Medizinische Versorgung verweigert

Karte des Iran

Karte des Iran

Die gewaltlose politische Gefangene Maryam Akbari Monfared, die eine 15-jährige Haftstrafe im Teheraner Evin-Gefängnis verbüßt, erhält keinen Zugang zu medizinischer Behandlung. Dies ist offenbar eine Vergeltungsmaßnahme der Behörden, weil sie eine offizielle Untersuchung der Massenhinrichtungen an politischen Gefangenen gefordert hat, die im Sommer 1988 im Iran stattfanden. Ihre Geschwister befanden sich unter den Getöteten.

Appell an

(bitte senden Sie Ihre Appelle über die Botschaft)
RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi, Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

GENERALSTAATSANWALT VON TEHERAN
Abbas Ja’fari Dolat Abadi
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi, Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
über
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030–8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Dezember 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, LUFTPOSTBRIEFE ODER FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Maryam Akbari Monfared umgehend und bedingungslos frei, da sie eine gewaltlose politische Gefangene ist, deren Verurteilung auf der willkürlichen Einmischung in ihre Privatsphäre, ihr Familienleben und ihre Korrespondenz basiert.

  • Gewähren Sie ihr bitte umgehend unbefristeten Zugang zu der nötigen medizinischen Versorgung außerhalb des Gefängnisses und schützen Sie sie vor Folter und anderweitiger Misshandlung. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Verweigerung medizinischer Versorgung Folter und anderer Misshandlung gleichkommen kann.

  • Unterlassen Sie bitte die Drangsalierung von Familienangehörigen der 1988 hingerichteten politischen Gefangenen. Respektieren Sie das Recht der Familien auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Hierzu muss unter anderem eine umfassende, wirksame und unabhängige Untersuchung durchgeführt werden, und die Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht gestellt werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Maryam Akbari Monfared immediately and unconditionally, as she is a prisoner of conscience whose conviction is based on an arbitrary interference with her privacy, family and correspondence.

  • Calling on them to provide her with immediate and continued access to the medical care she needs outside prison and protect her from torture and other ill-treatment, which the denial of medical care can amount to.

  • Urging them to stop the harassment and persecution of families of the victims of 1988 mass executions and respect their rights to truth, justice and reparation, including by conducting a thorough, effective and independent investigation and bringing to justice those responsible in fair proceedings without recourse to the death penalty.

Sachlage

Maryam Akbari Monfared ist im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert und leidet unter rheumatischer Arthritis und einer Schilddrüsenerkrankung. Die Gefängnisbeamt_innen weigern sich, sie zu ihren Arztterminen außerhalb des Gefängnisses zu bringen. Der zuständige Staatsanwalt (dadyar) des Evin-Gefängnisses teilte ihrer Familie am 24. Oktober mit, dass die Arzttermine abgesagt wurden, weil Maryam Akbari Monfared sich zu "anmaßend" (por-rou) verhalte. Dies bezog sich auf eine formelle Beschwerde, die Maryam Akbari Monfared am 18. Oktober eingereicht hat und in der sie eine offizielle Untersuchung der Massenhinrichtungen an politischen Gefangenen im Jahr 1988 fordert. Damals waren geschätzt etwa 5.000 politische Gefangene getötet worden, darunter auch die Geschwister von Maryam Akbari Monfared. Sie fordert außerdem die Offenlegung des Ortes, an dem sich die Massengräber der Getöteten befinden, sowie Informationen über die Verantwortlichen. Die Verweigerung medizinischer Behandlung ist nur eine von vielen Vergeltungsmaßnahmen, die gegen Maryam Akbari Monfared ergriffen wurden. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Familienbesuche verboten und mit zusätzlichen Strafanzeigen gedroht.

Maryam Akbari Monfared wurde am frühen Morgen des 31. Dezember 2009 festgenommen. Fünf Monate lang wusste ihre Familie nichts über ihr Schicksal und ihren Verbleib. Im Mai 2010 erschien sie vor einem Teheraner Revolutionsgericht und wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Unter anderem wurde ihr "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) vorgeworfen aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der verbotenen Oppositionsgruppe der Volksmudschaheddin (People’s Mojahedin Organization of Iran – PMOI). Ihr Verfahren entsprach bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren und das gegen sie verhängte Urteil basierte ausschließlich auf der Tatsache, dass sie mit ihren Geschwistern, die PMOI-Mitglieder waren, telefoniert hatte und sie einmal in der Nähe von Camp Ashraf im Irak besucht hatte. In den ersten 43 Tagen nach ihrer Festnahme wurde sie in Einzelhaft gehalten und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand verhört. Erst bei ihrer ersten Anhörung, die sehr kurz ausfiel, lernte sie ihren staatlichen Rechtsbeistand kennen. Eine Urteilsbegründung mit den gegen sie angeführten Beweisen und den rechtlichen Argumenten für ihre Verurteilung hat sie bis heute nicht erhalten. Laut Angaben ihres Ehemannes sagte der Richter während des Verfahrens zu ihr, dass sie "für die Aktivitäten ihres Bruders und ihrer Schwester bei der PMOI bezahle". Die von Maryam Akbari Monfared eingelegten Rechtsmittel wurden summarisch und ohne Begründung abgewiesen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Maryam Akbari Monfared leidet seit 2015 unter Gelenkschmerzen. Sie wurde jedoch erst im August 2016 an einen Spezialisten außerhalb des Gefängnisses überwiesen. Der Arztbesuch wurde von ihrer Familie bezahlt, und man stellte bei ihr rheumatische Arthritis fest, eine Autoimmunerkrankung. Ursprünglich erhielt sie die Erlaubnis für einen zweiten Arztbesuch. Nun haben die Behörden ihrer Familie jedoch mitgeteilt, dass man sie nicht zu ihrem Arzttermin bringen werde. Auch die Termine mit dem Spezialisten, den Maryam Akbari Monfared alle drei Monate wegen ihrer Schilddrüsenerkrankung aufsucht, sind nach Angaben der Behörden gestrichen worden. Die Familie befürchtet nun, dass die Verschreibung ihrer Medikamente nicht erneuert bzw. angepasst wird.

Maryam Akbari Monfared wurde am 31. Dezember 2009 festgenommen, wenige Tage nach den Demonstrationen, die am 27. Dezember 2009 am Tag des Aschura-Festes stattgefunden hatten. Dies war die letzte Welle von Massendemonstrationen nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 im Iran. Eigenen Angaben zufolge hat Maryam Akbari Monfared nicht an den Aschura-Demonstrationen teilgenommen. Sie wurde Opfer einer auf die Aschura-Demonstrationen folgenden Festnahmewelle, bei der gezielt solche Personen ins Visier genommen wurden, deren Verwandte mit verbotenen Gruppen wie der PMOI in Verbindung gebracht wurden. Die iranischen Behörden gaben verbotenen Gruppierungen, insbesondere der PMOI, die Schuld für die Unruhen. Die meisten der Personen, denen Verbindungen zur PMOI vorgeworfen wurden, hatten Verwandte im Camp Ashraf im Irak. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht From protest to prison: Iran one year after the election, online unter: https://www.amnesty.org/en/documents/MDE13/062/2010/en.

Einige Geschwister von Maryam Akbari Monfared befanden sich unter den geschätzt 5.000 politischen Gefangenen, die im Juli 1988 ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und anschließend im Geheimen und ohne Gerichtsverfahren hingerichtet wurden. Die Getöteten wurden in anonymen Massengräbern verscharrt. Die meisten der Hingerichteten waren politische Gefangene – einige von ihnen gewaltlose politische Gefangene –, die sich bereits seit mehreren Jahren im Gefängnis befanden, nachdem sie vor Revolutionsgerichten verurteilt worden waren. Manche von ihnen hatten bereits ihre volle Haftstrafe verbüßt, wurden jedoch nicht freigelassen, da sie sich weigerten, ihre Reue zu bekunden. Nähere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Iran: Violations of Human Rights 1987-1990, unter: https://www.amnesty.org/en/documents/mde13/021/1990/en.

Im Oktober 2016 schrieb Maryam Akbari Monfared in einem aus dem Gefängnis geschmuggelten offenen Brief: "Drei meiner Brüder und eine meiner Schwestern wurden in den 1980er-Jahren hingerichtet ... Mein jüngster Bruder Abdolreza war 17 Jahre alt, als er wegen des Verteilens von PMOI-Material festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Auch Jahre nach Verbüßung seiner Haftstrafe weigerten sich die Behörden ihn freizulassen, und 1988 wurde er hingerichtet ... Mein anderer Bruder, Alireza, wurde am 8. September 1981 festgenommen, vor Gericht gestellt und zehn Tage später hingerichtet ... Am siebten Trauertag um Alireza durchsuchten Sicherheitskräfte unser Haus und nahmen zahlreiche Gäste sowie meine Mutter und meine Schwester Roghieh fest. Meine Mutter wurde fünf Monate später wieder freigelassen, doch meine Schwester wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Sie wurde im August 1988 hingerichtet, ein Jahr vor Ableisten ihrer Haftstrafe."

Der zuständige Staatsanwalt des Evin-Gefängnisses reagierte gegenüber der Familie von Maryam Akbari Monfared folgendermaßen auf ihre Beschwerde: "Solche Beschwerden bringen nichts. Sie führen nur zu schwierigeren Haftbedingungen und Problemen bei ihrer Freilassung bzw. bei Anträgen auf Freigang ... Was will sie denn wissen? Diejenigen, die ihre Brüder und ihre Schwester hingerichtet haben, sind entweder tot oder alt, und ihre Geschwister liegen vermutlich in Khavaran begraben [ein brachliegendes Grundstück im Süden von Teheran]."

Weiter auf Englisch:
In September 2016, an audio recording was published for the first time of a meeting in 1988 between senior officials involved in the mass executions and Ayatollah Hossein Ali Montazeri, a senior cleric who lost his status as Ayatollah Ruhollah Khomeini’s successor because of his principled opposition to the executions. Those heard in the audio include: Mostafa Pour-Mohammadi, the current Minister of Justice; Hossein-Ali Nayyeri, the current head of the Supreme Disciplinary Court for Judges; Morteza Eshraqi, a current attorney at law; and Ebrahim Raissi, the current head of one of Iran’s most wealthy foundations, Astan Qods-e Razavi. In the audio file, Ayatollah Montazeri is heard saying: "The greatest crime committed in the Islamic Republic, for which history will condemn us, has been committed at your hands, and in the future your names will go down in history as criminals."