Wegen Homosexualität in Haft

Demonstration von Amnesty-Aktivistinnen und Aktivisten in Tunesien: Die Verfassung muss grundlegende Menschenrechte garantieren

Demonstration von Amnesty-Aktivistinnen und Aktivisten in Tunesien: Die Verfassung muss grundlegende Menschenrechte garantieren

Ein Student ist in Tunesien wegen homosexueller Beziehungen zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Er wurde gezwungen, sich einer analen Untersuchung zu unterziehen, um zu "beweisen", dass er Analsex hatte. Der Student hat gegen die Verurteilung Rechtsmittel eingelegt.

Appell an

JUSTIZMINISTER
Mohamed Salah Ben Aissa
31, Boulevard Bab Benat
1006 Tunis
TUNESIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 561 804
E-Mail: mju@ministeres.tn

PRÄSIDENT
Béji Caïd Essebsi
Presidential Palace
Carthage, Tunis
TUNESIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 744 721
E-Mail: contact@carthage.tn

Sende eine Kopie an

PARLAMENTSSPRECHER
President Mohamed Naceur
Assembly of the Representatives of the People
Bardo 2000
Tunis
TUNESIEN
Fax: (00 216) 71 514 608
E-Mail: anc@anc.tn

BOTSCHAFT DER TUNESISCHEN REPUBLIK
Frau Hayet Talbi ép. Bilel
Geschäftsträgerin a.i., Botschaftsrätin
Lindenallee 16
14050 Berlin
Fax: 030-3082 06 83
E-Mail: at.berlin@tunesien.tn

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. November 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Sachlage

Ein 22-jähriger Student, der unter dem Pseudonym "Marwan" bekannt ist, wurde am 22. September vom erstinstanzlichen Gericht in Sousse wegen homosexueller Handlungen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Verurteilung erfolgte auf der Grundlage von Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs, der gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellt. Die Polizei von Hammam-Sousse hatte Marwan am 6. September vorgeladen, nachdem man seine Telefonnummer auf dem Telefon eines Mannes gefunden hatte, der ermordet worden war. Während des Verhörs wurde Marwan über seine Beziehung zu diesem Mann befragt. Laut Angaben seines Rechtsbeistands gab Marwan zu, eine homosexuelle Beziehung mit dem Mann gehabt zu haben. Zuvor sollen Angehörige der Polizei ihn ins Gesicht geschlagen und gedroht haben, ihn auszuziehen, zu vergewaltigen und wegen Mordes anzuklagen, wenn er nicht gestehe.

Auf Anordnung des Gerichts wurde Marwan am 11. September in der gerichtsmedizinischen Abteilung des Farhat-Hached-Krankenhauses von Sousse einer Analuntersuchung unterzogen, um einen "Beweis" dafür zu erhalten, dass er Analsex praktiziert hatte. Der Rechtsbeistand von Marwan gab an, sein Mandant sei durch die Anwesenheit von Polizist_innen vor dem Untersuchungsraum eingeschüchtert gewesen. Zudem wusste Marwan nicht, dass er der Untersuchung widersprechen konnte, die er als erniedrigend empfand. Nach Auffassung von Amnesty International gibt es keine wissenschaftliche Grundlage für derartige Analuntersuchungen. Gegen den Willen der Betroffenen durchgeführte Untersuchungen im Analbereich verstoßen gegen das im Völkerrecht festgeschriebene absolute Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen oder Strafen.

Amnesty International ist der Auffassung, dass die Inhaftierung einer Person aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen zwischen Erwachsenen eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Jede Person, die auf dieser Grundlage inhaftiert ist, wird als gewaltlose politische Gefangene betrachtet und muss sofort und bedingungslos freigelassen werden.

[SCHREIBEN SIE BITTE ]

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sprechen Sie sich dafür aus, dass das gegen Marwan verhängte Urteil aufgehoben wird.

  • Zudem bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass Marwan sofort und bedingungslos freigelassen wird.

  • Bitte heben sie Paragraf 230 des Strafgesetzbuchs auf, der gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe stellt.

[APPELLE AN]

JUSTIZMINISTER
Mohamed Salah Ben Aissa
31, Boulevard Bab Benat
1006 Tunis
TUNESIEN
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Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Fall von Marwan hat in der tunesischen Zivilgesellschaft beispielloses Aufsehen erregt und dafür gesorgt, dass sich viele Menschen gegen die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und gegen anale Zwangsuntersuchungen ausgesprochen haben. Sogar der tunesische Justizminister Mohamed Salah Ben Aissa hat am 28. September überraschend eingeräumt, dass Paragraf 230 gegen persönliche Freiheiten und Wahlmöglichkeiten verstoße, darunter auch im Bereich der Sexualität, sowie gegen das Recht auf Privatleben, das in der neuen im Januar 2014 verabschiedeten tunesischen Verfassung festgeschrieben ist. Der Minister erklärte außerdem, dass Paragraf 230 aufgehoben werden müsse und forderte die Zivilgesellschaft auf, sich dafür einzusetzen.

Die Kriminalisierung von einvernehmlichen sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen des gleichen Geschlechts ist diskriminierend und stellt sowohl einen Verstoß gegen die tunesische Verfassung als auch gegen Tunesiens menschenrechtliche Verpflichtungen auf der Grundlage zahlreicher Abkommen dar. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat bestätigt, dass Staaten die Verpflichtung haben, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität (Artikel 2 und 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte) zu verbieten. Zudem müssen die Vertragsstaaten das Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 19) und das Recht auf Schutz vor willkürlichen Eingriffen in das Privatleben (Artikel 17) sowie das Recht auf Gewissensfreiheit (Artikel 18) respektieren.

Amnesty International hat Kenntnis von Vorfällen, die belegen, dass die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen auf der Grundlage von Paragraf 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs Gewalt gegen Schwule, Lesben, Transgeschlechtliche und Intersexuelle in Tunesien fördert. So entsteht ein gesellschaftliches Klima, in dem homophobe und transphobe Verbrechen akzeptiert werden. Das führt dazu, dass Überlebende von derartigen Verbrechen diese nicht zur Anzeige bringen, weil sie Angst vor Verfolgung haben.