Amnesty Report Kuwait 07. Mai 2015

Kuwait 2015

 

Friedlich vorgebrachte Kritik am Staatsoberhaupt, an staatlichen Stellen oder am Islam war 2014 weiterhin verboten. Menschenrechtsaktivisten und Personen, die sich für politische Reformen aussprachen, gerieten ins Fadenkreuz der Behörden, wurden festgenommen, inhaftiert und strafrechtlich verfolgt. Personen, die sich in sozialen Medien kritisch äußerten, wurden unter Verweis auf das Telekommunikationsgesetz strafrechtlich verfolgt und inhaftiert. Das Recht auf Versammlungsfreiheit blieb weiterhin eingeschränkt.

Tausenden staatenlosen Bidun wurden nach wie vor die Staatsbürgerschaft und die bürgerlichen Rechte vorenthalten. Die Behörden entzogen mehreren Regierungskritikern und deren Familienangehörigen willkürlich die kuwaitische Staatsbürgerschaft. Frauen wurden durch Gesetze sowie im täglichen Leben diskriminiert.

Arbeitsmigranten, deren Anteil an der Bevölkerung mehr als 50% betrug, waren rechtlich kaum abgesichert und wurden häufig Opfer von Diskriminierung, Ausbeutung und Misshandlungen. Die Todesstrafe blieb für eine Reihe von Verbrechen weiterhin in Kraft; es gab keine Berichte über Hinrichtungen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im April 2014 verbot die Staatsanwaltschaft den Medien, über ein frei zugängliches Video zu diskutieren, das offenbar zwei ehemalige ranghohe Politiker zeigte, die über einen Plan zur Absetzung des Emirs und zur Übernahme der Macht im Staat sprachen. Einem Medienunternehmer, dessen Fernseh- und Radiostation gegen das Verbot verstoßen haben soll, wurde die kuwaitische Staatsbürgerschaft entzogen.

Mindestens acht Personen wurden wegen Kommentaren verurteilt, die sie in den sozialen Medien veröffentlicht hatten. Sie waren auf Grundlage des Strafgesetzbuchs angeklagt worden, das die "Diffamierung" des Emirs, staatlicher Behörden und der Religion verbietet, sowie auf Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 2001, das die Nutzung von Telekommunikationskanälen zur Verbreitung von Kritik verbietet.

Bis zu zehn weitere Personen sahen sich wegen Äußerungen, die sie hauptsächlich über Twitter verbreitet hatten, mit einem Kreislauf aus strafrechtlicher Verfolgung, Gerichtsverfahren, Schuldsprüchen und Rechtsmittelverfahren konfrontiert.

Einer von ihnen war der Blogger und Menschenrechtsaktivist Abdullah Fairouz, der im November 2013 festgenommen worden war. Im Januar 2014 wurde er wegen Äußerungen auf Twitter zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Juli bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil gegen den Blogger Hamad al-Naqi. Er war 2012 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er die Religion und ausländische Staatsoberhäupter "verunglimpft" haben soll.

Im Juli 2014 nahmen die Behörden den früheren Parlamentsabgeordneten und Regierungskritiker Musallam al-Barrak fest. Berichten zufolge hatte er im Juni in einer Rede vor einer großen Menschenmenge ranghohe Beamte der Bestechlichkeit und der Korruption bezichtigt. Er blieb zehn Tage in Haft, bevor er freikam und ihm der Prozess wegen "Diffamierung" der Justiz gemacht wurde.

Seine Inhaftierung löste zahlreiche Proteste aus. Die Regierung wies den Vorwurf zurück, die Polizei sei mit exzessiver Gewalt gegen die Protestierenden vorgegangen. Ende 2014 waren noch mehrere strafrechtliche Verfahren gegen Musallam al-Barrak wegen kritischer Äußerungen anhängig.

Entzug der Staatsbürgerschaft

Die Regierung wendete 2014 eine neue Taktik an, indem sie Kritikern und ihren Familienangehörigen willkürlich die kuwaitische Staatsbürgerschaft aberkannte. Die staatlichen Stellen beriefen sich dabei auf das Gesetz zur kuwaitischen Staatsbürgerschaft aus dem Jahr 1959.

Im Juli verloren der Eigentümer der Zeitung und des Nachrichtenkanals Al-Yawn, Ahmed Jabr al-Shammari, vier weitere Kritiker sowie deren Angehörige ihre Staatsbürgerschaft. Insgesamt wurden auf diese Weise mehr als 30 Personen staatenlos. Im August entzogen die Behörden mindestens zehn Personen die Staatsbürgerschaft, im September waren 15 weitere von der willkürlichen Maßnahme betroffen.

Folter und andere Misshandlungen

Foltervorwürfe, die Häftlinge gegen Angehörige der Sicherheitskräfte erhoben, wurden von den Behörden nach wie vor nicht unabhängig untersucht. In einem Brief an Amnesty International bestritt die Regierung im September 2014 willkürliche Festnahmen bei Demonstrationen sowie Folter und andere Misshandlungen durch Sicherheitskräfte.

Abdulhakim al-Fadhli, der sich für die Menschenrechte staatenloser Bidun einsetzt, gab im Februar gegenüber einem ermittelnden Staatsanwalt an, Polizisten hätten ihn in der Haft geschlagen, um seine Unterschrift unter ein "Geständnis" zu erzwingen. Der Staatsanwalt ordnete weder die von Abdulhakim al-Fadhli erbetene medizinische Untersuchung an, noch leitete er weitere Schritte ein, um die Foltervorwürfe zu untersuchen.

Diskriminierung von Bidun

Zwar wurden einige wenige staatenlose Bidun 2014 offiziell als kuwaitische Staatsbürger anerkannt, mehr als 100000 Personen wurde die Staatsbürgerschaft jedoch weiterhin vorenthalten, obwohl sie bereits seit vielen Jahren im Land lebten. Sie waren damit von Rechten und staatlichen Leistungen ausgeschlossen, die nur kuwaitischen Staatsbürgern zustehen, darunter kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung sowie das Wahlrecht.

Der kuwaitische Ministerpräsident hatte Amnesty International im Oktober 2012 zugesichert, seine Regierung werde die Frage der Staatsangehörigkeit für Bidun in Kuwait innerhalb von fünf Jahren lösen. Ende 2014 erschien dies jedoch sehr unwahrscheinlich.

Trotz eines Versammlungsverbots für "Nicht-Staatsbürger" demonstrierten staatenlose Bidun und forderten ein Ende der Diskriminierung. In einigen Fällen lösten Sicherheitskräfte die Protestaktionen auf. Den Vorwurf, die Polizei habe dabei unverhältnismäßige Gewalt eingesetzt, wies die Regierung jedoch zurück.

Dutzende Bidun standen wegen verbotener Versammlungen oder Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit vor Gericht. Viele der Prozesse wurden immer wieder vertagt; im September wurden allerdings 67 Angeklagte freigesprochen. Die Behörden inhaftierten mindestens 15 Bidun-Aktivisten, denen sie Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Teilnahme an "verbotenen Versammlungen" vorwarfen.

Frauenrechte

Im Vergleich zu anderen Golfstaaten war die rechtliche Situation der kuwaitischen Frauen etwas besser. So genossen sie z.B. das aktive und passive Wahlrecht und konnten damit für ein politisches Amt kandidieren. Dennoch waren sie Männern rechtlich nicht gleichgestellt. So war für Frauen ein männlicher "Beschützer" gesetzlich vorgeschrieben, wenn es um Familienangelegenheiten wie Scheidung, Sorgerecht und Erbangelegenheiten oder ihre medizinische Behandlung ging.

Rechte von Arbeitsmigranten

Arbeitsmigranten, die die Mehrheit der Arbeitskräfte in Kuwait stellten, wurden von ihren Arbeitgebern weiterhin ausgebeutet und misshandelt, was u.a. auf das Sponsorensystem (kafala) zurückzuführen war. Hausangestellte, bei denen es sich überwiegend um Frauen aus asiatischen Ländern handelte, waren besonders von Ausbeutung betroffen, denn für sie galten die Schutzklauseln der kuwaitischen Arbeitsgesetzgebung nicht.

Todesstrafe

Die Todesstrafe blieb für Mord und einige andere Verbrechen weiterhin in Kraft. 2014 wurden mindestens fünf Todesurteile verhängt. Es lagen keine Berichte über Hinrichtungen vor.

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