Zum Tode verurteilt

Abdulkareem al-Hawaj

Abdulkareem al-Hawaj

Das Sonderstrafgericht in Riad hat Abdulkareem al-Hawaj zum Tode verurteilt. Er war zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat 16 Jahre alt. Der Schiit gibt an, dass man ihn fünf Monate lang in Einzelhaft ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und mit Folter zu einem "Geständnis" gezwungen habe.

Appell an

KÖNIG UND PREMIERMINISTER
His Majesty Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)
Twitter: @KingSalman

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior
P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 11 403 3125
Twitter: @M_Naif_Alsaud

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
His Excellency
Dr Walid bin Mohammed bin Saleh Al-Samaani
Ministry of Justice
University Street
PO Box 7775, Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 401 1741 oder (00 966) 11 402 031

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herr Awwad Saleh A Alawwad
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Oktober 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte heben sie das Todesurteil gegen Abdulkareem al-Hawaj auf und stellen Sie sicher, dass er eine Neuverhandlung erhält, die den internationalen Standards für faire Verfahren entspricht und bei der die Todesstrafe ausgeschlossen ist.

  • Ich möchte Sie bitten, eine unabhängige Untersuchung seiner Vorwürfe über Folter und anderweitige Misshandlungen einzuleiten.

  • Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass Saudi-Arabien Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist, welches die Verhängung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger sind als 18 Jahre, strengstens untersagt.

  • Bitte verfügen Sie umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe in Saudi-Arabien.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to quash the conviction of Abdulkareem al-Hawaj, and order a retrial in line with international fair trial standards without recourse to the death penalty.

  • Calling on them to order an independent investigation into his allegation of torture and other ill-treatment.

  • Reminding them that Saudi Arabia is a state party to the Convention on the Rights of the Child, which strictly prohibits the use of the death penalty for crimes committed by persons below the age of 18.

  • Urging them to immediately establish an official moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty in Saudi Arabia.

Sachlage

Abdulkareem al-Hawaj ist am 27. Juli 2016 vom Sonderstrafgericht in Riad zum Tode verurteilt worden. Er wurde in einer Reihe von Anklagepunkten schuldig befunden, darunter "Werfen von Molotowcocktails", "Teilnahme an Unruhen, bei denen auf ein gepanzertes Fahrzeug geschossen wurde", "Teilnahme an illegalen Versammlungen und Skandieren gegen den Staat", Nutzung von sozialen Medien zur Verbreitung von Fotos und Videos von Demonstrationen in Qatif und Bahrain sowie "Beleidigung der Führungsriege". Laut Gerichtsdokumenten beziehen sich die Anklagen auf die Zeit während des Ramadan im August 2012, als Abdulkareem al-Hawaj 16 Jahre alt war. Das Gericht hat sich bei seiner Entscheidung offenbar ausschließlich auf "Geständnisse" gestützt, die Angaben von Abdulkareem al-Hawaj zufolge entstanden sind, als er ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und gefoltert wurde. Seine Familie hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.

Laut Amnesty International vorliegenden Informationen wurde Abdulkareem al-Hawaj am 16. Januar 2014 an einem Kontrollpunkt in dem Dorf al-Awamia in der Region Qatif in der Provinz asch-Scharqiyya festgenommen. Man brachte ihn zum Gefängnis des Geheimdiensts des Innenministeriums (al-Mabahith) in Qatif, wo er eigenen Angaben zufolge von Vollzugsbeamt_innen mit Händen, Schuhen und Stöcken geschlagen wurde. Nach einer Woche brachte man ihn in das Gefängnis des Geheimdiensts in Dammam im Osten Saudi-Arabiens. Dort soll er gefoltert worden sein. Unter anderem habe man ihn während der Verhöre geschlagen und damit gedroht, seine Familie zu töten, um ihn so zu zwingen, ein "Geständnis" zu verfassen und zu unterschreiben. Er befindet sich noch immer in dem Gefängnis des Geheimdiensts in Dammam.

Abdulkareem al-Hawaj hatte während der Untersuchungshaft und der Verhöre keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Er gibt zudem an, in den ersten fünf Monaten nach seiner Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt in Einzelhaft gehalten worden zu sein. Als seine Angehörigen auf Polizeiwachen und in Gefängnissen in Qatif nach ihm fragten, gaben die dortigen Beamt_innen an, dass er sich nicht in ihrem Gewahrsam befinde. Sie erfuhren erst von seinem Aufenthaltsort, als ein Beamter des Gefängnisses des Geheimdiensts des Innenministeriums in Dammam sie etwa fünf Monate nach seiner Festnahme anrief und ihnen mitteilte, dass man Abdulkareem al-Hawaj dort festhalte und sie ihn besuchen könnten. Laut der Gerichtsdokumente hielt man ihn mehr als zwei Jahre ohne Anklage fest. Er streitet alle Beschuldigungen ab und gibt an, an keiner der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Handlungen beteiligt gewesen zu sein.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Saudi-Arabien hat eine der höchsten Hinrichtungsraten weltweit: über 2.200 Menschen wurden zwischen 1985 und 2015 exekutiert. Allein zwischen Januar und September 2016 sind in Saudi-Arabien mindestens 118 Personen hingerichtet worden.
Saudi-Arabien verhängt auch Todesurteile gegen und vollstreckt diese an Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre waren. Damit verstößt das Land gegen seine Verpflichtungen unter dem Völkergewohnheitsrecht sowie gegen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes.

Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien entsprechen regelmäßig nicht den internationalen Standards für faire Verfahren und den UN-Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht. Verhandlungen in Todesstrafenprozessen finden häufig im Geheimen statt und die Verfahren dabei sind unfair und summarisch. Den Angeklagten wird während der verschiedenen Inhaftierungs- und Verhandlungsphasen nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden. Verurteilungen auf der Basis von durch Folter und anderweitige Misshandlungen erzielten "Geständnissen" werden zugelassen.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

Die Spannungen zwischen saudischen Schiit_innen und den Behörden haben seit 2011 zugenommen, denn seit diesem Zeitpunkt fordern Schiit_innen in der von ihnen dominierten Ostprovinz des Königreichs Saudi-Arabien Reformen. Die Protestbewegungen im Nahen Osten und Nordafrika haben sie zum Teil dazu inspiriert. Seither werden Demonstrationen organisiert, um gegen die Festnahme, Inhaftierung und Schikanierung von Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft zu protestieren. Gebetstreffen, das Feiern schiitischer Feste und Verstöße gegen die Einschränkungen beim Bau schiitischer Moscheen und religiöser Schulen nehmen die Behörden zum Anlass für diese Repressalien.

Die saudischen Behörden reagieren ebenfalls mit repressiven Maßnahmen gegen diejenigen, die im Verdacht stehen, an den Protesten teilzunehmen, sie zu unterstützen oder sich kritisch gegenüber dem Staat zu äußern. Protestierende werden ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt tage- oder wochenlang in Haft gehalten und manche werden Berichten zufolge gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Wenn Fälle an die Gerichte übergeben werden, legt man den Beschuldigten vielfach lediglich die Teilnahme an Demonstrationen zur Last.

Unter den Personen, die im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt wurden, sind auch Ali al-Nimr, Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon. Ali al-Nimr war bei seiner Festnahme 17 Jahre alt. Er ist der Neffe des bekannten schiitischen Geistlichen Sheikh Nimr al-Nimr, der am 2. Januar 2016 mit 46 weiteren Personen hingerichtet wurde. Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoon waren 16 bzw. 17 Jahre alt, als man sie festnahm.

Ali al-Nimr wurde am 27. Mai 2014 vom Sonderstrafgericht in Dschidda wegen ähnlicher Anklagepunkte wie Abdulkareem al-Hawaj zum Tode verurteilt. Weitere Informationen zu seinem Fall finden Sie in UA-143/2014 online unter https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-143-2014-2/drohende-hinrichtung. Dawood al-Marhoorn und Abdullah al-Zaher wurden am 22. Oktober 2014 vom Sonderstrafgericht in Riad ebenfalls wegen ähnlicher Anklagen zum Tode verurteilt. In allen drei Fällen stützten sich die Todesurteile offenbar auf "Geständnisse", die den Angeklagten zufolge unter Folter und anderweitiger Misshandlung erzwungen worden waren.

Gemäß internationalen Menschenrechtsnormen darf die Todesstrafe nur für die "schwerwiegendsten Straftaten" verhängt werden. Zu dieser Kategorie gehören laut UN-Expert_innen nur Straftaten, die eine "vorsätzliche Tötung" umfassen.