Hungerstreikende misshandelt

Die Verwaltungshäftlinge Samer al-Barq und Hassan Safadi befinden sich weiterhin im Hungerstreik. Samer al-Barq verweigert seit dem 22. Mai die Nahrungsaufnahme, Hassan Safadi seit dem 21. Juni. Seit dem 30. Juli sollen sie vom Wachpersonal des israelischen Gefängnisdienstes (Israel Prison Services – IPS) wiederholt misshandelt worden sein. Nach einer medizinischen Untersuchung der Häftlinge durch einen unabhängigen Arzt am 2. August steht fest: Die Häftlinge müssen eine dauerhafte fachärztliche Behandlung erhalten, die im Ramleh-Gefängnis nicht möglich ist.

Appell an

LEITER DER GEFÄNGNISVERWALTUNG
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service
P.O.Box 81, Ramleh 72100, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Yitzhak Aharonovitch
Ministry of Public Security
Kiryat Hamemshala
Jerusalem 91181, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: sar@mops.gov.il

Sende eine Kopie an

GENERALANWALT
Brigadier General Danny Efroni
6 David Elazar Street
Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate General / Sehr geehrter Herr Generalanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin
Fax: 030 8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. September 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin entsetzt über Berichte, denen zufolge Hassan Safadi und Samer al-Barq misshandelt worden sind. Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, dass die Häftlinge mit Achtung behandelt und weder gefesselt noch für ihren Hungerstreik bestraft werden.

  • Bitte leiten Sie umgehend eine gründliche und unparteiische Untersuchung dieser Misshandlungsvorwürfe ein.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die beiden Gefangenen die angemessene medizinische Betreuung erhalten, die sie benötigen. Sorgen Sie dafür, dass Samer al-Barq und Hassan Safadi in entsprechend ausgestatteten zivilen Krankenhäusern und von unabhängigen ÄrztInnen ihres Vertrauens behandelt werden.

  • Ich fordere die unverzügliche Freilassung von Samer al-Barq, Hassan Safadi und aller übrigen Verwaltungshäftlinge, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden.

Sachlage

Die Verwaltungshäftlinge Hassan Safadi und Samer al-Barq berichteten ihren Rechtsbeiständen und einem Arzt, der sie untersuchte, dass sie während der Durchsuchung ihres Zimmers auf der Krankenstation der IPS-Hafteinrichtung in Ramleh wiederholt geschlagen und beschimpft wurden. Samer al-Barq sagte, man habe ihn außerdem während seiner Überführung ins Ofer-Gefängnis und auf dem Rückweg nach Ramleh am 31. Juli tätlich angegriffen. Die beiden Männer wurden gemeinsam in einem dürftig belüfteten kleinen Raum festgehalten, wo sich für ihre Rollstühle, auf die sie für den Gang zur Toilette oder ähnliches angewiesen sind, kein Platz befand. Das Wachpersonal des IPS scheint die beiden Häftlinge gezielt zu schikanieren und zu erniedrigen, um sie für ihren fortgesetzten Hungerstreik zu bestrafen.

Der israelische Gefängnisdienst lässt regelmäßige Besuche unabhängiger ÄrztInnen nur dann zu, wenn sie durch eine gerichtliche Anordnung vorgeschrieben werden. Die israelische Nichtregierungsorganisation Physicians for Human Rights –Israel (PHR-I) hat gegen diese Vorgehensweise Rechtsmittel eingelegt, woraufhin am 23. Juli für Hassan Safadi der Besuch eines unabhängigen Arztes vorgeschrieben wurde. Dieser Besuch sollte innerhalb von zwei Tagen ab dieser Entscheidung erfolgen. Zu Samer al-Barq sollte laut der Anordnung noch vor dem 1. August ein unabhängiger Arzt vorgelassen werden. Der IPS gestattete einen einzigen Arztbesuch, der schließlich am 2. August stattfand. Dabei erhielt der Arzt der Organisation PHR-I keine Gelegenheit, eine Behandlung ohne Beaufsichtigung durch Angehörige des IPS durchzuführen oder die Krankenakten der beiden Häftlinge einzusehen. Der Arzt berichtete, dass die Männer schwach seien und sie in Lebensgefahr schwebten, falls sie den Hungerstreik weiterführten oder ohne ordentliche ärztliche Aufsicht wieder mit der Nahrungsaufnahme begännen. Weiter empfahl er, dass wöchentlich eine Untersuchung der Häftlinge stattfinden sollte. Die Gesundheit von Hassan Safadi hat sich seitdem zusehends verschlechtert. Am 6. August wurde er ins Krankenhaus Assaf Harofeh verlegt, wo er weiterhin an sein Bett gefesselt ist.

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin entsetzt über Berichte, denen zufolge Hassan Safadi und Samer al-Barq misshandelt worden sind. Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, dass die Häftlinge mit Achtung behandelt und weder gefesselt noch für ihren Hungerstreik bestraft werden.

  • Bitte leiten Sie umgehend eine gründliche und unparteiische Untersuchung dieser Misshandlungsvorwürfe ein.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass die beiden Gefangenen die angemessene medizinische Betreuung erhalten, die sie benötigen. Sorgen Sie dafür, dass Samer al-Barq und Hassan Safadi in entsprechend ausgestatteten zivilen Krankenhäusern und von unabhängigen ÄrztInnen ihres Vertrauens behandelt werden.

  • Ich fordere die unverzügliche Freilassung von Samer al-Barq, Hassan Safadi und aller übrigen Verwaltungshäftlinge, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt werden.

[APPELLE AN]

LEITER DER GEFÄNGNISVERWALTUNG
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service
P.O.Box 81, Ramleh 72100, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Yitzhak Aharonovitch
Ministry of Public Security
Kiryat Hamemshala
Jerusalem 91181, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: sar@mops.gov.il

KOPIEN AN
GENERALANWALT
Brigadier General Danny Efroni
6 David Elazar Street
Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate General / Sehr geehrter Herr Generalanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin
Fax: 030 8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. September 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Aus Protest gegen schlechte Haftbedingungen, wie z. B. Einzelhaft, die Verweigerung von Familienbesuchen und Inhaftierung ohne Anklage traten am 17. April Schätzungen zufolge rund 2.000 palästinensische Gefangene in den Hungerstreik. Am 14. Mai kam es unter ägyptischer Vermittlung zu einer Vereinbarung, die den Hungerstreik beendete. Israel sicherte unter anderem zu, die Isolationshaft von 19 Gefangenen zu beenden und das gegen Gefangene aus dem Gazastreifen verhängte Verbot von Familienbesuchen aufzuheben. Bislang scheinen jedoch noch keine Familienbesuche stattgefunden zu haben. Zudem sollen sich Gefangene auch weiterhin in Einzelhaft befinden. Trotz Medienberichten, laut denen die israelischen Behörden derzeit anhängige Verwaltungshaftordnungen nicht erneuern wollen, sofern die Nachrichtendienste keine neuen belastenden Erkenntnisse zutage fördern, scheinen auch weiterhin Verwaltungshaftanordnungen ausgestellt worden zu sein. Weitere Informationen finden sich in dem im Juni 2012 veröffentlichten Bericht Starved of justice: Palestinians detained without trial by Israel, unter: http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE15/026/2012/en.

Der 33-jährige Hassan Safadi wird seit dem 29. Juni 2011 festgehalten. Im Mai beendete er nach 70 Tagen seinen ersten Hungerstreik. Seine Haftordnung wäre regulär am 29. Juni ausgelaufen, doch sie wurde um sechs Monate verlängert. Hassan Safadi nahm daraufhin am 21. Juni seinen Hungerstreik wieder auf und wurde in der Folge in Einzelhaft verlegt. Die richterliche Prüfung seiner Haftanordnung wurde vom 25. Juli auf den 7. August und ein weiteres Mal wegen Nichterscheinens von ZeugInnen auf den 9. August verlegt. Sein Rechtsbeistand hatte die Berufung israelischer BehördenvertreterInnen, die sich im Mai an den Verhandlungen über die Vereinbarung zur Beendigung der Massenstreiks beteiligt hatten, in den Zeugenstand beantragt. Im Zuge dessen sollten sie Einzelheiten der Vereinbarung bezüglich des Anwendungsbereichs der Verwaltungshaft darlegen.

Ein Rechtsbeistand der palästinensischen Nichtregierungsorganisation Addameer besuchte Hassan Safadi am 23. Juli und 5. August und berichtete anschließend, dass sich sein gesundheitlicher Zustand weiter verschlechtert habe. Nach jüngsten Untersuchungen haben sich durch seinen Hungerstreik offenbar Nierensteine gebildet. Zudem ist seine Sicht eingeschränkt, er leidet an Kopfschmerzen und Schwindel. Während des nächtlichen Fastenbrechens im Ramadan nimmt er weiterhin Wasser und Vitamine zu sich. Nach Angaben von Addameer verzichtete er vor etwa drei Wochen außerdem zwei Tage lang auf Wasser, woraufhin man ihn in das öffentliche Krankenhaus Assaf Harofeh verlegte. Nach kurzer Zeit wurde er wieder in das Gefängniskrankenhaus nach Ramleh zurückgebracht. Ein Arzt der Nichtregierungsorganisation PHR-I konnte Hassan Safadi am 25. Juli nicht besuchen, weil er anlässlich einer richterlichen Prüfung seiner Haftanordnung weggebracht worden war.

Der 37-jährige Samer al-Barq wird seit 2010 in Verwaltungshaft gehalten. Nach 50 Tagen beendete er Mitte Mai seinen vorherigen Hungerstreik. Ab dem 22. Mai verweigerte er erneut die Nahrungsaufnahme, nachdem seine Haftanordnung um weitere drei Monate verlängert wurde. Offenbar nimmt er in Wasser aufgelöste Glukose zu sich. Laut seiner Familie klagt er über Nierenbeschwerden und hohen Blutdruck. Samer al-Barq erhielt am 19. Juli Besuch von einem Arzt der Organisation PHR-I. Dieser berichtete anschließend, dass sich die Gesundheit des Häftlings deutlich verschlechtert habe und er für eine Nacht in das öffentliche Krankenhaus Assaf Harofeh verlegt worden war, nachdem sich seine Herzfrequenz verlangsamt hatte. Im Krankenhaus wurde er an sein Bett gefesselt. Laut Samer al-Barq habe die IPS angedroht, ihn einer Zwangsernährung zu unterziehen.

Von kurzem erreichte der Rechtsbeistand des Verwaltungshäftlings Omar Abu Shalal eine Vereinbarung mit der israelischen Militärstaatsanwaltschaft. Demnach soll seine Haftanordnung im August ein letztes Mal mit einer Verlängerung um weitere vier Monate erneuert werden. Es wird erwartet, dass er Mitte Dezember seine Freiheit zurückerhält. Omar Abu Shalal, der seit dem 15. August 2011 festgehalten wird, begann am 14. Mai nach einem 72-tägigen Hungerstreik wieder mit der Nahrungsaufnahme. Er legte vor dem Obersten Gerichtshof in Israel Rechtmittel gegen seine Verwaltungshaft ein, doch bevor der Fall vor dem Gericht verhandelt wurde, gelang seinem Rechtsbeistand eine Vereinbarung mit den israelischen Behörden. Nach dieser Übereinkunft wird seine Haftanordnung kein weiteres Mal erneuert werden. In der Vergangenheit haben die israelischen Behörden sich nicht immer an Vereinbarungen wie diese gehalten.

Der Verwaltungshäftling Bilal Diab beendete im Mai nach 76 Tagen seinen Hungerstreik. Er wurde am 9. August freigelassen.