Weiter in Haft

Der junge tibetische Schriftsteller und Blogger Druklo – auch bekannt als Shokjang – ist wegen "Anstiftung zum Separatismus" zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Er hat keinen Zugang zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand. Nun hat er Rechtsmittel gegen sein Urteil eingelegt. Laut dem zugehörigen Schreiben basierte seine Verurteilung auf Beiträgen über Religionsfreiheit, den Dalai Lama und andere tibetische Themen, die er ins Internet gestellt hatte.

Appell an

LEITER DER HAFTEINRICHTUNG VON TONGREN
Tongren Detention Centre
Tongren County
Huangnan Tibetan Autonomous Prefecture
Qinghai Province 811300
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)

GOUVERNEUR
Hao Peng
Qinghai Provincial Government Office
12 Xi Dajie, Xining
Qinghai 810000
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 86) 0971 825 213 5
E-Mail: qhsxxgk@163.com

Sende eine Kopie an

MINISTERPRÄSIDENT
Li Keqiang
The State Council General Office
2 Fuyoujie, Xicheng Qu
Beijing 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
Fax: (00 86) 1065 961 109
E-Mail: english@mail.gov.cn

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Juni 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie Druklo bitte umgehend und bedingungslos frei.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass er bis zu seiner Freilassung regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und Rechtsbeiständen seiner Wahl erhält und dass er weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to release Druklo immediately and unconditionally.

  • Pending his release, urging the authorities to ensure that he has regular, unrestricted access to his family and lawyers of his choice, without delay, and is protected from torture or other-ill-treatment.

Sachlage

Am 19. März 2015 wurde Druklo – auch bekannt als Shokjang – im Kreis Tongren (Rebgong) im Verwaltungsgebiet des Autonomen Bezirks Huangnan der Tibeter (Malho) in der nordchinesischen Provinz Qinghai von Sicherheitskräften abgeführt. Am 17. Februar 2016 wurde er vom Mittleren Volksgericht im Kreis Tongren (Rebkong) zu drei Jahren Haft verurteilt. Er hatte weder während seiner Haft noch während des Gerichtsverfahrens Zugang zu einem Rechtsbeistand. Seine Familie wurde erst zwei Tage vorher über seine Verurteilung informiert. Druklo wird in der Hafteinrichtung von Tongren festgehalten.

In dem Schreiben zu seinem Rechtsmittel, das Druklo ohne rechtlichen Beistand verfassen musste, beschrieb er detailliert, wie die Behörden seine Menschenrechte verletzten. Zudem enthielt das Schreiben eine Gegendarstellung zu den vorgebrachten Vorwürfen. Am 16. März 2015 durchsuchten bewaffnete Personen in Polizei- und Armeeuniformen sein Zimmer in einer Pension. Sie richteten die Waffen auf ihn, als er nach einem Durchsuchungsbeschluss fragte. Später veröffentlichte Druklo einen Beitrag zu dem Vorfall im Internet, der auch in seinem Urteil zitiert wurde. In seinem Urteil wurden zudem Kommentare zitiert, die er in Verbindung mit einem Foto veröffentlicht hatte, auf dem die starke Präsenz von bewaffneten Soldat_innen bei einer jährlich stattfindenden religiösen Veranstaltung im Gumbum-Kloster, einem bedeutenden Ort für tibetische Buddhist_innen, zu sehen war. In den Kommentaren hatte er seine Sorge um die Wahrung des Rechts auf Religionsfreiheit kundgetan. Auch dass er einen Bericht über Gespräche der chinesischen Regierung mit dem Dalai Lama in sozialen Medien verbreitet hatte und ein Exemplar des verbotenen Buchs "Himmelsbestattung" besaß, wurde in seinem Urteil als Beweis für die "Anstiftung zum Separatismus" angeführt.

Druklo ist ein bekannter tibetischer Schriftsteller und Blogger, der bereits einige kritische Artikel über die aktuelle Lage in den tibetischen Gebieten veröffentlicht hat. Am 16. März 2015 hatte er einen Blogbeitrag veröffentlicht, in dem er auf die verstärkte Präsenz chinesischer Polizeipatrouillen im Kreis Tongren einging. Der Beitrag erschien um die Zeit des 56. Jahrestags des gescheiterten Tibetaufstands von 1959.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Druklo kam im Kreis Xiahe (Labrang) des Autonomen Bezirks Gannan in der tibetischen Region Amdo im Südosten der chinesischen Provinz Gansu zur Welt. Er ist in Tibet wegen seiner kritischen Schriften bekannt, darunter seine in tibetischer Sprache verfassten Bücher Die Freiheit bereue ich nicht und Der Mut von Rangdrol, und seine im Internet veröffentlichten Artikel, wie beispielsweise Konflikt und Lösung: Eine Antwort an Liu Junning, in dem es um den Umgang der chinesischen Behörden mit ethnischen Minderheiten geht, und Heute Nacht bin ich auf den Wiesen meiner Heimatstadt, eine Kritik an der Umsiedlung der tibetischen Nomaden.

Dies ist das zweite Mal, dass Druklo ins Visier der chinesischen Behörden gerät. Am 6. April 2010 war er während seiner Studienzeit an der Nationalitäten-Universität in Lanzhou gemeinsam mit einem anderen Studierenden festgenommen worden, weil er einer der Redakteure des verbotenen Literaturmagazins Shar Dungri (Östlicher Schneeberg) war. In dem Magazin waren Artikel über die tibetischen Unruhen von 2008 erschienen. Die Behörden warfen Druklo damals vor, Verbindungen zum Tibetan Youth Congress zu haben, einer tibetischen Exilorganisation. Er wurde am 8. Mai 2010 freigelassen.

Ethnische Tibeter_innen werden in China diskriminiert und in der Wahrnehmung ihrer Rechte auf Religions-, Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Tibetische Mönche, Schriftsteller_innen, Demonstrierende und Aktivist_innen werden regelmäßig wegen ihrer friedlichen Aktivitäten inhaftiert.

Im vergangenen Jahr sind in China mehrere weitreichende Gesetze und Bestimmungen in Kraft getreten bzw. als Vorlagen eingebracht worden, um vorgeblich die nationale Sicherheit zu verbessern. Es gibt Befürchtungen, dass diese Gesetze dazu genutzt werden könnten, mit weit gefassten Anklagen wie "Anstiftung zum Umsturz" und "Separatismus" abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und gegen Menschenrechtsverteidiger_innen vorzugehen.

Gegen Schriftsteller_innen, Blogger_innen, Journalist_innen, Akademiker_innen, Whistleblower_innen und normale Bürger_innen werden in China im Zusammenhang mit deren friedlicher Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung weiterhin harte Strafen verhängt. Amnesty International hat dokumentiert, wie die verschiedenen Anklagepunkte in Bezug auf "Separatismus" und "Terrorismus" dazu missbraucht werden, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Religionsfreiheit einzuschränken. Tashi Wangchuk, der sich dafür einsetzt, dass die tibetische Sprache in Schulen gelehrt wird, befindet sich seit dem 27. Januar 2016 ohne Kontakt zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand in Haft. Gegen ihn wurde Anklage wegen "Anstiftung zum Separatismus" erhoben und ihm drohen bei einem Schuldspruch bis zu 15 Jahre Haft. Weitere Informationen zu seinem Fall finden Sie in UA-079/2016, online unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-079-2016/tibeter-haft.

Folter und anderweitige Misshandlung sind in allen Hafteinrichtungen in China weiterhin an der Tagesordnung. Fehlt der Zugang zu Angehörigen und Rechtsbeiständen, so ist die Gefahr für die Gefangenen, Opfer von Folter und anderen Formen der Misshandlung zu werden, noch größer.