Priester in Haft erkrankt

Der Gesundheitszustand des inhaftierten katholischen Priesters Nguyen Van Ly hat sich am 14. November drastisch verschlechtert. Offenbar erlitt der engagierte Verfechter der Demokratie einen Schlaganfall. Nguyen Van Ly ist zwar bei Bewusstsein, doch durch den Anfall halbseitig gelähmt. Man hat ihn in ein Gefängniskrankenhaus in der Hauptstadt Hanoi verlegt. Es besteht die Gefahr, dass man ihn in das Gefängnis zurückbringt, wo er keine angemessene medizinische Betreuung für seinen möglicherweise lebensbedrohlichen Zustand erhalten würde.

Appell an

AUßENMINISTER
Pham Gia Khiem
Minister of Foreign Affairs
1 Ton That Dam Street, Ba Dinh district
Ha Noi
VIETNAM
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 84) 43 823 1872
E-Mail: bc.mfa@mofa.gov.vn

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Le Hong Anh
Minister of Public Security,
44 Yet Kieu Street
Ha Noi
VIETNAM
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 84) 43 942 0223

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER SOZIALISTISCHEN REPUBLIK VIETNAM
S.E. Herrn Tran Duc Mau
Elsenstraße 3, 12435 Berlin
Fax: 030-5363 0200
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Vietnamesisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Januar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • Expressing grave concern that if Father Ly is returned to prison after suffering a suspected stroke, he would not receive all the medical care he needs, and his life would be at risk;

  • Urging the authorities to allow Father Ly's family frequent access to him in the prison hospital;

  • Calling on the authorities to urgently release Father Ly into the care of his family so that they can arrange immediate provision of independent professional medical care and hospital treatment;

  • Calling on the authorities to ensure that he is released unconditionally and not returned to prison.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Drücken Sie Ihre große Sorge darüber aus, dass der Priester Nguyen Van Ly ins Gefängnis zurückgebracht werden könnte, obwohl er offenbar einen Schlaganfall erlitten hat und im Gefängnis nicht die notwendige medizinische Versorgung erhalten würde und daher in Lebensgefahr wäre.

  • Dringen Sie bei den Behörden darauf, den Familienangehörigen häufige Besuche bei Nguyen Van Ly im Gefängniskrankenhaus zu gestatten.

  • Fordern Sie die Behörden auf, den Priester umgehend freizulassen, so dass seine Familie für eine unabhängige medizinische Versorgung und Behandlung im Krankenhaus sorgen kann.

  • Fordern Sie die Behörden auf, sicherzustellen, dass Nguyen Van Ly bedingungslos freigelassen wird und nicht ins Gefängnis zurückgebracht wird.

Sachlage

Der 63-jährige Priester Nguyen Van Ly wird seit März 2007 im Ba-Sao-Gefängnis in der Provinz Ha Nam im Norden Vietnams in Einzelhaft gehalten. Von dort hat man ihn nun in das vom Ministerium für Innere Sicherheit in Hanoi verwaltete Gefängniskrankenhaus Nr. 198 verlegt. Fünf Gefängnisangestellte bewachen sein Zimmer. Familienangehörige sind die einzigen, die ihn besuchen dürfen und auch ihnen wird es nur gestattet, um ihn zu versorgen, das heißt ihm Essen zu bringen oder seine Kleidung zu wechseln. Laut Angaben aus vietnamesischen Quellen werden bei dem Priester medizinische Tests durchgeführt.

Im Gefängnis litt er schon länger unter Bluthochdruck und anderen gesundheitlichen Problemen. In den vergangenen sechs Monaten war er mehrere Male krank, einmal stürzte er und schlug dabei mit dem Kopf auf. Er war nicht in der Lage allein aufzustehen und verlor vorübergehend halbseitig die Bewegungsfähigkeit. Obwohl man ihn im Ba-Sao-Gefängnis nicht angemessen medizinisch versorgte, erholte er sich.

Nguyen Van Ly ist katholischer Priester und engagiert sich für Menschenrechte und Demokratie. Im März 2007 wurde er wegen "Propaganda gegen den Staat" zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Man beschuldigte ihn der Beteiligung an der im Internet aktiven demokratischen Bewegung Bloc 8406, die er im April 2006 mit anderen gründete, und an der Etablierung verbotener politischer Gruppen. Er veröffentlichte außerdem im Geheimen die Dissidentenzeitschrift Tu Do Ngon Luan (Freiheit und Demokratie).

Seit der Priester in den späten 1970er Jahren zum ersten Mal wegen seines Engagements eingesperrt wurde, hat er gut 17 Jahre als gewaltloser politischer Gefangener in Haft verbracht. Festgenommen wurde er, weil er die Achtung der Menschenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung gefordert und die Regierungspolitik im Umgang mit Religionen kritisiert hatte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Wahrnehmung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit unterliegt in Vietnam strikten Kontrollen. KritikerInnen der Regierungspolitik und der Menschenrechtsverletzungen im Land droht ein breites Spektrum von Sanktionen, um sie zum Schweigen zu bringen. Die vietnamesischen Behörden haben mindestens 30 DissidentInnen zu langen Haftstrafen verurteilt, seit es 2006 nach einer kurzen Phase der Toleranz gegenüber regierungskritischen Ansätzen im Internet zu einer Reihe von Festnahmen kam. Eine weitere Verhaftungswelle begann im Mai 2009. Neun AktivistInnen sind in jüngster Zeit nach unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden.

Unter Verstoß gegen internationale Menschenrechtsabkommen, zu deren Einhaltung sich die vietnamesische Regierung mit ihrer Unterschrift verpflichtet hat, nehmen die Strafverfolgungsbehörden des Landes in willkürlicher Weise Zugriff auf das Strafgesetzbuch, um die friedliche Äußerung abweichender Meinungen zu unterdrücken und strafrechtlich zu ahnden. Themen wie Menschenrechte, Demokratie und andere als sensibel erachtete Fragestellungen dürfen im Internet nur eingeschränkt und unter strikter Einhaltung von Vorgaben behandelt werden.

Im Dezember 2008 traten Bestimmungen für Internet-Blogs in Kraft, denen zufolge darin nur noch persönliche Inhalte zulässig sind. Die Verbreitung regierungskritischer Materialien und Informationen, die die nationale Sicherheit gefährden, sind untersagt.