10-jährige Schwangere nach wie vor in Gefahr

My Body, My Rights

My Body, My Rights

Ein 10-jähriges Mädchen, das von seinem Stiefvater vergewaltigt wurde, ist nun beinahe im fünften Monat schwanger. Die Behörden ergreifen nach wie vor keinerlei Maßnahmen, um die Rechte auf Leben, Gesundheit und geistige Unversehrtheit des Mädchens zu schützen.

Appell an

PRÄSIDENT
Sr. Horacio Cartes
Palacio de Gobierno
El Paraguayo Independiente entre O’leary y Ayolas
Asunción, PARAGUAY
(Anrede: Dear President / Estimado Señor Presidente / Sehr geehrter Herr Präsident)
E-Mail: horaciocartesjara@gmail.com oder presidenciaparaguay@gmail.com

GENERALSTAATSANWALT
Dr. Javier Díaz Verón
Chile c/ Ygatimí, Asunción, PARAGUAY
(Anrede: Dear Attorney General / Estimado Fiscal General / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 595) 21 415 6152
E-Mail: fdiaz@ministeriopublico.gov.py

Sende eine Kopie an

FRAUENRECHTSORGANISATION
CLADEM Paraguay
E-Mail: coordi@cladem.org

BOTSCHAFT DER REPUBLIK PARAGUAY
S. E. Herrn Fernando Daniel Ojeda Caceres
Hardenbergstraße 12
10623 Berlin
Fax: 030-31 99 86 17
E-Mail: embapar@embapar.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. Juni 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte richten Sie umgehend einen interdisziplinären Sachverständigenausschuss ein, um eine umfassende Bewertung der Lage des Mädchens vorzunehmen und ihre Menschenrechte zu schützen, insbesondere ihre Rechte auf Leben, Gesundheit und körperliche und geistige Unversehrtheit.

  • Ich bitte Sie eindringlich, Ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und die Menschenrechte des Mädchens zu schützen, indem Sie sicherstellen, dass sie Zugang zu allen nötigen Informationen und erforderlichen Gesundheitsdiensten hat, einschließlich der Möglichkeit auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch, da die Schwangerschaft die Folge von Vergewaltigung ist und ein hohes Risiko birgt.

  • Ich fordere Sie auf, eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Vergewaltigung des Mädchens durchzuführen und den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately create an interdisciplinary panel of experts to promptly assess the child holistically and ensure all her human rights, particularly her right to life, health, and physical and psychological integrity are guaranteed.

  • Calling on them to meet their international obligations and protect human rights, by ensuring that she has access to all possible information and medical services to manage this high-risk pregnancy as a result of rape, including the option of accessing safe abortion services.

  • Asking them to conduct an independent and impartial investigation into the rape and bring the perpetrator to justice.

Sachlage

Am 21. April wurde ein 10-jähriges Mädchen von seiner Mutter in ein Entbindungs- und Kinderkrankenhaus (Hospital Materno Infantil de Trinidad) in Asunción, der Hauptstadt Paraguays, gebracht, da es über Bauchschmerzen klagte. In einer Untersuchung wurde festgestellt, dass das Mädchen in der 21. Woche schwanger war. Die Schwangerschaft ist das Ergebnis einer Vergewaltigung durch den Stiefvater. Am 28. April beantragte die Mutter des Mädchens einen Schwangerschaftsabbruch für die 10-Jährige auf der Grundlage ihres jungen Alters und des hohen Risikos für die Gesundheit und das Leben der Schwangeren. Trotz dieses hohen Risikos haben die Behörden bisher nichts unternommen, um dem Mädchen den Zugang zu allen erforderlichen Gesundheitsdiensten zu gewähren, einschließlich der Möglichkeit auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch.

Der paraguayische Staat ist verpflichtet, umgehend in vollem Umfang über alle etwaigen körperlichen und geistigen Risiken zu informieren, die mit der Schwangerschaft einhergehen könnten. Darüber hinaus müssen die Behörden dem Mädchen den Zugang zu jeglichen Dienstleistungen ermöglichen, die erforderlich sein könnten, um ihr Leben sowie ihre körperliche und geistige Unversehrtheit kurz-, mittel- und langfristig zu schützen. Es muss außerdem ein unabhängiger interdisziplinärer Sachverständigenausschuss für den Schutz der Menschenrechte des Mädchens eingerichtet werden. Ein solcher Ausschuss sollte aus Ärzt_innen, Psycholog_innen und Sozialarbeiter_innen bestehen und über alle nötigen Möglichkeiten verfügen, um die Menschenrechte des Mädchens zu schützen. Nur so kann eine umfassende Bewertung der Gesamtsituation vorgenommen werden, ausgehend von der körperlichen und geistigen Gesundheit des Mädchens.

Bislang sind die Behörden ihren Verpflichtungen zum Schutz des Mädchens nicht nachgekommen. Seit Januar wurde die 10-Jährige in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen untersucht, weil sie über Bauchschmerzen klagte. Die Schwangerschaft blieb jedoch unbemerkt. Stattdessen vermutete man, dass es sich um Darmparasiten oder einen Tumor handelte. Im Jahr 2014 hatte die Mutter des Mädchens Anzeige wegen des sexuellen Missbrauchs ihrer Tochter erstattet, woraufhin jedoch weder eine Untersuchung eingeleitet wurde noch Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, da die Staatsanwaltschaft der Ansicht war, dass keine Gefahr für die 10 Jährige bestünde. Erst als man ihre Schwangerschaft feststellte, wurde eine Untersuchung des Missbrauchs durch ihren Stiefvater eingeleitet. Dieser befindet sich derzeit auf der Flucht, um sich der Justiz zu entziehen. Die Mutter des Mädchens hingegen wurde in Haft genommen, da man ihr Verletzung der Obhutspflicht und Mittäterschaft vorwirft. Am 29. April wurde das schwangere Mädchen in eine Einrichtung für junge Mütter (centro de niñas madres) gebracht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In Paraguay ist ein Schwangerschaftsabbruch nur dann gestattet, wenn Lebensgefahr für die Frau bzw. das Mädchen besteht. Unter anderen Umständen ist ein Schwangerschaftsabbruch verboten, selbst wenn die Schwangerschaft das Ergebnis von Vergewaltigung oder Inzest ist oder wenn eine schwere Fehlbildung des Fötus vorliegt. Diese restriktive Gesetzeslage ist ein Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen.

Artikel 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes besagt: "Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist." Der Ausschuss für die Rechte des Kindes verpflichtet alle Vertragsstaaten des Übereinkommens und somit auch Paraguay dazu, Mädchen zumindest dann Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu gewähren, wenn eine Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit besteht, sowie in Fällen von Vergewaltigung und Inzest.