Amnesty Report Syrien 24. April 2024

Syrien 2023

Eine Rauchsäule steigt empor über der Stadt.

Explosion in der nordsyrischen Stadt Idlib nachdem einem Luftangriff mit Kampfflugzeugen (14. Oktober 2023)

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Der langjährige bewaffnete Konflikt dauerte an, und alle Konfliktparteien und deren Verbündete waren für rechtswidrige Angriffe verantwortlich, bei denen Zivilpersonen getötet und lebenswichtige zivile Infrastruktur zerstört wurden. Mitglieder bewaffneter Gruppen, die von der Türkei unterstützt wurden, töteten vier Zivilpersonen rechtswidrig. Die Regierung und bewaffnete Gruppen blockierten humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung. Mehr als hunderttausend Menschen waren weiterhin Opfer des Verschwindenlassens. Die UN-Generalversammlung richtete eine internationale Institution ein, um das Schicksal der Verschwundenen aufzuklären und die Familien der Opfer zu entschädigen. Sicherheits- und Streitkräfte inhaftierten Personen, die ihre Meinung äußerten, willkürlich. Flüchtlinge, die nach Syrien abgeschoben wurden, liefen weiterhin Gefahr, bei ihrer Rückkehr inhaftiert zu werden. Die Regierung verletzte nach wie vor die wirtschaftlichen und sozialen Rechte von Bewohner*innen und Binnenvertriebenen im Nordwesten des Landes, indem sie Lieferungen lebenswichtiger Güter verhinderte. Außerdem verletzte sie das Recht auf Wohnen der Bewohner*innen Aleppos, deren Häuser bei Erdbeben am 6. Februar 2023 in Mitleidenschaft gezogen wurden. Auf den Golanhöhen, einem syrischen Gebiet, das seit 56 Jahren von Israel besetzt war, schlug die israelische Armee Proteste gegen die Errichtung von Windkraftanlagen gewaltsam nieder.

Hintergrund

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) teilte am 27. Januar 2023 mit, es gebe "hinreichenden Grund zu der Annahme", dass die syrische Regierung bei Angriffen auf die Stadt Duma nahe der Hauptstadt Damaskus am 7. April 2018 chemische Waffen eingesetzt habe.

Am 6. Februar 2023 erschütterten zwei Erdbeben mit einer Stärke von 7,8 bzw. 7,5 auf der Richterskala den Südosten der Türkei und den Norden Syriens. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen kamen in Syrien mindestens 6.000 Menschen ums Leben, rund 400.000 Familien verloren ihr Zuhause, und mehr als 8,8 Mio. Menschen benötigten humanitäre Soforthilfe. Die Erdbeben verschlimmerten die katastrophale wirtschaftliche Lage, denn bereits zuvor hatte mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung nicht genug zu essen. 

Am 7. Mai 2023 stimmten die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga dafür, Syrien wieder in die Organisation aufzunehmen, nachdem das Land im November 2011 wegen der brutalen Niederschlagung friedlicher Proteste ausgeschlossen worden war.

Am 27. August 2023 nahmen die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die den militärischen Arm der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien bilden, Ahmad al-Khabil fest, den Vorsitzenden des Militärrats in der Stadt Deir ez-Zor. Sie warfen ihm vor, mit der syrischen Regierung in Kontakt zu stehen. Seine Festnahme führte zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den SDF und arabischen Stämmen, die mit Ahmad al-Khabil verbunden waren. Infolge der Kämpfe wurden mindestens 50.000 Menschen in Gebiete vertrieben, die unter der Kontrolle der syrischen Regierung standen. 

Im September 2023 protestierten Tausende Menschen in Sweida, einer Stadt mit überwiegend drusischer Bevölkerung im Südwesten des Landes, gegen die schlechte wirtschaftliche Lage und forderten den Sturz des "Regimes".

Israel setzte seine Luftangriffe auf syrische Regierungstruppen sowie auf iranische Kräfte und Stellungen der Hisbollah in Syrien fort. Im Zuge des bewaffneten Konflikts im Gazastreifen (siehe Länderkapitel Israel und besetzte palästinensische Gebiete und Länderkapitel Palästina) griff Israel am 12. Oktober 2023 die internationalen Flughäfen von Aleppo und Damaskus aus der Luft an. Drei Tage später beschossen Kräfte, die der syrischen Regierung nahestanden, die israelisch besetzten Golanhöhen mit Raketen.

Vom Beginn des bewaffneten Konflikts im Jahr 2011 bis zum Jahresende 2023 waren 5,6 Mio. Menschen ins Ausland geflohen. 

Rechtswidrige Angriffe

Die Konfliktparteien und ihre Verbündeten verübten 2023 weiterhin rechtswidrige Boden- und Luftangriffe auf Zivilpersonen und zivile Einrichtungen im Norden des Landes, die zahlreiche Zivilpersonen verletzten oder töteten und lebenswichtige zivile Infrastruktur zerstörten. 

Syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland

Von Oktober bis Dezember 2023 intensivierte die syrische Regierung mit Unterstützung Russlands die Luftangriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte im Nordwesten des Landes, der von bewaffneten oppositionellen Gruppen kontrolliert wurde. Wie die Vereinten Nationen mitteilten, wurden bei den Angriffen bis zum 21. Dezember 99 Zivilpersonen getötet und mehr als 400 verletzt sowie 23 Gesundheitseinrichtungen und 17 Schulen beschädigt. 

Nach Angaben der vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzten Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission für die Arabische Republik Syrien verübten syrische Regierungstruppen bereits vor dieser Eskalation mehrere rechtswidrige Bodenangriffe im Nordwesten des Landes. Am 9. April 2023 beschossen Regierungstruppen das dicht besiedelte Zentrum von Sarmin, einer Stadt östlich von Idlib und etwa fünf Kilometer von der nächsten Frontlinie entfernt. Bei dem Angriff wurde ein 13-jähriger Junge getötet, drei weitere Kinder, die draußen spielten, trugen Verletzungen davon. Am 22. Juni feuerten Regierungstruppen zwei ungelenkte Raketen auf Sarmin ab, die eine Frau töteten und einen Jungen und vier Frauen verletzten. 

Die UN-Untersuchungskommission dokumentierte außerdem einen russischen Luftangriff am 25. Juni um 10 Uhr morgens auf ein Wohnhaus in der Stadt Jisr al-Shughur in der Provinz Idlib, bei dem drei Zivilpersonen getötet und 34 verletzt wurden. Das Haus, das nach Angaben der Untersuchungskommission möglicherweise von einer bewaffneten Gruppe genutzt wurde, grenzte an einen Gemüsemarkt. 

Türkei

Nach Angaben der UN-Untersuchungskommission schlug am 18. Januar 2023 eine "wahrscheinlich von einer Drohne abgefeuerte türkische Luft-Boden-Lenkwaffe" in einen Lastwagen ein, der auf der Straße von Qamischli nach al-Malikiyah in Nordostsyrien an einem Supermarkt vorbeifuhr. Der Angriff tötete einen Mann und einen elfjährigen Jungen und verletzte mehrere Personen, die sich in dem Supermarkt aufhielten. Das Gebiet in der Provinz al-Hasaka wurde von der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien kontrolliert, die mit der Türkei und der von ihr unterstützten Koalition bewaffneter Gruppen namens Syrische Nationalarmee (SNA) verfeindet war. 

Nachdem die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) am 1. Oktober 2023 in der türkischen Hauptstadt Ankara einen Bombenanschlag verübt hatte, bei dem zwei Polizisten verletzt wurden, verstärkte die Türkei ihre Luftangriffe auf Nordostsyrien. Am 7. Oktober erklärte die türkische Armee, seit dem Bombenanschlag in Ankara seien bei Luftangriffen in Nordostsyrien 58 kurdische Kämpfer getötet worden. Nach Angaben der kurdischen Behörden, die den Nordosten Syriens kontrollieren, wurden am 5. und 6. Oktober bei türkischen Luftangriffen in der Nähe eines Lagers für Binnenvertriebene und mehrerer Dörfer elf Zivilpersonen getötet. Die Angriffe richteten sich gegen mindestens drei Ölraffinerien, zwei Kraftwerke, zwei Krankenhäuser sowie eine Schule und führten zu Stromausfällen, die Zehntausende Menschen in den Städten al-Hasaka und Qamischli betrafen. 

Rechtswidrige Tötungen

Am 20. März 2023 schossen Mitglieder der SNA in der Stadt Dschinderes in Nordsyrien auf eine kurdische Familie, die das kurdische Neujahrsfest Newroz feierte, dabei töteten sie vier Zivilpersonen und verletzten drei weitere. Am nächsten Tag nahm die SNA vier bewaffnete Kämpfer fest, die mutmaßlich für den Angriff verantwortlich waren. Sie gab jedoch nicht bekannt, ob diese bestraft wurden und ob die Familie eine Entschädigung erhalten würde. 

Verweigerung humanitärer Hilfslieferungen

Die syrische Regierung und die SNA blockierten in der Provinz Aleppo humanitäre Hilfslieferungen, auch nach den Erdbeben.

Syrische Regierung 

Die Behörden verhinderten weiterhin, dass Zehntausende Zivilpersonen, darunter auch Binnenvertriebene, die in überwiegend kurdischen Gebieten in der Provinz Aleppo lebten, Kraftstoff und andere lebenswichtige Güter wie Mehl und Medikamente erhielten. Bei kaltem Wetter verbrannten die Menschen Haushaltsgegenstände und Plastik, um sich zu wärmen. Die Gebiete wurden vom kurdischen Zivilrat verwaltet, der mit der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Verbindung stand.

Nach den Erdbeben am 6. Februar 2023 verzögerten die syrischen Behörden die Hilfslieferungen für die Stadtviertel Scheich Maksud und Ashrafieh im Norden Aleppos, in denen mehrheitlich Kurd*innen leben, und verschärften die humanitäre Krise damit noch weiter. Ein humanitärer Helfer und lokaler Vertreter in Nordostsyrien berichtete Amnesty International, die syrische Regierung habe erst nach siebentägigen Verhandlungen erlaubt, dass 100 Lastwagen mit Kraftstoff und humanitären Hilfsgütern der kurdischen Autonomieverwaltung am 16. Februar in die beiden Stadtteile fahren durften. Die syrische Regierung machte dabei zur Bedingung, dass sie mehr als die Hälfte der Hilfsgüter erhielt und die Verteilung in den beiden Stadtteilen ausschließlich durch sie erfolgte.

Die Regierung blockierte weiterhin Hilfslieferungen für 8.000 Menschen, die ohne medizinische Versorgung, sanitäre Einrichtungen und sauberes Wasser in einem informellen Lager in der Nähe von Rukban im Berm festsaßen, einem isolierten Wüstengebiet an der syrisch-jordanischen Grenze. Am 20. Juni 2023 belieferten in der Nähe stationierte US-Soldaten das Lager mit wichtigen Hilfsgütern, die humanitäre Organisationen aus den USA geschickt hatten. 

Syrische Nationalarmee 

Die von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen der SNA verhinderten, dass Menschen im Bezirk Afrin in der Provinz Aleppo nach den Erdbeben Hilfe erhielten. Sie schossen in die Luft, um Menschenmengen zu zerstreuen, die Hilfsgüter von Lastwagen in Empfang nehmen wollten, und zweigten Hilfsgüter für ihre eigenen Angehörigen ab.

Vier von Amnesty International befragte Personen bestätigten, dass die SNA mindestens 30 Lastwagen mit Kraftstoff und anderen Hilfsgütern der kurdischen Autonomieverwaltung daran hinderte, in Gebiete unter Kontrolle der SNA zu gelangen. Die Lastwagen warteten sieben Tage lang vergeblich am Grenzübergang zwischen Nordostsyrien und dem Norden der Provinz Aleppo, bevor die Autonomieverwaltung sie zurückbeorderte. Ein kurdischer Mann im Bezirk Afrin, dessen Haus bei den Erdbeben zerstört worden war, berichtete Amnesty International, dass man "Beziehungen" (wasta) zu den bewaffneten Gruppen benötige, um Hilfe zu erhalten, und dass niemand gekommen sei, um zu helfen. 

Willkürliche Inhaftierung und Verschwindenlassen

Syrische Regierung 

Mehr als hunderttausend Menschen waren weiterhin Opfer des Verschwindenlassens, darunter Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Rechtsanwält*innen und politische Aktivist*innen. Viele von ihnen waren bereits seit mehr als zehn Jahren "verschwunden".

Laut der UN-Untersuchungskommission führten die Sicherheitskräfte der Regierung weiterhin willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen durch und griffen u. a. auf das Gesetz über Internetkriminalität zurück, um Kritik an der Regierung und ihrer Politik zu unterdrücken.

Am 23. März 2023 nahmen Sicherheitskräfte den Aktivisten Rami Viatli in der Provinz Latakia fest. Lokalen Quellen zufolge reagierten sie damit auf einen Facebook-Beitrag vom 12. März, in dem er die Behörden aufgefordert hatte, für Folterungen Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Am 5. September 2023 nahmen die Behörden die politische Aktivistin Lama Abbas ohne Haftbefehl fest. Sie hatte zwei Tage zuvor in den Sozialen Medien die Bewohner*innen von Latakia aufgerufen, ihr Land nicht zu verkaufen.

Im April 2023 nahmen die Sicherheitskräfte mindestens sechs Flüchtlinge fest, die die libanesischen Behörden nach Syrien abgeschoben hatten. Zwei ehemalige Gefangene berichteten Amnesty International, syrische Sicherheitskräfte hätten sie in einer Haftanstalt nahe der libanesischen Grenze festgehalten und erst nach Zahlung von Schmiergeld freigelassen. Zwei der festgenommenen Flüchtlinge seien in die sogenannte Palästina-Abteilung des Militärgeheimdiensts nach Damaskus gebracht worden, weil sie Fahnenflucht begangen hätten. 

Hay'at Tahrir al-Sham 

Die bewaffnete Gruppe Hay'at Tahrir al-Sham, die Al-Qaida nahestand und einen Großteil der Provinz Idlib kontrollierte, nahm weiterhin Journalist*innen, Aktivist*innen und andere Personen, die ihre Herrschaft kritisierten, willkürlich in Haft und verweigerte ihnen den Zugang zu einem Rechtsbeistand und Familienangehörigen.

Nach Angaben der UN-Untersuchungskommission inhaftierte die bewaffnete Gruppe im Januar einen Mann in Idlib eine Woche lang, weil er religiöse Reden kritisiert hatte. 

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Am 29. Juni 2023 beschloss die UN-Generalversammlung, eine unabhängige, internationale Institution einzurichten, um das Schicksal und den Verbleib von Zehntausenden Vermissten und Verschwundenen seit 2011 aufzuklären und deren Familien zu entschädigen.

Am 8. September 2023 kündigte ein Strafgericht in der französischen Hauptstadt Paris an, drei hochrangige syrische Sicherheitsbeamte, denen Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt wurde, in Abwesenheit vor Gericht zu stellen. Die Prozesse waren für Mai 2024 geplant. 

Am 10. Oktober 2023 begannen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) die Anhörungen wegen Verstößen Syriens gegen die Antifolterkonvention, nachdem Kanada und die Niederlande eine entsprechende Klage eingereicht hatten. Am 16. November ordnete der IGH in einem Eilverfahren an, dass Syrien sofort alle notwendigen Maßnahmen ergreifen müsse, um Folter und andere Misshandlungen während der Inhaftierung zu verhindern.

Am 15. November 2023 erließ die französische Justiz internationale Haftbefehle gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, dessen Bruder Maher al-Assad und zwei hochrangige Militärs wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Grund war ein Angriff mit verbotenen chemischen Kampfstoffen gegen Zivilpersonen in Ost-Ghouta östlich von Damaskus im August 2013, bei dem mindestens 1.000 Menschen getötet worden waren.

Wirtschaftliche und soziale Rechte

Im Nordwesten Syriens waren rund 4,4 Mio. Menschen, darunter 2,9 Mio. Binnenvertriebene, weiterhin vollkommen abhängig von humanitärer Hilfe, die von den Vereinten Nationen koordiniert wurde. Grundlage war ein Mandat des UN-Sicherheitsrats für humanitäre Hilfslieferungen von der Türkei aus. Am 11. Juli 2023 legte Russland im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Resolution ein, die eine Verlängerung des Mandats um neun Monate vorsah, und beendete damit die grenzüberschreitenden Lieferungen. Am 9. August einigte sich die syrische Regierung mit den Vereinten Nationen auf eine Fortsetzung der grenzüberschreitenden Hilfe bis Mitte Januar 2024. 

Durch die Erdbeben am 6. Februar 2023 erhöhte sich der humanitäre Bedarf im Nordwesten Syriens. Viele Menschen waren in Zelten untergebracht, die kaum Privatsphäre oder Schutz vor extremer Hitze, Kälte oder Regen boten, und hatten keinen oder nur begrenzten Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. 

Recht auf Wohnen

Bewohner*innen der Stadt Aleppo und Beschäftigte humanitärer Organisationen berichteten, dass die von den Behörden gebildeten Ingenieursausschüsse, die die bauliche Sicherheit von Gebäuden nach den Erdbeben am 6. Februar bewerten sollten, möglicherweise nicht sorgfältig genug arbeiteten. Zudem seien Abrisse vorgenommen worden, ohne die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verfahren und Schutzmaßnahmen gegen rechtswidrige Zwangsräumungen gemäß internationalen Menschenrechtsstandards zu erfüllen. Bewohner*innen konnten die Entscheidungen der Ausschüsse nicht anfechten und hatten oft nicht genug Zeit, ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen, bevor die Abrissbagger anrückten. In einigen Fällen boten die Behörden Menschen, deren Häuser aus Sicherheitsgründen abgerissen wurden, keine alternative Unterkunft oder Entschädigung an. Bewohner*innen, die ihre beschädigten Häuser reparieren wollten, stießen auf bürokratische Hindernisse. 

Besetzte Golanhöhen

Die Golanhöhen waren weiterhin von Israel besetzt und rechtswidrig annektiert. Am 22. Juni 2023 gingen israelische Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Tausende Menschen vor, die gegen den Bau von Windkraftanlagen in dem Gebiet protestierten, und verletzten Medienberichten zufolge 20 Personen. Die Demonstrierenden gehörten der drusischen religiösen Minderheit in Syrien an.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Syrien litt weiterhin unter einer mehrjährigen Dürre, die auf steigende Temperaturen infolge des Klimawandels zurückzuführen war und durch Versäumnisse in der Wasserwirtschaft und andere Faktoren verschärft wurde. Die Auswirkungen der Dürre auf die Menschen waren auch deshalb gravierend, weil Hilfslieferungen behindert wurden und die Kriegsparteien während des Konflikts wichtige Einrichtungen zur Wasserversorgung beschädigt, zerstört oder vernachlässigt hatten. 

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