journalist_innen stehen unter Beobachtung.

Der EHRCO musste die Außenstelle in der Region Tigray schließen, die Mitarbeitenden müssen in ihren Formulierungen und Handlungen sehr genau prüfen, nicht als Regierungsgegner verstanden zu werden, weil sonst Inhaftierung und weitere Repressionen drohen. Gleichzeitig ist seine unabhängige Menschenrechtsarbeit vor dem Hintergrund des aktuellen bewaffneten Konflikts unverzichtbar. Der EHRCO ist die Stimme der Menschenrechte in Äthiopien.

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