Schwangeres Mädchen weiter in Gefahr

My Body, My Rights

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BITTE DERZEIT KEINE WEITEREN APPELLE SCHREIBEN!

Appell an

PRÄSIDENT
Sr. Horacio Cartes
Palacio de Gobierno, El Paraguayo Independiente entre O’leary y Ayolas, Asunción, PARAGUAY
(Anrede: Dear President / Estimado Señor Presidente / Sehr geehrter Herr Präsident)
E-Mail: secretariaprivada@presidencia.gov.py

GESUNDHEITSMINISTER
Ministro de Salud Pública y Bienestar
Dr. Antonio Barrios,
Pettirossi Esq. Brasil, Asunción, PARAGUAY
(Anrede: Dear Minister / Estimado Ministro / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 595) 21 207 328
E-Mail: ministro@mspbs.gov.py

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK PARAGUAY
S. E. Herrn Fernando Daniel Ojeda Caceres
Hardenbergstraße 12, 10623 Berlin
Fax: 030-31 99 86 17
E-Mail: embapar@embapar.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Juli 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte kommen Sie den am 8. Juni von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission erlassenen Schutzmaßnahmen in vollem Umfang nach. Dazu gehört auch der Zugang zu allen Gesundheitsdiensten, die im Zusammenhang mit dieser Risikoschwangerschaft erforderlich sind.

  • Bitte stellen Sie zudem sicher, dass das Mädchen angemessen entschädigt wird, wozu auch Gerechtigkeit für ihren sexuellen Missbrauch, langfristige psychologische Betreuung und Kompensationsmaßnahmen für die Reaktion des Staates auf das erlittene Leid gehören.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to fully comply with the precautionary measures issued by the Inter-American Commission on Human Rights on 8 June, including to ensure adequate medical treatment and access to all available options to manage the pregnancy.

  • Urging them to ensure adequate reparations to the girl, including justice for the sexual abuse, psychological support in the long term, and compensation measures for the State response to the harm suffered.

Sachlage

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hat Paraguay dazu aufgefordert, die Rechte auf Gesundheit, Leben und körperliche und geistige Unversehrtheit des Mädchens zu schützen, welches infolge einer Vergewaltigung schwanger ist.

Am 21. April, also vor fast zwei Monaten, war festgestellt worden, dass das damals 10-jährige Mädchen sich in der 21. Schwangerschaftswoche befand. Die paraguayischen Behörden verweigern ihr seitdem den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch und setzen damit das Leben, die Gesundheit und die körperliche und geistige Unversehrtheit des heute 11-jährigen Mädchens aufs Spiel. Mit ihrem Vorgehen ignorieren die Behörden zudem Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation, denen zufolge eine Schwangerschaft für junge Mädchen, deren Körper sich noch in der Entwicklung befinden, spezielle Risiken birgt und eine erhöhte Lebensgefahr darstellt.

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hat sich dem nationalen und internationalen Protest angeschlossen und fordert Paraguay dazu auf, seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen und die Rechte des Mädchens zu schützen. Am 8. Juni ordnete die Menschenrechtskommission Schutzmaßnahmen an und forderte die Behörden Paraguays dazu auf, die Rechte des Mädchens auf Gesundheit, Leben und körperliche und geistige Unversehrtheit zu schützen. Die Behörden sind verpflichtet, der Menschenrechtskommission 72 Stunden nach Anordnung der Schutzmaßnahmen zu antworten. Ein paraguayischer Richter für Kinder- und Jugendrecht ordnete die Gründung eines interdisziplinären Sachverständigenausschusses (junta médica interdisciplinaria) zur Beurteilung des Falls an. Am 12. Mai kam der Ausschuss zu dem Ergebnis, dass die Schwangerschaft des Mädchens verglichen mit der einer erwachsenen Frau eine viermal so hohe Gefahr für ihr Leben birgt. Zudem nannte der Ausschuss zusätzliche Risiken für das Mädchen, wie Blutungen nach der Geburt, Blutarmut und negative Auswirkungen auf ihre reproduktive Gesundheit, sollte die Schwangerschaft fortgesetzt werden.

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission fordert die Behörden Paraguays dazu auf, dafür zu sorgen, dass dem Mädchen gemäß den Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation Zugang zu allen Gesundheitsdiensten gewährt wird, die im Zusammenhang mit dieser Risikoschwangerschaft erforderlich sind. Die Kommission fordert die paraguayischen Behörden zudem auf, sicherzustellen, dass die Rechte des Mädchens bei allen Entscheidungen, die ihre Gesundheit betreffen, gewährleistet werden. Dazu gehört auch das Recht, über solche Entscheidungen informiert und in die Entscheidungsfindung miteinbezogen zu werden. Dabei sollte immer das Alter und der geistige Entwicklungsstand des Mädchens berücksichtigt werden. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission fordert die Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Mädchen die technische und familiäre Unterstützung erhält, die für den umfassenden Schutz ihrer Rechte erforderlich ist. Die Menschenrechtskommission forderte zudem weitere Informationen zur Bewertung der Sicherheit der Mutter des Mädchens, die sich weiterhin im Gefängnis befindet, da man ihr Verletzung der Obhutspflicht und Mittäterschaft vorwirft. Am 1. Juni wurde ein Antrag auf Freilassung der Mutter gegen Kaution abgelehnt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 21. April wurde das damals 10-jährige Mädchen von seiner Mutter in ein Entbindungs- und Kinderkrankenhaus (Hospital Materno Infantil de Trinidad) in Asunción, der Hauptstadt Paraguays, gebracht, da es über Bauchschmerzen klagte. In einer Untersuchung wurde festgestellt, dass das Mädchen in der 21. Woche schwanger war. Seit Januar wurde die heute 11-Jährige in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen untersucht. Die Schwangerschaft blieb jedoch unbemerkt.

Im Jahr 2014 hatte die Mutter des Mädchens Anzeige wegen des sexuellen Missbrauchs ihrer Tochter erstattet, woraufhin jedoch weder eine Untersuchung eingeleitet wurde noch Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, da die Staatsanwaltschaft der Ansicht war, dass keine Gefahr für die das Mädchen bestünde.
Paragraf 109 des paraguayischen Strafgesetzbuches erlaubt einen Schwangerschaftsabbruch nur dann, wenn Lebensgefahr für die Frau bzw. das Mädchen besteht. Unter anderen Umständen ist ein Schwangerschaftsabbruch verboten, selbst wenn die Schwangerschaft das Ergebnis von Vergewaltigung oder Inzest ist oder wenn eine schwere Fehlbildung des Fötus vorliegt. Diese restriktive Gesetzeslage ist ein Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen.

Artikel 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes besagt: "Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist." Der Ausschuss für die Rechte des Kindes verpflichtet alle Vertragsstaaten des Übereinkommens und somit auch Paraguay dazu, Mädchen zumindest dann Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu gewähren, wenn eine Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit besteht, sowie in Fällen von Vergewaltigung und Inzest.

Nationale und internationale Organisationen haben die paraguayischen Behörden aufgefordert, alle Risiken, die mit der Schwangerschaft des Mädchens verbunden sind, öffentlich anzuerkennen. Am 11. Mai stellten UN-Expert_innen fest, dass die Verweigerung eines zeitnahen medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbruchs durch die Behörden eine schwere Verletzung der Rechte auf Leben, Gesundheit und körperliche und geistige Unversehrtheit des Mädchens darstellt. Zudem sei ihr Recht auf Bildung verletzt worden, was eine Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bedeuten könne.

Frauenrechtsorganisationen haben die Untersuchungshaft (Prisión preventiva) der Mutter des Mädchens als willkürlich bezeichnet und erklärt, dass sie in Haft drangsaliert werde. Sie berichten zudem davon, dass ihr Besuche bei ihrer Tochter erschwert werden.