Lebensgefahr

Zwei im Hungerstreik befindliche palästinensische Gefangene sind in Lebensgefahr. Der Oberste Gerichtshof Israels hat eine Entscheidung über die von beiden Gefangenen eingelegten Rechtsmittel vertagt, mit denen sie gegen ihre Inhaftierung ohne Anklage und Prozess vorgehen. Anderen Verwaltungshäftlingen im Hungerstreik wird der Zugang zu unabhängigen ÄrztInnen nach wie vor verwehrt.

Appell an

STELLVERTRETENDER MINISTERPRÄSIDENT UND VERTEIDIGUNGSMINISTER
Ehud Barak

Ministry of Defence
37 Kaplan Street
Hakirya
Tel Aviv 61909
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister /Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 3 69 16940 oder (00 972) 3 69 62757

LEITER DER GEFÄNGNISVERWALTUNG
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service
P.O.Box 81
Ramleh 72100
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800

Sende eine Kopie an

GENERALANWALT
Brigadier General Danny Efroni
6 David Elazar Street
Hakirya
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate General/ Sehr geehrter Herr Generalanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin
Fax: (030) 8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Juni 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte um die sofortige Freilassung von Tha’er Halahleh, Bilal Diab, Hassan Safadi, Omar Abu Shalal, Ja’afar Izz al-Din, Mahmoud al-Sarsak und der übrigen in Verwaltungshaft befindlichen PalästinenserInnen, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und unter Wahrung internationaler Standards in einem fairen Prozess vor Gericht gestellt werden.

  • Ich fordere Sie höflich auf, dafür Sorge zu tragen, dass Tha’er Halahleh und alle übrigen im Hungerstreik befindlichen Gefangenen in ein mit allen notwendigen Einrichtungen ausgestattetes Krankenhaus verlegt werden, damit sie dort sachgerecht medizinisch betreut werden können.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass sämtliche Gefangenen im Hungerstreik regelmäßig und unbeaufsichtigt von unabhängigen ÄrztInnen, Familienangehörigen und RechtsanwältInnen besucht werden können, dass sie menschlich behandelt und nicht wegen ihrer Teilnahme an dem Hungerstreik bestraft werden.

  • Ich appelliere an Sie, jede Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Verwaltungshäftlingen wie etwa die Ankettung von hungerstreikenden Gefangenen einzustellen.

Sachlage

Am 3. Mai 2012 befasste sich der Oberste Gerichtshof Israels mit einer Eingabe von Bilal Diab und Tha’er Halahleh, mit der die beiden Gefangenen die gegen sie verhängte Verwaltungshaft anfochten. Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Bilal Diab und Tha’er Halahleh befinden sich seit etwa dem 29. Februar im Hungerstreik. Sie haben ihren RechtsanwältInnen mitgeteilt, von ÄrztInnen und von MitarbeiterInnen des israelischen Gefängnisdienstes (Israel Prison Service – IPS) misshandelt worden zu sein. Bilal Diab verlor im Gerichtssaal während der Verhandlung über seine Eingabe das Bewusstsein und wurde in das Assaf-HaRofeh-Krankenhaus zurückgebracht, in das man ihn am 1. Mai eingeliefert hatte. Zuvor hatte der Gefängnisdienst es abgelehnt, Bilal Diab aus dem Krankentrakt des Ramleh-Gefängnisses in eine andere medizinische Einrichtung zu verlegen. Der Rechtsanwalt von Bilal Diab berichtete, sein Mandant sei rund um die Uhr an sein Krankenbett angekettet. Eine solche, medizinisch nicht begründete, Maßnahme gegenüber einem schwer kranken Gefangenen kommt grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleich. Am 30. April suchten Mitglieder der israelischen Nichtregierungsorganisation Physicians for Human Rights-Israel (PHR) die Häftlinge Bilal Diab und Tha’er Halahleh im Gefängnis auf. Der beteiligte Arzt berichtete, bei Bilal Diab bestünde die akute Gefahr einer lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung. Außerdem leide der Gefangene möglicherweise an inneren Blutungen und einer Schädigung des peripheren Nervensystems. Bei Tha’er Halahleh diagnostizierte der Arzt eine Entzündung um die Lunge herum und empfahl, den Gefangenen im Krankenhaus näher untersuchen zu lassen. Tha’er Halahleh befindet sich jedoch weiterhin im Krankentrakt des Gefängnisses von Ramleh, in dem nach Einschätzung der Organisation PHR weder entsprechend geschultes Personal noch die notwendige technische Ausstattung vorhanden ist. Die Organisation PHR hat die Verlegung von Tha’er Halahleh in ein geeignetes Krankenhaus beantragt, eine Entscheidung des Bezirksgerichts über den Antrag steht noch aus.

Auch Hassan Safadi, Omar Abu Shalal, Ja’afar Izz al-Din und Mahmoud al-Sarsak befinden sich weiterhin im Krankentrakt des Gefängnisses von Ramleh. Unabhängige ÄrztInnen haben die drei Männer bislang nicht dort aufsuchen dürfen. Die Gefangenen befinden sich aus Protest gegen ihre Inhaftierung ohne Anklage oder Prozess seit März im Hungerstreik. Das Militärische Berufungsgericht hat für den 6. Mai eine Anhörung über den Berufungsantrag von Ja’afar Izz al-Din anberaumt.

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte um die sofortige Freilassung von Tha’er Halahleh, Bilal Diab, Hassan Safadi, Omar Abu Shalal, Ja’afar Izz al-Din, Mahmoud al-Sarsak und der übrigen in Verwaltungshaft befindlichen PalästinenserInnen, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und unter Wahrung internationaler Standards in einem fairen Prozess vor Gericht gestellt werden.

  • Ich fordere Sie höflich auf, dafür Sorge zu tragen, dass Tha’er Halahleh und alle übrigen im Hungerstreik befindlichen Gefangenen in ein mit allen notwendigen Einrichtungen ausgestattetes Krankenhaus verlegt werden, damit sie dort sachgerecht medizinisch betreut werden können.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass sämtliche Gefangenen im Hungerstreik regelmäßig und unbeaufsichtigt von unabhängigen ÄrztInnen, Familienangehörigen und RechtsanwältInnen besucht werden können, dass sie menschlich behandelt und nicht wegen ihrer Teilnahme an dem Hungerstreik bestraft werden.

  • Ich appelliere an Sie, jede Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Verwaltungshäftlingen wie etwa die Ankettung von hungerstreikenden Gefangenen einzustellen.

[APPELLE AN]

STELLVERTRETENDER MINISTERPRÄSIDENT UND VERTEIDIGUNGSMINISTER
Ehud Barak

Ministry of Defence
37 Kaplan Street
Hakirya
Tel Aviv 61909
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister /Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 3 69 16940 oder (00 972) 3 69 62757

LEITER DER GEFÄNGNISVERWALTUNG
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service
P.O.Box 81
Ramleh 72100
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800

KOPIEN AN
GENERALANWALT
Brigadier General Danny Efroni
6 David Elazar Street
Hakirya
ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate General/ Sehr geehrter Herr Generalanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin
Fax: (030) 8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Juni 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Tha’er Halahleh war am 26. Juni 2010 in seiner Wohnung in der Ortschaft Kharas, Bezirk Hebron, festgenommen worden. Gegen ihn erging Verwaltungshaft, die seither mehrfach – zuletzt am 5. März 2012 – verlängert wurde. Die Festnahme von Bilal Diab hatte am 17. August 2011 in seiner Wohnung in Kufr Ra’i in Jenin stattgefunden. Gegen ihn erging ebenfalls Verwaltungshaft, deren Verlängerung am 14. Februar 2012 erfolgte. Nachdem sich der Gesundheitszustand der beiden Gefangenen verschlechtert hatte, wurden sie am 21. März in den Krankentrakt der Haftanstalt von Ramleh verlegt. Abgesehen von zwei Besuchen durch PHR-ÄrztInnen am 9. und 30. April 2012 haben weder Tha’er Halahleh noch Bilal Diab Zugang zu unabhängigen MedizinerInnen erhalten.

Der 34 Jahre alte Hassan Safadi war am 29. Juni 2011 in seiner Wohnung im Flüchtlingslager Beit Ain al-Ma’ in Nablus festgenommen worden. Am 29. Januar 2012 hatten die Behörden seine Haftanordnung verlängert, woraufhin Hassan Safadi um den 2. März herum in den Hungerstreik getreten war. Seine Gesundheit ist nach vorliegenden Meldungen erheblich angegriffen, gleichwohl hat unter Missachtung eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses noch kein unabhängiger Arzt den Gefangenen aufsuchen dürfen. Der Oberste Gerichtshof Israels wies am 24. April eine Eingabe gegen die Fortdauer der Verwaltungshaft von Hassan Safadi zurück. Der 54-jährige Omar Abu Shalal war am 15. August 2011 am Grenzübergang zu Jordanien festgenommen worden. Die gegen ihn verhängte Verwaltungshaft wurde zuletzt am 15. Februar verlängert. Omar Abu Shalal verweigert seit etwa dem 4. März 2012 die Nahrungsaufnahme. Der 41-jährige Ja’afar Izz al-Din wurde nach der Festnahme am 21. März 2012 in seiner Wohnung in Arrabeh in Jenin in Verwaltungshaft genommen. Um den 27. März 2012 herum trat er aus Protest in den Hungerstreik. Ein Bezirksgericht hat für den 7. Mai eine Anhörung zu den Anträgen der Organisation PHR anberaumt, zu Omar Abu Shalal und Ja’afar Izz al-Din vorgelassen zu werden. Mahmoud al-Sarsak, dessen Festnahme am 22. Juli 2009 an der Kontrollstelle Erez stattgefunden hatte, befindet sich auf der Grundlage des Gesetzes über illegale Kombattanten ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Haft. Die gegen ihn ausgestellte Haftanordnung wurde am 1. März 2012 verlängert. Seit dem 24. März befindet sich Mahmoud al-Sarsak im Hungerstreik.

Amnesty International hat Israel wiederholt aufgefordert, die Praxis der Verwaltungshaft (einschließlich der Inhaftierung von Personen auf der Grundlage des Gesetzes über illegale Kombattanten) einzustellen, da sie gegen das international verbriefte Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verstößt. Das Recht auf einen fairen Prozess darf auch in Zeiten eines Notstands grundsätzlich nicht – auch nicht gegen Angeklagte, die einer Gewalttat angeklagt sind – außer Kraft gesetzt werden. Es handelt sich um ein unumstößliches Recht, das in Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Recht verbrieft ist, den Israel als Vertragsstaat des Abkommens einzuhalten hat. Mit der Praxis der Verwaltungshaft und der Anwendung des Gesetzes über illegale Kombattanten verstößt Israel somit gegen international eingegangene Verpflichtungen. Das Beweismaterial gegen Angeklagte wird in nicht öffentlicher Sitzung präsentiert. Weder die Angeklagten noch ihre VerteidigerInnen erhalten Einsicht in die Beweisakten und haben somit auch nicht die Möglichkeit, die präsentierten Beweise anzufechten. Nach Angaben der israelischen Strafvollzugsbehörde befanden sich am 31. März 2012 insgesamt 320 PalästinenserInnen in Verwaltungshaft. Mahmoud al-Sarsak ist derzeit der einzige Gefangene, der auf der Grundlage des Gesetzes über illegale Kombattanten in staatlichem Gewahrsam gehalten wird.

Bei der medizinischen Einrichtung des IPS in Ramleh handelt es sich nicht um ein Krankenhaus und Gefangene, die seit längerem im Hungerstreik sind, können dort nicht angemessen versorgt werden. Zu dem dortigen Personal zählen weder ausgebildete KrankenpflegerInnen noch ÄrztInnen. Auf die Versorgung von Menschen, die sich seit langem im Hungerstreik befinden, ist die Einrichtung auch von der Ausstattung her nicht vorbereitet.

Am 17. April 2012 traten schätzungsweise 2000 palästinensische Strafgefangene und Untersuchungshäftlinge aus Protest gegen ihre Haftbedingungen, ihre Abschottung von der Außenwelt und die Verweigerung von Besuchen durch Familienangehörige in den Hungerstreik. Gegen viele der Gefangenen im Hungerstreik sind daraufhin Strafsanktionen unterschiedlicher Art verhängt worden. Nach vorliegenden Erkenntnissen hat keiner von ihnen Zugang zu unabhängigen ÄrztInnen erhalten. Menschenrechtsorganisationen und RechtsanwältInnen befürchten, dass der IPS systematische Strafmaßnahmen gegen hungerstreikende Gefangene und Untersuchungshäftlinge ergreifen und Druck auf sie ausüben könnte, damit sie ihren Streik aufgeben. Möglicherweise wird der IPS Kontakte der Gefangenen zu Familienangehörigen und RechtsanwältInnen unterbinden, ihre Verlegung in geeignete Krankenhäuser untersagen und ihnen keinen Zugang zu ÄrztInnen gestatten, denen die Gefangenen vertrauen und von denen sie sich verlässliche Angaben über ihren Gesundheitszustand erhoffen.