Drohende Hinrichtung

Ergebnis dieser Urgent Action

Am 30. September gewährte die Gouverneurin von Oklahoma nur wenige Minuten vor der geplanten Hinrichtung von Richard Glossip einen Hinrichtungsaufschub von 37 Tagen, nachdem die Haftanstalt bekannt gegeben hatte, dass eine Substanz für die Giftspritze fehle. Die Generalstaatsanwaltschaft hat nun in diesem und in zwei weiteren Fällen einen Hinrichtungsaufschub auf unbestimmte Zeit erwirkt.

"Nein" zur Todesstrafe: Mahnwache vor der US-Botschaft in Berlin am 10.10.2010

"Nein" zur Todesstrafe: Mahnwache vor der US-Botschaft in Berlin am 10.10.2010

Richard Glossip soll am 16. September im US-Bundesstaat Oklahoma hingerichtet werden. Das Verfahren gegen ihn beruht ausschließlich auf Indizien, und er beteuert seine Unschuld. Der Begnadigungsausschuss von Oklahoma hat 2014 ein Gnadengesuch des zum Tode Verurteilten zurückgewiesen und sollte diese Entscheidung revidieren.

Appell an

BEGNADIGUNGSAUSSCHUSS VON OKLAHOMA
PO Box 53448, Oklahoma City
OK 73152, USA
(Anrede: Dear Board members / Sehr geehrte Mitglieder des Begnadigungsausschusses)
Fax: (00 1) 405 602 643 7
E-Mail: contact.us@ppb.ok.gov

GOUVERNEURIN VON OKLAHOMA
Governor Mary Fallin
Oklahoma State Capitol, 2300 N. Lincoln Blvd., Room 212
Oklahoma City
OK 73105, USA
(Anrede: Dear Governor / Sehr geehrte Frau Gouverneurin)
Fax: (00 1) 405 521 335 3

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
S. E. Herrn John Bonnell Emerson
Pariser Platz 2
10117 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: über http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass sie noch vor dem 16. September 2015 ankommen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

An die Gouverneurin und den Begnadigungsausschuss von Oklahoma:

  • Ich möchte weder den Mord an Barry Van Treese entschuldigen noch das dadurch verursachte Leid verharmlosen.

  • Ich weise darauf hin, dass das Verfahren gegen Richard Glossip lediglich auf Indizien beruht und dass der wichtigste Beweis gegen ihn die Aussage der Person ist, die das Opfer getötet hat und die Aussage tätigte, um der Todesstrafe zu entgehen.

An den Begnadigungsausschuss von Oklahoma:

  • Bitte bewerten Sie den Fall von Richard Glossip neu und wandeln Sie die Todesstrafe in eine Haftstrafe um.

An die Gouverneurin von Oklahoma:

  • Bitte gewähren Sie eine Gnadenfrist von 60 Tagen und fordern Sie die Mitglieder des Begnadigungsausschusses auf, das Gnadengesuch von Richard Glossip nochmals zu überprüfen.

Sachlage

Der heute 57-jährige Richard Glossip wurde im Juli 1998 wegen des Mordes an Barry Van Treese zum Tode verurteilt. Barry Van Treese wurde am 7. Januar 1997 tot in einem der Zimmer seines Motels in Oklahoma City aufgefunden. Während des Verfahrens gestand Justin Sneed, der als Hausmeister in dem Motel gearbeitet hatte und dort dafür freie Unterkunft erhielt, das Opfer getötet zu haben, erklärte jedoch, dass der Manager des Motels, Richard Glossip, ihn dazu aufgefordert hätte. Justin Sneed sagte gegen Richard Glossip aus, um der Todesstrafe zu entgehen und verbüßt derzeit eine lebenslange Haftstrafe. 2001 gab das Berufungsgericht für Strafsachen im US-Bundesstaat Oklahoma einem neuen Verfahren für Richard Glossip statt, da seine rechtliche Vertretung vor Gericht so "ineffektiv" gewesen sei, "dass wir nicht davon ausgehen können, dass ein seriöses kontradiktorisches Verfahren stattgefunden hat". Das Gericht merkte an, dass keine forensischen Beweise gegen Richard Glossip vorlägen und dass der "einzige direkte Beweis", der ihn mit dem Mord in Verbindung brächte, die Aussage von Justin Sneed sei. Außerdem "gibt es keine zwingenden Beweise, die die Aussage von Justin Sneed stützen".

Der Fall von Richard Glossip wurde 2004 neu verhandelt. Er wurde erneut für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Das Verfahren gegen ihn beruhte ausschließlich auf Indizien. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Justin Sneed von Richard Glossip abhängig gewesen sei und dieser ihm 10.000 US-Dollar (rund 8.900 Euro) für den Mord an Barry Van Treese angeboten hätte. 2007 entschied das Berufungsgericht für Strafsachen, dass es hinreichend Beweise gäbe, die die Aussage von Justin Sneed stützten, dazu zählten auch der Versuch von Richard Glossip die Leiche zu verstecken, seine Absicht, die Gegend zu verlassen sowie 1.200 US-Dollar (rund 1.000 Euro), über die Richard Glossip verfügte und deren Herkunft er nicht erklären konnte. Das Bundesbezirksgericht, das 2010 ein Habeas-Corpus-Berufungsverfahren ablehnte, schrieb trotzdem, dass "das Verfahren des Staates gegen den Antragsteller lediglich auf der Aussage eines Zeugen, Justin Sneed, Komplize des Antragstellers, beruhte, der im Gegenzug zu seiner Aussage eine lebenslange Haftstrafe erhielt. Im Gegensatz zu vielen anderen Fällen, in denen die Todesstrafe verhängt wurde, war die Schuld des Antragstellers nicht eindeutig bewiesen."

Im Oktober 2014 wies der Begnadigungsausschuss von Oklahoma das Gnadengesuch von Richard Glossip einstimmig zurück. Bei seiner Anhörung beteuerte Richard Glossip seine Unschuld und erklärte, dass er weder geplant habe, Barry Van Treese zu töten noch an dem Mord beteiligt gewesen sei. Die Gouverneurin von Oklahoma kann ein Todesurteil ohne Empfehlung des Begnadigungsausschusses nicht umwandeln, sie ist jedoch berechtigt, eine Gnadenfrist von 60 Tagen zu gewähren. Vergangenen Monat erklärte Gouverneurin Mary Fallin in einer Stellungnahme, dass "ein Aufschub seiner Hinrichtung um weitere 60 Tage nichts tun würde, außer Gerechtigkeit für die Familie von Herrn Van Treese zu verzögern".

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den USA wurden dieses Jahr bisher 20 Hinrichtungen vollzogen. Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen in den USA im Jahr 1976, vier Jahre nachdem bestehende Gesetze aufgrund der willkürlichen Art und Weise, in der Todesurteile verhängt wurden, aufgehoben worden waren, wurden dort 1.414 Todesurteile vollstreckt, 112 davon in Oklahoma. Der US-Bundesstaat stellt einen der hartnäckigsten Verfechter der Todesstrafe dar (Nähere Informationen dazu finden Sie unter http://www.amnesty.org/en/documents/AMR51/055/2001/en/).

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt. Weltweit haben 140 Staaten die Todesstrafe in Gesetz oder Praxis abgeschafft.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN (AUF ENGLISCH)
A judge who dissented from the 2007 decision of the Oklahoma Court of Criminal Appeals to uphold Richard Glossip’s conviction and death sentence argued that Richard Glossip had been denied a fair trial when the prosecution was allowed to post summaries of witness testimony around the courtroom and to leave them there until the end of the guilt stage, which "placed undue and unfair emphasis on this summarized testimony", allowed witnesses to learn about earlier testimony, and the prosecution effectively to make a continuous closing argument. The judge also argued that Richard Glossip had been denied an "informed consideration of his claims on appeal" when the judge refused to order these exhibits preserved or digitally photographed. However, in 2013 the US Court of Appeals for the 10th Circuit concluded that "Glossip received a fundamentally fair trial". The US Supreme Court declined to take the case.

Richard Glossip was scheduled to be put to death on 29 January 2015, when his execution was stayed in order that the US Supreme Court could consider the constitutionality of the use of the sedative midazolam in Oklahoma’s three-drug lethal injection protocol. On 29 June, in a five-to-four ruling the Court upheld use of the drug. In a particularly noteworthy dissent, Justice Stephen Breyer, joined by Justice Ruth Bader Ginsburg, argued that "In 1976, the Court thought that the constitutional infirmities in the death penalty could be healed... Almost 40 years of studies, surveys, and experience strongly indicate, however, that this effort has failed. Today’s administration of the death penalty involves three fundamental constitutional defects: (1) serious unreliability, (2) arbitrariness in application, and (3) unconscionably long delays that undermine the death penalty’s penological purpose. Perhaps as a result, (4) most places within the United States have abandoned its use" (for more information, see http://www.amnesty.org/en/documents/amr51/1976/2015/en/). They urged the Court to hear arguments about the constitutionality of the death penalty per se, regardless of the execution method used in any particular jurisdiction. Justice Breyer concluded by revealing that he believed it "highly likely" that the death penalty violates the constitutional ban on "cruel and unusual punishments".

On 24 July 2015, lawyers for the Oklahoma prisoners in the Glossip v. Gross case petitioned the US Supreme Court to reconsider its ruling, and this time specifically to consider the constitutionality of the death penalty per se, as the dissent had urged. The petition argued that the case of Richard Glossip was "well-positioned to challenge the reliability of the death penalty as punishment for those who commit the most reprehensible crimes. He has always maintained his innocence." It noted the circumstantial nature of the case, and that in October 2014, Justin Sneed’s daughter "came forward and stated that her father has been afraid to recant his testimony about Mr Glossip because he fears he would himself then be sentenced to death." His daughter had said that "I am sure that Mr Glossip did not do what my father originally said, that he did not hire my father to kill Mr Van Treese…" On 28 August 2015, the US Supreme Court refused to rehear the Glossip v. Gross case.