Weiter drohende Inhaftierung

Regenbogenfahne

Regenbogenfahne

Ein Student, der in Tunesien wegen homosexueller Beziehungen zur einem Jahr Haft verurteilt wurde, ist am 5. November gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Ein von ihm eingelegtes Rechtsmittel ist noch anhängig und er könnte erneut inhaftiert werden.

Appell an

JUSTIZMINISTER
Farhat Horchani
31, Boulevard Bab Benat
1006 Tunis
TUNESIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 561 804
E-Mail: mju@ministeres.tn

PRÄSIDENT
Béji Caïd Essebsi
Presidential Palace
Carthage, Tunis
TUNESIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 744 721
E-Mail: contact@carthage.tn

Sende eine Kopie an

PARLAMENTSSPRECHER
President Mohamed Naceur
Assembly of the Representatives of the People
Bardo 2000
Tunis
TUNESIEN
Fax: (00 216) 71 514 608

BOTSCHAFT DER TUNESISCHEN REPUBLIK
Frau Hayet Talbi ép. Bilel
Geschäftsträgerin a.i., Botschaftsrätin
Lindenallee 16
14050 Berlin
Fax: 030-3082 06 83
E-Mail: at.berlin@tunesien.tn

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Dezember 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Ein 22-jähriger Student, der unter dem Pseudonym "Marwan" bekannt ist, wurde am 5. November gegen Hinterlegung einer Kaution in Höhe von 500 Dinar (etwa 230 Euro) aus der Haft entlassen. Er war am 22. September vom erstinstanzlichen Gericht in Sousse wegen homosexueller Handlungen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Die Verurteilung erfolgte auf der Grundlage von Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs, der gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellt.

Die erste Anhörung zu einem von Marwan gegen seine Verurteilung eingelegten Rechtsmittel fand am 5. November statt. Laut seinem Rechtsbeistand kam der Richter einem Antrag des Studenten nach, mit dem er seine Freilassung gefordert hatte, um die letzten Prüfungen seines Studiums abzulegen. Marwan wurde noch am selben Tag nach Hinterlegung einer Kaution aus der Haft entlassen. Sein Rechtsmittelverfahren ist weiterhin anhängig und der nächste Gerichtstermin findet am 10. Dezember statt.

Amnesty International ist der Auffassung, dass die Inhaftierung einer Person aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen zwischen Erwachsenen eine schwere Menschenrechtsverletzung darstellt. Jede Person, die auf dieser Grundlage inhaftiert ist, wird als gewaltlose politische Gefangene betrachtet und muss sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Die Kriminalisierung von einvernehmlichen sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen des gleichen Geschlechts ist diskriminierend und stellt sowohl einen Verstoß gegen die tunesische Verfassung als auch gegen Tunesiens menschenrechtliche Verpflichtungen auf der Grundlage zahlreicher Abkommen dar.

[SCHREIBEN SIE BITTE ]

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das gegen Marwan verhängte Urteil aufgehoben wird.

  • Bitte heben sie Paragraf 230 des Strafgesetzbuchs auf, der gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe stellt.

[APPELLE AN]

JUSTIZMINISTER
Farhat Horchani
31, Boulevard Bab Benat
1006 Tunis
TUNESIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 561 804
E-Mail: mju@ministeres.tn

PRÄSIDENT
Béji Caïd Essebsi
Presidential Palace
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Fax: (00 216) 71 744 721
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Geschäftsträgerin a.i., Botschaftsrätin
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Fax: 030-3082 06 83
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Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Dezember 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Polizei von Hammam-Sousse hatte Marwan am 6. September vorgeladen, nachdem man seine Telefonnummer auf dem Telefon eines Mannes gefunden hatte, der ermordet worden war. Während des Verhörs wurde Marwan über seine Beziehung zu diesem Mann befragt. Laut Angaben seines Rechtsbeistands gab Marwan zu, eine homosexuelle Beziehung mit dem Mann gehabt zu haben. Zuvor sollen Angehörige der Polizei ihn ins Gesicht geschlagen und gedroht haben, ihn auszuziehen, zu vergewaltigen und wegen Mordes anzuklagen, wenn er nicht gestehe.

Auf Anordnung des Gerichts wurde Marwan am 11. September in der gerichtsmedizinischen Abteilung des Farhat-Hached-Krankenhauses von Sousse einer Analuntersuchung unterzogen, um einen "Beweis" dafür zu erhalten, dass er Analsex praktiziert hatte. Der Rechtsbeistand von Marwan gab an, sein Mandant sei durch die Anwesenheit von Polizist_innen vor dem Untersuchungsraum eingeschüchtert gewesen. Zudem wusste Marwan nicht, dass er der Untersuchung widersprechen konnte, die er als erniedrigend empfand.

Nach Auffassung von Amnesty International gibt es keine wissenschaftliche Grundlage für derartige Analuntersuchungen. Gegen den Willen der Betroffenen durchgeführte Untersuchungen im Analbereich verstoßen gegen das im Völkerrecht festgeschriebene absolute Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen oder Strafen.

Amnesty International hat Kenntnis von Vorfällen, die belegen, dass die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen auf der Grundlage von Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs Gewalt gegen Schwule, Lesben, Transgeschlechtliche und Intersexuelle in Tunesien fördert. So entsteht ein gesellschaftliches Klima, in dem homophobe und transphobe Verbrechen akzeptiert werden. Das führt dazu, dass Überlebende von derartigen Verbrechen diese nicht zur Anzeige bringen, weil sie Angst vor Verfolgung haben.

Der UN-Menschenrechtsausschuss, der die Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) bewertet und überwacht, hat bestätigt, dass Staaten die Verpflichtung haben, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität (Artikel 2 und 26 des IPbpR) zu verbieten. Zudem müssen die Vertragsstaaten das Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 19) und das Recht auf Schutz vor willkürlichen Eingriffen in das Privatleben (Artikel 17) sowie das Recht auf Gewissensfreiheit (Artikel 18) respektieren.