Angeklagte bedroht

Azimzhan Askarov

Azimzhan Askarov

Der gewaltlose politische Gefangene Azimzhan Askarov, sieben Mitangeklagte, ihre Anwält_innen und Angehörigen schweben in Kirgisistan in Gefahr. Am ersten Verhandlungstag am 2. September wurden die acht wegen des Todes eines Polizisten Angeklagten, ihre Anwält_innen und Angehörigen im und vor dem Gericht eingeschüchtert, bedroht und angegriffen.

Appell an

INNENMINSTER
Kubatbek Baibolov
Frunze Street, 469, Bishkek 720040
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 996) 312 68 20 44
E-Mail: pressa@mail.mvd.kg

GENERALSTAATSANWALT
Baitemir Ibraev
72, Orozbekova Street, Bishkek 720040
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor)
Fax: (00 996) 312 66 54 11

PRÄSIDENT
Roza Otunbaeva
Dom Pravitelstva
Bishkek 720003
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00 996) 312 62 50 12

BOTSCHAFT DER KIRGISISCHEN REPUBLIK
Herr Erines Otorbaev
Gesandter-Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)
Otto-Suhr-Allee. 146, 10585 Berlin
Fax: 030-3478 1362
E-Mail: info@botschaft-kirgisien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Oktober 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately move the trial of Azimzhan Askarov and seven others to another part of the country, preferably the capital Bishkek;

  • Urging them to ensure that the trial meets international fair trial standards, and that international and independent monitors, as well as the relatives of all defendants are given access to the trial;

  • Calling on them to take all necessary action to ensure the safety of the defendants, their relatives and lawyers;

  • Reiterating that Azimzhan Askarov should not be in detention or facing trial but is a prisoner of conscience and should be immediately and unconditionally released.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Verlegen Sie das Verfahren gegen Azimzhan Askarov und sieben weitere Personen umgehend in einen anderen Teil des Landes, vorzugsweise in die Hauptstadt Bishkek.

  • Stellen Sie sicher, dass der Prozess internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entspricht und das internationale und unabhängige Beobachter_innen sowie die Angehörigen der Beschuldigten an der Verhandlung teilnehmen können.

  • Ergreifen Sie die notwendigen Maßnahmen, um die Sicherheit der Angeklagten, ihrer Angehörigen und der Rechtsanwält_innen sicherzustellen.

  • Azimzhan Askarov sollte weder inhaftiert sein noch vor Gericht stehen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden muss.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately move the trial of Azimzhan Askarov and seven others to another part of the country, preferably the capital Bishkek;

  • Urging them to ensure that the trial meets international fair trial standards, and that international and independent monitors, as well as the relatives of all defendants are given access to the trial;

  • Calling on them to take all necessary action to ensure the safety of the defendants, their relatives and lawyers;

  • Reiterating that Azimzhan Askarov should not be in detention or facing trial but is a prisoner of conscience and should be immediately and unconditionally released.

Sachlage

Azimzhan Askarov, sechs Männer und eine Frau – sie alle sind usbekischer Herkunft – stehen wegen "Schürens von ethnischem Hass" und "Organisation von Massenunruhen" in Verbindung mit dem Tod eines Polizeibeamten im Juni in der Stadt Bazar-Korgan im südlichen Kirgisistan vor Gericht. Damals war es in der ganzen Region zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Das Gerichtsverfahren wurde von Bazar-Korgan, wo Azimzhan Askarov bis Anfang August inhaftiert war, in die Kleinstadt Massi, etwa 20 km entfernt, verlegt. Die Entscheidung, das Verfahren zu verlegen, wurde offenbar erst spät am 1. September getroffen. Den wiederholten Bitten der Anwält_innen von Azimzhan Askarov, den Prozess nicht im südlichen Kirgisistan abzuhalten, wurde von dem Gericht keine Beachtung geschenkt. Der nächste Verhandlungstag ist am 6. September.

Menschenrechtsaktivist_innen, die das Verfahren beobachten, berichteten, dass man die Angehörigen der Angeklagten nicht in den Gerichtssaal ließ, offenbar mit der Begründung, es gäbe dort nicht genug Platz. Doch die Angehörigen des getöteten Polizeibeamten ebenso wie zahlreiche uniformierte und in Zivil gekleidete Polizist_innen wurden hineingelassen. Amnesty International wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass die Angehörigen des getöteten Polizisten die Anwält_innen der Angeklagten im Gerichtssaal bedrohten und angriffen. Sie schlugen sie mit Stöcken und warfen ein Glas nach ihnen. Das Glas zerbarst an den Gitterstäben des Käfigs, in dem die Angeklagten saßen, und Splitter trafen eine/n der Anwält_innen. Die Gerichtsangestellten und auch der Richter sollen nur sporadisch eingegriffen haben, um die Gewalt zu unterbinden und die Ordnung wiederherzustellen. Die Anwält_innen der Angeklagten erhielten nicht die Möglichkeit, Zeug_innen zu befragen oder Anträge zu stellen. Als die Anwält_innen ihrer Sorge Ausdruck verliehen, unter diesen Umständen ihre Klient_innen nicht verteidigen zu können, soll der Richter ihnen gedroht haben, ihnen die Zulassung zu entziehen. Darüber hinaus griffen Familienangehörige des getöteten Polizisten Familienangehörige der Angeklagten vor dem Gerichtssaal an. Die anwesenden Polizist_innen unternahmen nichts dagegen. Als die Angehörigen der Angeklagten an die Polizei appellierten, die Ausschreitungen zu unterbinden, soll diese sie aufgefordert haben zu gehen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Einer der Anwält_innen von Azimzhan Askarov, Nurbek Toktakunov, der wegen seiner Arbeit an dem Fall schikaniert und angegriffen wurde, konnte an der Verhandlung am 2. September nicht teilnehmen, da er zu spät erfahren hatte, dass sie an einen anderen Ort verlegt worden war. Menschenrechtsaktivist_innen gaben an, dass Azimzhan Askarov von einem örtlichen Anwalt vertreten wurde.

Amnesty International geht davon aus, dass Azimzhan Askarov aufgrund seines legitimen Einsatzes für die Menschenrechte festgenommen wurde. Er leitet die Menschenrechtsorganisation Vozdukh (Luft) und dokumentiert bereits seit einigen Jahren Misshandlungen von Festgenommenen durch die Polizei in Bazar-Korgan und anderen Teilen der Region Dschalal-Abad. Während der gewaltsamen Ausschreitungen im Juni im Süden des Landes filmte und fotografierte Azimzhan Askarov einige der Tötungen und – zumeist auf usbekische Häuser in Bazar-Korgan verübte – Brandanschläge. Dafür verantwortlich sollen Gruppen von bewaffneten Männern sein, bei denen es sich nach eigenen Angaben um Kirgis_innen handelt.

Am 15. Juni 2010 wurde Azimzhan Askarov in Bazar-Korgan unter dem Verdacht festgenommen, im Zusammenhang mit dem Tod eines Polizisten während der gewalttätigen Unruhen in diesem Monat "Massenunruhen organisiert" und "ethnisch motivierten Hass" geschürt zu haben. Am 13. August erging gegen ihn Anklage wegen "versuchter Geiselnahme", "Lagerung von Munition", "Aufbewahrung extremistischer Schriften", "Schürens von ethnisch motiviertem Hass und Massenunruhen", "Mittäterschaft an einem Mord" sowie "Mittäterschaft an der Tötung eines Beamten mit Polizeibefugnissen".

Nach Angaben örtlicher Menschenrechtsverteidiger_innen wurde Azimzhan Askarov auf der Polizeiwache von Bazar-Korgan über einen längeren Zeitraum hinweg geschlagen, um ihn zu zwingen, seine Filmaufnahmen auszuhändigen und den Mord an dem Polizisten zu gestehen.