Gewerkschafter im Gefängnis

Karte des Iran

Karte des Iran

Ismail Abdi, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft im Iran (ITTA), wurde am 9. November festgenommen und ins Teheraner Evin-Gefängnis gebracht, wo er eine sechsjährige Haftstrafe verbüßen soll. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, weil er allein wegen seiner friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Appell an

(bitte senden Sie Ihre Appelle über die Botschaft)
RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi
Podbielskiallee 65-67,14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Sende eine Kopie an

BILDUNGSMINISTER
Fakhreddin Ahmadi Danesh Ashtiani
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Januar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie, Ismail Abdi sofort und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen seiner friedlichen Gewerkschaftsaktivitäten festgehalten wird.

  • Bitte leiten Sie eine Untersuchung über die Vorwürfe der verlängerten Isolationshaft von Ismail Abdi ein, die einen Verstoß gegen das Verbot der Folter und anderer, grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung darstellt. Bitte treten Sie dafür ein, dass die Verantwortlichen in einem fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.

  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Iran Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist, welche das Recht jeder Person garantieren, Gewerkschaften ihrer Wahl zur Förderung und zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu gründen und diesen beizutreten.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Esmail Abdi immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience held solely for his peaceful trade union activities.

  • Calling on them to investigate his subjection to prolonged solitary confinement, which violates the prohibition on torture and other cruel, inhuman and degrading punishment, and hold those suspected of responsibility to account in a fair trial.

  • Calling on them to respect and protect the right of everyone to form and join the trade union of their choice, which is guaranteed under the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ICESCR) and the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), both of which Iran has ratified.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN – FORTSETZUNG

Sachlage

Am 9. November nahmen sechs Angehörige des Geheimdienstes und anderer Sicherheitskräfte Ismail (Esmail) Abdi in seinem Haus fest und brachten ihn ins Evin-Gefängnis, damit er die gegen ihn verhängte sechsjährige Haftstrafe antritt. Nach Kenntnis von Amnesty International wiesen sich die Beamt_innen weder aus noch zeigten sie einen Haftbefehl vor. Ismail (Esmail) Abdi ist Mathematiklehrer an einer weiterführenden Schule und Vorsitzender der Lehrergewerkschaft im Iran (ITTA). Er wurde im Februar von der Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran wegen der konstruierten Anklagen "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Absprache und Planung von Straftaten gegen die nationale Sicherheit" zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Anklagen beziehen sich auf seine Gewerkschaftsaktivitäten, einschließlich Kontakte zur Bildungsinternationale, dem internationalen Dachverband von Bildungsgewerkschaften, und friedlicher Demonstrationen, die im Mai 2015 vor dem iranischen Parlament von Lehrer_innen und Mitgliedern der ITTA als Ausdruck ihres Protests gegen schlechte Bezahlung und den niedrigen Bildungsetat sowie gegen die Inhaftierungen von Lehrer_innen, die Gewerkschaftsmitglieder sind, veranstaltet wurden. Das Urteil gegen Ismail Abdi wurde im Oktober 2016 bestätigt.

Ismail Abdi wurde am 27. Juni 2015 festgenommen, nachdem er versucht hatte, ein Visum zu erhalten, um am 7. Weltkongress der Bildungsinternationale in der kanadischen Hauptstadt Ottawa teilzunehmen. Man hielt ihn 40 Tage lang in Einzelhaft im Trakt 2A des Evin-Gefängnisses fest, welcher den Revolutionsgarden untersteht. Dann verlegte man ihn in die Trakte 7 bzw. 8, wo er zehn Monate gemeinsam mit verurteilten Straftätern unter sehr schlechten Haftbedingungen festgehalten wurde. Am 14. Mai 2016 kam der Gewerkschafter gegen Kaution frei. Seine Freilassung erfolgte 14 Tage, nachdem er in einen Hungerstreik getreten war, um gegen seine Inhaftierung und die weiterer Lehrer_innen und Gewerkschafter_innen zu protestieren, weil die Grundlage dafür konstruierte Anklagen im Zusammenhang mit Straftaten gegen die nationalen Sicherheit waren. Zudem protestierte er mit seinem Hungerstreik gegen die Unterdrückung von friedlichen Gewerkschaftsversammlungen und Streiks, das Verbot von unabhängig organisierten Veranstaltungen zum Internationalen Tag der Arbeit und dem Weltlehrertag sowie dagegen, dass einige Gehälter immer noch unter der Armutsgrenze liegen. In einem offenen Brief, den Ismail Abdi im April 2016 aus dem Gefängnis schrieb, erklärte er: "Nach den Beweisen, die zu dem Urteil gegen mich geführt haben, könnte man sagen, dass jede Bemühung … das Leben und die Lebensumstände von Lehrer_innen und Arbeiter_innen im Iran zu verbessern, als Handlungen gegen die nationale Sicherheit gewertet werden".

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Prozess gegen Ismail Abdi verstieß gegen internationale Standards für faire Gerichtsverfahren, u.a. hatte er während des gesamten Ermittlungsverfahrens keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl. Zudem durfte sein Anwalt vor dem Gerichtsverfahren keine Einsicht in die Akte seines Mandanten nehmen. Ismail Abdi war am 27. Juni 2015 festgenommen worden, als er sich im Büro der Staatsanwaltschaft im Evin-Gefängnis nach dem Grund für das gegen ihn verfügte Reiseverbot erkundigte. Ihm war die Ausreise nach Armenien verweigert worden, wo er ein Visum für Kanada beantragen wollte, um am 7. Weltkongress der Bildungsinternationale in Ottawa teilzunehmen. Am 22. Juli 2015 wollten sich Tausende Lehrer_innen vor dem Parlament in Teheran versammeln, um gegen Drangsalierungen und Verstöße gegen Lehrer_innen in Gewerkschaften zu protestieren und die Freilassung von Ismail Abdi zu fordern. Sicherheitskräfte, die seit dem frühen Morgen um das Parlament herum positioniert waren, lösten die Versammlung allerdings auf und nahmen zahlreiche Protestierende fest. Laut einer Meldung des iranischen Bildungs- und Entwicklungsministers vom 27. Juli wurden alle festgenommenen Lehrer_innen wieder freigelassen.

Ismail Abdi wurde am 27. Juni 2015 festgenommen, nachdem er das Büro der Staatsanwaltschaft aufgesucht hatte, um Auskunft über sein Reiseverbot zu erhalten. Ihm war die Ausreise nach Armenien verweigert worden, wo er ein Visum für Kanada beantragen wollte, um am 7. Weltkongress der Bildungsinternationale in Ottawa teilzunehmen. Vor seiner Festnahme hatten Angehörige des Geheimdienstes Ismail Abdi bereits einige Mal zu Befragungen vorgeladen. Zudem hatten sie ihn dazu gedrängt, sein Amt als Vorsitzender der iranischen Lehrergewerkschaft ITTA aufzugeben und landesweite Proteste abzusagen, die die ITTA mitorganisiert hatte. Während dieser Befragungen, in denen Ismail Abdi Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt war, warnten ihn die Angehörigen des Geheimdienstes zudem davor, sich mit anderen internationalen Gewerkschaften von Lehrer_innen zusammenzuschließen und teilten ihm mit, dass er mit seiner Teilnahme an internationalen Veranstaltungen eine "rote Linie" überschreite. Am 3. Mai 2015, vier Tage vor geplanten landesweiten Protesten, luden Angehörige des Geheimdienstes den Gewerkschafter vor und drohten, dass eine zur Bewährung ausgesetzte zehnjährige Haftstrafe aus dem Jahr 2010 sofort vollstreckt werden würde, sollte er bei Facebook in einer offiziellen Stellungnahme nicht verkünden, seinen Posten als Vorsitzender der ITTA aufzugeben und an keinen anstehenden Demonstrationen teilzunehmen. Ismail Abdi gab dies unter großem Druck bekannt, doch die ITTA akzeptierte den Rücktritt nicht. Die Demonstration fand ebenfalls wie geplant statt. Tausende Lehrer_innen versammelten sich vor dem Parlament in Teheran und vor den Büros des Bildungsministeriums in verschiedenen Städten im Iran.

Vor seiner Festnahme hatten Angehörige des Geheimdienstes Ismail Abdi bereits einige Mal zu Befragungen vorgeladen. Zudem hatten sie ihn dazu gedrängt, sein Amt als Vorsitzender der iranischen Lehrergewerkschaft ITTA aufzugeben und landesweite Proteste abzusagen, die die ITTA mitorganisiert hatte. Während dieser Befragungen, in denen Ismail Abdi Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt war, warnten ihn die Angehörigen des Geheimdienstes zudem davor, sich mit anderen internationalen Gewerkschaften von Lehrer_innen zusammenzuschließen und teilten ihm mit, dass er mit seiner Teilnahme an internationalen Veranstaltungen eine "rote Linie" überschreite.
Der Iran ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Darin heißt es in Artikel 22 (1): "Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten." Außerdem ist der Iran Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Artikel 8 dieses Paktes garantiert sowohl "das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu bilden oder einer Gewerkschaft eigener Wahl allein nach Maßgabe ihrer Vorschriften beizutreten" sowie "das Recht der Gewerkschaften, sich frei zu betätigen, wobei nur solche Einschränkungen zulässig sind, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erforderlich sind".

Amnesty International ist angesichts der Situation von Menschenrechtsverteidiger_innen im Iran in großer Sorge. Die iranischen Behörden gehen zunehmend gegen Menschenrechtler_innen vor, beschatten sie, schüchtern sie ein, nehmen sie willkürlich fest und verurteilen sie zu langen Haftstrafen. Friedliche menschenrechtliche Aktivitäten, wie die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen, die Berichterstattung darüber, der Einsatz gegen die Todesstrafe im Iran, Verbindungen zu Familien von politischen Gefangenen, Kritik an staatlich geförderter geschlechtspezifischer Diskriminierung, das Eintreten für Arbeitsrechte und die Kommunikation mit internationalen Menschenrechtsorganisationen, wie Amnesty International, sowie dem UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation im Iran werden immer wieder als Beweise für "kriminelle" Aktivitäten herangezogen, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen. Auf dieser Grundlage werden Menschenrechtsverteidiger_innen zu langen Haftstrafen verurteilt.

Laut dem UN-Sonderberichterstatter über Folter ist jede Einzelhaft ohne Kontakt zu anderen Gefangenen und ohne Kontakt zur Außenwelt, die länger als 15 Tage andauert, als verlängerte Isolationshaft zu bezeichnen. Diese stellt Folter und andere, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar.