Unmittelbar bevorstehende Hinrichtung

Eine schwarze Tafel, auf der in Weiss und Gelb geschrieben steht: "Sag nein zur Todesstrafe!"

   

Am 13. Juli 2020 bestätigte das bahrainische Kassationsgericht erneut die Todesurteile gegen Mohamed Ramadhan und Hussain 'Ali Moosa, obwohl Beweise dafür vorliegen, dass beide Männer bei den Vernehmungen gefoltert wurden. Bereits im Jahr 2015 waren die Todesurteile vom Kassationsgericht zunächst bestätigt, dann jedoch am 22. Oktober 2018 wieder aufgehoben und wegen neuer Beweise zur erneuten Prüfung an das Berufungsgericht übergeben worden. Der Fall wird nun dem König vorgelegt, der die Möglichkeit hat, das Urteil zu bestätigen, umzuwandeln oder eine Begnadigung auszusprechen.

Appell an

KÖNIG

Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa

Office of His Majesty the King

P.O. Box 555, Rifa'a Palace

al-Manama

BAHRAIN

 

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN

S. E. Herrn Abdulla Abdullatif Abdulla Abdullatif

Klingelhöferstr. 7

10785 Berlin

Fax: 030-868 777 88

E-Mail: info@bahrain-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Ich bitte Sie, die Todesurteile von Mohamed Ramadhan 'Issa 'Ali Hussain und Hussain 'Ali Moosa Hussain Mohamed nicht zu ratifizieren und dafür zu sorgen, dass die beiden Männer nicht hingerichtet werden.
  • Leiten Sie bitte eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
  • Bitte heben Sie Schuldspruch und Todesurteil gegen die beiden Männer auf, da ihr Prozess nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach und durch Folter erzwungene "Geständnisse" vor Gericht zugelassen wurden.  
  • Ich erkenne die Pflicht der Behörden zur Verbrechensprävention und Strafverfolgung an, möchte jedoch daran erinnern, dass die entsprechenden Maßnahmen stets den internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen Bahrains entsprechen müssen.
  • Bitte wandeln Sie alle Todesurteile in Haftstrafen um und verhängen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

Sachlage

Am 13. Juli 2020 bestätigte das Kassationsgericht zum zweiten Mal Schuldspruch und Todesurteil gegen Hussain 'Ali Moosa Hussain Mohamed und Mohamed Ramadhan 'Issa 'Ali Hussain. Die beiden Männer waren 2014 in einem Verfahren zum Tode verurteilt worden, das nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprach, und der Schuldspruch beruhte hauptsächlich auf einem durch Folter erzwungenen "Geständnis".

Mohamed Ramadhan und Hussain 'Ali Moosa wurden im Jahr 2014 wegen der Tötung eines Polizisten zum Tode verurteilt. Am 16. November 2015 bestätigte das Kassationsgericht die Todesurteile. Im Jahr 2018 förderte die Sonderermittlungseinheit SIU jedoch neue Arztberichte zutage, die darauf hindeuten, dass die von den Männern erhobenen Foltervorwürfe berechtigt sind. Daraufhin hob das Kassationsgericht die Todesurteile auf und ordnete an, den Fall vor dem Hohen Berufungsgericht für Strafsachen von einem neuem Richtergremium neu prüfen zu lassen. Trotz dieser neuen Beweismittel bestätigte das Hohe Berufungsgericht für Strafsachen im Januar 2020 die Schuldsprüche und Todesurteile.

Am 14. Juli 2020 zeigte sich ein_e Sprecher_in des UN-Menschenrechtsbüros sehr besorgt darüber, dass das höchste Gericht Bahrains die Todesurteile aufrechterhalten hatte, und appellierte an die bahrainischen Behörden, die Hinrichtungen umgehend auszusetzen.

Bahrain ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, der das Recht auf Leben und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren festschreibt. Dazu gehört auch das Recht auf Verweigerung der Aussage, wenn man sich selbst belasten bzw. die eigene Schuld gestehen müsste. Der UN-Menschenrechtsausschuss vertritt den Standpunkt, dass die Verhängung der Todesstrafe nach einem Verfahren, das nicht den Regeln des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte entspricht, eine Verletzung von Artikel 6 des Paktes (Recht auf Leben) ist. In einem Bericht von 2012 betonte der damalige UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, dass es "willkürlich" sei, die Todesstrafe zu verhängen, wenn "das Gerichtsverfahren nicht an den höchsten Maßstäben für faire Gerichtsverfahren orientiert war". Aussagen, die aufgrund von Folter, Misshandlung oder anderen Formen der Nötigung zustande gekommen sind, dürfen laut Völkerrecht in strafrechtlichen Verfahren nicht als Beweismaterial verwendet werden. Eine Ausnahme bilden Verfahren gegen die für derartige Misshandlungen Verantwortlichen – erzwungene Aussagen dürfen als Beweis für die Misshandlungen verwendet werden.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der gewählten Hinrichtungsmethode.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sicherheitskräfte nahmen den Hotelangestellten Hussain 'Ali Moosa Hussain Mohamed am 21. Februar 2014 fest; die Festnahme von Mohamed Ramadhan 'Issa 'Ali Hussain erfolgte am 18. Februar 2014 am Internationalen Flughafen von Bahrain, wo er im Sicherheitsbereich tätig war. Beide Männer wurden zur Kriminalpolizei gebracht, wo sie ihren Angaben zufolge verhört und gefoltert wurden. Mohamed Ramadhan weigerte sich, ein "Geständnis" zu unterschreiben. Hussain 'Ali Moosa gab hingegen an, er sei gezwungen worden, den Mord an einem Polizisten zu gestehen und Mohamed Ramadhan zu belasten, nachdem er an den Gliedmaßen aufgehängt und über mehrere Tage hinweg geschlagen worden sei. Sein "Geständnis" wurde im folgenden Gerichtsverfahren als Hauptbeweismittel für die Schuld der beiden Männer herangezogen. Sie werden im Jaw-Gefängnis im Süden der Hauptstadt Manama festgehalten.

Mohamed Ramadhan und Hussain 'Ali Moosa wurden am 29. Dezember 2014 wegen der Tötung eines Polizisten zum Tode verurteilt. Der Polizist war bei einem Bombenanschlag am 14. Februar 2014 im Dorf al-Deir nordöstlich von Manama getötet worden. Die Todesurteile wurden am 30. März 2015 vor dem Hohen Berufungsgericht für Strafsachen bestätigt und am 16. November 2015 auch vor dem Kassationsgericht aufrechterhalten.

Obwohl das Büro der bahrainischen Ombudsperson im Jahr 2014 Beschwerden von Mohamed Ramadhans Ehefrau und einer in den USA ansässigen NGO erhielt, nahm das Büro zwei Jahre lang keine Untersuchungen zu den erhobenen Foltervorwürfen auf. Im April 2016 informierte die Ombudsperson die britische Regierung fälschlicherweise, dass sie zu Mohamed Ramadhan "keine Misshandlungs- oder Foltervorwürfe" erhalten habe. Erst nach internationalem Druck teilte die bahrainische Ombudsperson der britischen Regierung dann im Juli 2016 mit, dass sie eine "umfassende und unabhängige Untersuchung" durchführen werde. Anschließend befragte sie die Ehefrau und den Rechtsbeistand von Mohamed Ramadhan.

Am 28. März 2018 gab der Generalstaatsanwalt bekannt, dass er eine Stellungnahme der Sonderermittlungseinheit SIU erhalten habe. Gegenstand dieser Stellungnahme seien die Untersuchungen der SIU zu den von Mohamed Ramadhan und Hussain 'Ali Moosa erhobenen Foltervorwürfen. Die SIU empfahl eine erneute Überprüfung der Fälle, die daraufhin an den Justizminister weitergeleitet wurden. Anfang Mai 2018 beantragte dieser beim Kassationsgericht eine erneute Überprüfung der Urteile. Der Sonderermittlungseinheit zufolge waren bislang unberücksichtigte Arztberichte von Mediziner_innen des Innenministeriums aufgetaucht, die darauf hindeuten, dass die beiden Männer gefoltert worden waren. Die Berichte hatten dem Gericht im ersten Verfahren nicht vorgelegen. Am 22. Oktober 2018 hob das Kassationsgericht die Todesurteile wegen neuer Beweismittel auf und ordnete an, dass die Fälle der beiden Männer vor dem Hohen Berufungsgericht für Strafsachen von einem neuem Richtergremium überprüft werden sollen.

Am 25. Dezember 2019 sagten die Gefängnisbehörden zu Hussain 'Ali Moosa und Mohamed Ramadhan, dass sie noch am selben Tag vor dem Hohen Berufungsgericht für Strafsachen erscheinen müssten, um der Urteilsverkündung beizuwohnen. Kurz darauf wurde ihnen ohne Angabe von Gründen mitgeteilt, dass sie nun doch nicht zum Gericht gebracht würden. Im Gerichtssaal, wo u. a. Vertreter_innen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands anwesend waren, vertagte der Richter den Urteilsspruch, da die beiden Männer nicht zugegen waren. Am 8. Januar 2020 wurden Schuldspruch und Todesurteil gegen die beiden Männer erneut bestätigt.