Drohende Abschiebung

Syrisches Flüchtlingscamp in Suruc, Türkei

Syrisches Flüchtlingscamp in Suruc, Türkei

Den beiden palästinensischen Flüchtlingen Ali Fares und Mohammed Fares und dem syrischen Flüchtling Abdalsalam Sakal droht weiterhin die Abschiebung. Sie befinden sich seit dem 22. September in Haft. Der Zugang zu einem Rechtsbeistand wurde ihnen bereits mehrmals verwehrt.

Appell an

INNENMINISTER
Mr Selami Altınok
İçişleri Bakanlığı
Bakanlıklar
Ankara, TÜRKEI
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 90) 312 425 85 09
E-Mail: ozelkalem@icisleri.gov.tr

GENERALDIREKTION FÜR MIGRATIONSSTEUERUNG
Mr Atilla Toros
Director General, Lalegül Çamlıca Mahallesi 122. Sokak
No:2/3 06370, Yenimahalle
Ankara, TÜRKEI
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)
Fax: (00 90) 312 422 09 00 oder (00 90) 312 422 09 99
E-Mail: gocidaresi@goc.gov.tr

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER MENSCHENRECHTSINSTITUTION
Dr. Hikmet Tülen
Yüksel Caddesi No. 23, Kat 3, Yenişehir
06650 Ankara, TÜRKEI
Fax: (00 90) 312 422 29 96

BOTSCHAFT DER REPUBLIK TÜRKEI
S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioğlu
Tiergartenstr. 19-21
10785 Berlin
Fax: 030-275 90 915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. Dezember 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stoppen Sie umgehend die Abschiebung von Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal und lassen Sie die drei Männer frei.

  • Gewähren Sie Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal umgehenden und uneingeschränkten Zugang zu rechtlichem Beistand.

  • Bitte gewähren Sie Ali Fares, Mohammed Fares and Abdalsalam Sakal internationalen Schutz in Übereinstimmung mit dem Ausländer- und Asylgesetz der Türkei.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Turkish authorities to halt the deportation of Ali Fares, Mohammed Fares and Abdalsalam Sakal and release them.

  • Calling on them to ensure Ali Fares, Mohammed Fares and Abdalsalam Sakal have immediate and unfettered access to legal representation.

  • Calling on them to grant Ali Fares, Mohammed Fares and Abdalsalam Sakal international protection according to the terms of Turkey’s Law on Foreigners and International Protection.

Sachlage

Am 21. Oktober wurden Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal aus dem Abschiebelager Aşkale in Erzurum im Osten der Türkei in eine Verwaltungshafteinrichtung in der Zentrale der Polizeibehörde von Ankara verlegt. Bei ihrer Ankunft wurden sie dazu aufgefordert, ein Formular bezüglich ihrer "freiwilligen" Rückkehr nach Syrien zu unterzeichnen. Die drei Männer verweigerten dies jedoch. Am 23. Oktober erlaubte man der Lebenspartnerin von Ali Fares, ihn in Haft zu besuchen. Mohammed Fares erhielt am selben Tag die Erlaubnis, seine Mutter zu sehen. Sie alle trafen sich zusammen mit einer Anwältin der Refugee Rights Turkey, einer NGO mit Sitz in Istanbul.

Refugee Rights Turkey teilte Amnesty International mit, dass die Behörden der Anwältin die Erlaubnis erteilt hatten, die Flüchtlinge am Morgen des 23. Oktober zu besuchen. Zudem bestätigte die NGO, dass es wirksame Abschiebungsanordnungen gegen die drei Männer gäbe. Die Behörden verweigerten der Anwältin jedoch aufgrund einer fehlenden Vollmacht den Zugang zu den Akten und Abschiebungsanordnungen der Flüchtlinge. Sie besuchte das Abschiebelager anschließend erneut zusammen mit einem Notar, um sich bevollmächtigen zu lassen. Die Behörden verweigerten jedoch Originale oder Kopien der Ausweispapiere der Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, die für eine Bevollmächtigung nötig sind. Damit missachten die Behörden das Recht der Flüchtlinge auf einen Rechtsbeistand und verstoßen gegen das türkische Gesetz. Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal wurde bereits zuvor drei Mal der Zugang zu einem Rechtsbeistand verwehrt.

Nachdem die NGO Refugee Rights Turkey einen entsprechenden Antrag eingereicht hatte, gewährte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 26. Oktober vorläufige Maßnahmen, um die Abschiebung der drei Flüchtlinge bis zum 17. November zu verhindern, weil ihnen der Zugang zu einem Rechtsbeistand und zu innerstaatlichen Rechtsbehelfen verweigert wurde.

Das Recht von Flüchtlingen und Asylsuchenden auf Zugang zu einem rechtlichen und notariellem Beistand ist im Ausländer- und Asylgesetz der Türkei verankert. Das türkische Gesetz garantiert zudem das Recht, Rechtsmittel gegen eine Abschiebungsanordnung vor den Verwaltungsgerichten einlegen zu können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die beiden palästinensischen Flüchtlinge Ali Fares und Mohammed Fares, die aus Syrien in die Türkei eingereist waren, und der syrische Flüchtling Abdalsalam Sakal sind während einer Demonstration von syrischen Flüchtlingen am zentralen Busbahnhof in Istanbul festgenommen worden. Die Demonstrierenden forderten, zu der türkischen Grenzstadt Edirne weiterreisen zu dürfen, um von dort aus Griechenland zu erreichen. Ali Fares und Mohammed Fares (nicht miteinander verwandt) sind palästinensische Flüchtlinge, die ehemals im Irak gewohnt haben, jedoch vor zehn Jahren nach dem Irakkrieg nach Syrien geflohen waren. Sie sind beide beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten registriert.

Die drei Flüchtlinge wurden am 22. September zusammen mit zwei Aktivist_innen aus Frankreich und Deutschland inhaftiert, die jedoch bereits wegen Verstößen gegen das Gesetz über Zusammenkünfte und Demonstrationen zurück in ihre Herkunftsländer abgeschoben wurden. Die Anordnung zur Ausweisung und Verwaltungshaft der drei Flüchtlinge wurde am 22. September gemäß Artikel 54 des türkischen Ausländer- und Asylgesetzes erlassen. In der Anordnung wird nicht angegeben, in welches Land die Flüchtlinge abgeschoben werden, es wird jedoch festgehalten, dass sie einen Monat in Verwaltungshaft festgehalten werden können. Man hat Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal anschließend in ein Abschiebelager im Istanbuler Bezirk Kumkapı gebracht, von wo aus sie in das Abschiebelager Aşkale in Erzurum im Osten der Türkei verlegt worden waren. Anschließend wurden sie in eine Verwaltungshafteinrichtung in der Zentrale der Polizeibehörden von Ankara gebracht, wo sie sich auch derzeit noch befinden.

Am 2. Oktober besuchte eine Anwältin der NGO Refugee Rights Centre das Abschiebelager im Istanbuler Bezirk Kumkapı. Der Zugang zu den drei Flüchtlingen wurde ihr jedoch verwehrt. Am nächsten Morgen erhielt die Anwältin einen Anruf der drei Flüchtlinge. Sie teilten ihr mit, dass man sie in das Abschiebelager in der Provinz Erzurum bringen werde. Am 16. Oktober besuchte der Leiter der Zweigstelle der türkischen NGO Menschenrechtsverein (İHD) in Erzurum zusammen mit einem Rechtsbeistand das Abschiebelager Aşkale in Erzurum, um Ali Fares, Mohammed Fares und Abdalsalam Sakal zu besuchen. Beamt_innen des Abschiebelagers teilten ihnen mit, dass die drei Männer sich dort befänden, verweigerten dem Rechtsbeistand jedoch, die Männer zu sehen, da ein Treffen nur mit Erlaubnis des Generaldirektors für Migrationssteuerung möglich sei. Am 20. Oktober verwehrten Beamt_innen des Abschiebelagers der Mutter von Mohammed Fares den Zugang zu ihrem Sohn und bestätigten nicht, dass ihr Sohn sich dort befindet.

Aufgrund der andauernden Konflikte sowohl in Syrien als auch im Irak sollten weder syrische noch irakische Flüchtlinge in diese Länder abgeschoben werden, da sie dort dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wären. Dies ist als Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement) bekannt. Verstöße gegen diesen Grundsatz können auf verschiedene Weise erfolgen. Einen direkten Verstoß stellt beispielsweise eine Abschiebung in das Herkunftsland dar. Ein indirekter Verstoß liegt vor, wenn Flüchtlingen z. B. der Zugang zu einem Gebiet oder zu einem fairen und zufriedenstellenden Asylverfahren verwehrt wird. Auch das Ausüben von Druck auf Flüchtlinge, um diese zu einer Rückkehr in ein Gebiet zu zwingen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheiten gefährdet sind, stellt einen indirekten Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung dar. Dieses Vorgehen ist als faktisches Refoulement bekannt und gemäß Völkerrecht verboten, welches bindend für die Türkei ist.

Das Recht von Flüchtlingen und Asylsuchenden auf Zugang zu einem rechtlichen und notariellen Beistand ist im Ausländer- und Asylgesetz der Türkei verankert. Paragraf 59/1-b besagt: "Ausländerinnen und Ausländern soll der Zugang und die Möglichkeit zu einem Treffen mit Angehörigen, einem Notar oder einer Notarin und Rechtsbeiständen sowie der Zugang zu Telefondiensten gewährt werden." Zudem besagt Paragraf 68/8: "Einer Person, die sich in Verwaltungshaft befindet, soll der Zugang zu einem Rechtsbeistand, einem Notar oder einer Notarin und Beamt_innen des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge gewährt werden."