Todesurteil bestätigt

Abdulkareem al-Hawaj

Abdulkareem al-Hawaj

Ein Berufungsgericht hat die Todesstrafe für Abdulkareem al-Hawaj bestätigt. Der Schiit war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten 16 Jahre alt. Das Gericht scheint das Urteil auf erzwungene "Geständnisse" zu stützen.

Appell an

König und Premierminister

His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud

The Custodian of the two Holy Mosques

Office of His Majesty the King

Royal Court, Riyadh

SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Menschenrechtsausschuss

Bandar Mohammed 'Abdullah al-Aiban


P.O. Box 58889, Riyadh 11515

King Fahd Road, Building No. 3

Riyadh


SAUDI-ARABIEN

Fax: (00 966) 11 418 510

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien

Tiergartenstr. 33-34

10785 Berlin


Fax: 030-8892 5179

Amnesty fordert:

  • Bitte heben Sie das Todesurteil gegen Abdulkareem al-Hawaj auf und stellen Sie sicher, dass er eine Neuverhandlung erhält, die den internationalen Standards für faire Verfahren entspricht und bei der die Todesstrafe ausgeschlossen ist.
  • Ich möchte Sie bitten, eine unabhängige Untersuchung seiner Vorwürfe über Folter und anderweitige Misshandlungen einzuleiten.
  • Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass Saudi-Arabien Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist, welches die Verhängung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre sind, strengstens untersagt.
  • Bitte verfügen Sie umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe in Saudi-Arabien.

Sachlage

Ein Berufungsgericht hat die Todesstrafe für Abdulkareem al-Hawaj bestätigt. Der Schiit war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten 16 Jahre alt. Das Gericht scheint das Urteil auf erzwungene "Geständnisse" zu stützen.

Am 10. Juli hat das zuständige Berufungsgericht des Sonderstrafgerichts in Riad das Todesurteil des jungen Schiiten Abdulkareem al-Hawaj bestätigt. Am 27 Juli 2016 war er vom Sonderstrafgericht wegen einer Reihe von Straftaten zum Tode verurteilt worden. Die Vorwürfe gegen ihn stehen in Zusammenhang mit seiner vermeintlichen Beteiligung an regierungskritischen Protesten im Jahr 2012 in der überwiegend schiitischen Ostprovinz von Saudi-Arabien. Zu dem Zeitpunkt, als er die Straftaten begangen haben soll, war Abdulkareem al-Hawaj 16 Jahre alt.

Am 16. Januar 2014 wurde Abdulkareem al-Hawaj an einem Kontrollpunkt in dem Dorf al-Awamia in der Region Al‑Qatif in der Provinz asch-Scharqiyya festgenommen. Während seiner Untersuchungshaft und der Verhöre wurde ihm rechtlicher Beistand versagt. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge war Abdulkareem al‑Hawaj in den ersten fünf Monaten nach seiner Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt in Einzelhaft gehalten worden. Er gab zudem an, gefoltert worden sein: Unter anderem sei er während der Verhöre von Angehörigen des Geheimdienstes geschlagen worden und man habe damit gedroht, seine Familie zu töten, um ihn so zu zwingen, ein "Geständnis" zu verfassen und zu unterschreiben. Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung offenbar ausschließlich auf dieses "Geständnis" gestützt. Laut der Gerichtsdokumente hielt man ihn mehr als zwei Jahre ohne Anklage fest. Er streitet alle Beschuldigungen ab und gibt an, an keiner der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Handlungen beteiligt gewesen zu sein.

Das erste Rechtsmittel von Abdulkareem al-Hawaj wurde durch die Berufungskammer des Sonderstrafgerichts geprüft und mit Vorschlägen an das erstinstanzliche Gericht zurückgeschickt. Am 14. März bestätigte das erstinstanzliche Gericht das Urteil erneut und sandte es zur Durchsicht ans Berufungsgericht zurück. Dieses erhielt das Todesurteil am 10. Juli aufrecht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Schiit_innen in der von ihnen dominierten Ostprovinz des Königreichs Saudi-Arabien berichten seit langem über Diskriminierung und Schikanierung durch die Behörden. Sie fordern Reformen, wozu die Protestbewegungen im Nahen Osten und Nordafrika von 2011 sie zum Teil inspiriert haben. Seither werden Demonstrationen organisiert, um gegen die Festnahme, Inhaftierung und Schikanierung von Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft zu protestieren. Zum Anlass für die Repressalien nehmen die Behörden das Feiern schiitischer Feste, Verstöße gegen die Einschränkungen beim Bau schiitischer Moscheen und religiöser Schulen oder Unterstützungsbekundungen für Protestierende in Bahrain.

Die saudischen Behörden reagieren auch mit repressiven Maßnahmen gegen diejenigen, die im Verdacht stehen, an den Protesten teilzunehmen, sie zu unterstützen oder sich kritisch gegenüber dem Staat zu äußern. Protestierende werden ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt teils tage- oder wochenlang in Haft gehalten und manche werden Berichten zufolge gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Sicherheitskräfte haben seit 2011 mindestens 20 Personen im Zusammenhang mit den Protesten in der Ostprovinz getötet und hunderte inhaftiert. Am 2. Januar 2016 wurde der bekannte Scheich Nimr al-Nimr gemeinsam mit 46 weiteren Gefangenen hingerichtet. Er ist einer von zahlreichen Personen, die im Zusammenhang mit den Protesten zwischen 2011 und 2012 zum Tode verurteilt wurden.

Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien entsprechen regelmäßig nicht den internationalen Standards für faire Verfahren. Den Angeklagten wird nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden und sie werden in vielen Fällen nicht über den jeweiligen Stand des Gerichtsprozesses gegen sie informiert. Es kommt immer wieder zu Verurteilungen aufgrund von "Geständnissen", die unter Zwang und Folter erpresst wurden.

Ein ähnliches Muster  weisen auch das Gerichtsverfahren und die Inhaftierung von Abdulkareem al-Hawaj auf. Laut Amnesty International vorliegenden Informationen wurde Abdulkareem al-Hawaj am 16. Januar 2014 an einem Kontrollpunkt in dem Dorf al-Awamia in der Region Al-Qatif in der Provinz asch-Scharqiyya festgenommen. Man brachte ihn zum Gefängnis des Geheimdienstes in Al-Qatif, wo er eigenen Angaben zufolge von Vollzugsbeamt_innen mit Händen, Schuhen und Stöcken geschlagen wurde. Nach einer Woche brachte man ihn in das Gefängnis des Geheimdienstes in Dammam im Osten Saudi-Arabiens. Dort soll er gefoltert worden sein, um ihn so zu zwingen, ein schriftliches "Geständnis" abzulegen.

Abdulkareem al-Hawaj war in den ersten fünf Monaten nach seiner Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Zugang zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand in Haft gehalten worden. Als seine Angehörigen auf Polizeiwachen und in Gefängnissen in Al-Qatif nach ihm fragten, gaben die dortigen Beamt_innen an, dass er sich nicht in ihrem Gewahrsam befände. Sie erfuhren erst von seinem Aufenthaltsort, als ein Gefängnisbeamter sie etwa fünf Monate nach seiner Festnahme anrief und ihnen mitteilte, dass man Abdulkareem al-Hawaj im Gefängnis des Geheimdienstes in Dammam festhalte und sie ihn jetzt besuchen könnten. Während seiner Untersuchungshaft und der Verhöre wurde ihm rechtlicher Beistand versagt.

Abdulkareem al-Hawaj wurde in einer Reihe von Anklagepunkten für schuldig befunden, darunter "Werfen von Molotowcocktails", "Teilnahme an Unruhen, bei denen auf ein gepanzertes Fahrzeug geschossen wurde", "Teilnahme an illegalen Versammlungen und Skandieren gegen den Staat", Nutzung von sozialen Medien zur Verbreitung von Fotos und Videos von Demonstrationen in Al-Qatif und Bahrain sowie "Beleidigung der Führungsriege". Laut Gerichtsdokumenten beziehen sich die Anklagen auf die Zeit während des Ramadan im August 2012, als Abdulkareem al-Hawaj 16 Jahre alt war.

Drei weitere Todeskandidaten wurden ebenfalls für Straftaten zum Tode verurteilt, die sie als Minderjährige begangen haben sollen. Sie geben an, dass sie gefoltert wurden, um die "Geständnisse" abzulegen. Einer von ihnen, Ali al-Nimr, ist der Neffe des bekannten schiitischen Geistlichen Scheich Nimr al-Nimr. Nähere Informationen zu seinem Fall finden Sie in der Urgent Action UA-143/2014: Jugendlicher zum Tode verurteilt https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-143-2014/jugendlicher-zum-tode-… sowie in den weiteren Informationen zu dieser Urgent Action: Todesurteil bestätigt https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-143-2014-1/todesurteil-bestaeti… und Drohende Hinrichtung https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-143-2014-2/drohende-hinrichtung.