Menschenrechtler in Gefahr

Der usbekische Menschenrechtsverteidiger Azimzhan Askarov wurde am 15. Juni im südlichen Kirgisistan festgenommen. Er soll gefoltert und ihm soll die medizinische Versorgung verwehrt worden sein. Sein Leben sei in Gefahr. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und ist umgehend freizulassen.

Appell an

INNENMINSTER DER ÜBERGANGSREGIERUNG
Bolotbek Sherniazov
Frunze Street, 469
Bishkek 720040
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Acting Minister)
Fax: (00 996) 312 68 20 44
E-Mail: pressa@mail.mvd.kg

STELLVERTRETENDER MINSITERPRÄSIDENT DER ÜBERGANGSREGIERUNG
Azimbek Beknazarov
Dom Pravitelstva
Bishkek 720003
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Deputy Head of Interim Government)
Fax: (00 996) 312 21 86 27
E-Mail: admin@kyrgyz-el.kg

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENTIN DER ÜBERGANGSREGIERUNG
Roza Otunbaeva

Dom Pravitelstva
Bishkek 720003
KIRGISISTAN
(korrekte Anrede: Dear Interim President)
Fax: (00 996) 312 21 86 27
E-Mail: admin@kyrgyz-el.kg

BOTSCHAFT DER KIRGISISCHEN REPUBLIK
Herr Erines Otorbaev
Gesandter-Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)
Otto-Suhr-Allee. 146, 10585 Berlin
Fax: 030-3478 1362
E-Mail: info@botschaft-kirgisien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. Juli 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie die Übergangsregierung auf, den Menschenrechtsverteidiger Azimzhan Askarov umgehend und bedingungslos freizulassen.

  • Fordern Sie, sicherzustellen, dass Azimzhan Askarov unverzüglichen Zugang zu medizinischer Versorgung, einem Anwalt seiner Wahl und zu seiner Familie erhält.

  • Dringen Sie darauf, eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Foltervorwürfe während seiner Haft einzuleiten.

  • Fordern Sie die Übergangsregierung auf, die Ausrüstung, das Video- und Fotomaterial und das gesamte Eigentum von Azimzhan Askarov, das beschlagnahmt wurde, zurückzugeben.

  • Dringen Sie darauf, dass Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und andere Bürgerrechtler_innen ihrer Arbeit nachgehen können, ohne dass ihnen Schikanen oder Behinderungen durch die Behörden drohen.

Sachlage

Azimzhan Askarov wurde am 15. Juni 2010 von Polizeibeamt_innen in Bazar Korgan in der Region Dschalal-Abad im südlichen Kirgisistan festgenommen. Seine Festnahme soll jedoch bis zum 16. Juni nicht offiziell registriert worden sein. Er wird unter dem Vorwurf der "Organisation von Massenunruhen" während der jüngsten Ausschreitungen im Süden des Landes in einer Hafteinrichtung in Bazar Korgan festgehalten. Nach Ansicht von Amnesty International wurde er wegen seiner legitimen Arbeit als Menschenrechtsverteidiger festgenommen und ist von den Behörden umgehend und bedingungslos freizulassen.

Azimzhan Askarov leitet die Menschenrechtsorganisation Vozdukh (Luft), die Teil des regionalen Netzes von Menschenrechtsorganisationen im südlichen Kirgisistan ist. Über die vergangenen Jahre dokumentierte er Misshandlungen von Festgenommen durch die Polizei im Dorf Bazar Korgan und anderen Teilen der Region Dschalal-Abad. Der Ombudsmann erklärte öffentlich, dass die gegen Azimzhan Askarov gerichteten Beschuldigungen unbegründet seien, und beschrieb ihn als einen "bekannten lokalen Menschenrechtsverteidiger".

Azimzhan Askarov filmte und fotografierte einige der Gewaltakte, Tötungen und Brandanschläge zumeist auf usbekische Häuser in Bazar Korgan. Dafür verantwortlich sollen Gruppen von bewaffneten Männern sein, bei denen es sich nach eigenen Angaben um Kirgisen handelt. In einem Fall soll Azimzhan Askarov gefilmt haben wie Randalierer auf unbewaffnete Menschen schossen, die sich ihnen näherten, um mit ihnen zu verhandeln. Bewaffnete Polizist_innen schritten nicht ein. Lokalen Menschenrechtsverteidiger_innen zufolge wurde Azimzhan Askarov geschlagen, um zu erfahren, wo sich seine Filmausschnitte und Videokamera befinden. Es wird davon ausgegangen, dass sein Leben in Gefahr ist.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Festnahme von Azimzhan Askarov wurde am 17. Juni vom Regionalgericht von Bazar Korgan in einer nicht öffentlichen Anhörung bestätigt. Ein staatlichen Verteidiger vertrat Azimzhan Askarov. Einem unabhängigen Anwalt, der von einer anderen Menschenrechtsorganisation beauftragt worden war, wurde der Zugang zu ihm nicht genehmigt. Lokalen Menschenrechtsorganisationen zufolge ist es weder ihnen noch seiner Familie erlaubt, Azimzhan Askarov zu besuchen und er hat keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Der Bruder von Azimzhan Askarov, der zeitgleich mit ihm festgenommen worden war und die Zelle mit ihm teilte, wurde am 17. Juni freigelassen.

Am 15. Juni suchte eine Gruppe unbekannter bewaffneter und maskierter Männer, nach eigenen Angaben vom Innenministerium der Region Dschalal-Abad, das Haus von Azimzhan Askarov auf und forderte seine Frau auf, das Tor zu öffnen und ihnen die Video- und Kameraausrüstung ihres Mannes zu überreichen. Als seine Frau dieses verweigerte, begannen die Männer Berichten zufolge, in die Luft zu schießen und brachen das Tor auf. Der Ehefrau von Azimzhan Askarov gelang es, zu fliehen und sich in einem Nachbarhaus zu verstecken. Gegen Mittag am 17. Juni soll eine weitere Gruppe bewaffneter Unbekannter das Haus durchsucht haben und mehrere Disketten und Kassetten beschlagnahmt haben. In beiden Fällen verwüsteten sie das Haus.

Die Ausschreitungen mit zahlreichen Todesfällen, die große Teile des südlichen Kirgisistan erschüttert haben, sollen am 10. Juni mit Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Gruppen größtenteils kirgisischer und usbekischer Jugendlicher begonnen haben. Diese weiteten sich schnell zu groß angelegten Brandstiftungen, Plünderungen und gewaltsamen Übergriffen in hauptsächlich von Usbek_innen bewohnten Stadteilen von Osch aus. Bei diesen Angriffen wurden Menschen getötet. Die Gewalt griff anschließend auf die Stadt Dschalal-Abad und die umliegenden Städte und Dörfer über.

Im südlichen Kirgisistan lebt eine große usbekische Gemeinde. Außerdem befand sich dort die Zentrale der Macht des ehemaligen Präsidenten Kurmanbek Bakiev, der im April nach einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Regierungs- und Oppositionsanhänger_innen gestürzt worden war.
Der Grund für die Zusammenstöße ist unbekannt. Die Übergangsregierung macht jedoch die Anhänger_innen des früheren Präsidenten Kurmanbek Bakiev und organisierte kriminelle Gruppen für die Gewalt verantwortlich und wirft ihnen vor, die Situation im Land vor dem Referendum über eine neue Verfassung am 27. Juni bewusst zu destabilisieren.

Am 15. Juni erklärte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, dass die Gewalttätigkeiten "inszeniert, gezielt und wohldurchdacht" schienen und mit fünf zeitgleichen Angriffen von bewaffneten und maskierten Männern in Osch begonnen hätten. Die UN schätzte am 17. Juni die Zahl der vertriebenen Menschen, bei denen es sich mehrheitlich um Usbeken handelt, auf 400.000. Unbestätigten Zahlen zufolge sind seit dem 10. Juni mehr als 2500 Menschen getötet worden.