Drohende Todesstrafe

Die sieben oben genannten Angehörigen der religiösen Minderheit der Baha’i sollen am 11. Juli 2009 vor Gericht gestellt werden. Sollte man sie schuldig befinden, droht ihnen die Todesstrafe. Den Familien der Gefangenen wurde im Mai mitgeteilt, dass den Gefangenen die zusätzliche Anklage "mofsed fil arz" (Verdorbenheit auf Erden) droht, die mit der Todesstrafe geahndet werden kann, und dass ein neuer Gerichtstermin festgesetzt wurde. Die zwei Frauen und fünf Männer sollen am 11. Juli vor der Abteilung 28 des Revolutionsgerichts von Teheran erscheinen. Dann können sie wegen "mofsed fil arz" angeklagt werden. Zusätzlich stehen sie wegen "Spionage für Israel, Beleidigung religiöser Heiligtümer und Propaganda gegen den Staat" unter Anklage. Ihre RechtsanwältInnen hatten seit der Festnahme der sieben Personen keinen Zugang zu ihnen; den Gefangenen wurden lediglich Familienbesuche gestattet.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
His Excellency Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader, Islamic Republic Street - Shahid Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info_leader@leader.ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi,
Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri
Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: shahroudi@dadgostary-tehran.ir

Sende eine Kopie an

LEITER DER MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammad Javad Larijani, Office of the Head of the Judiciary, Pasteur St, Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhuri, Tehran 1316814737, IRAN
Fax: (00 98) 21 3390 4986
E-Mail: info@dadgostary-tehran.ir

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. August 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE WEITERE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • die umgehende und bedingungslose Freilassung der sieben gewaltlosen politischen Gefangenen fordern, die allein aufgrund ihres Glaubens bzw. ihrer friedlichen Aktivitäten für die Rechte der Baha’i inhaftiert sind;

  • Ihre Besorgnis darüber äußern, dass die Anklagen gegen die sieben Personen politisch motiviert sind und die Behörden auffordern, sie umgehend fallen zu lassen;

  • Ihre Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass ihnen die Todesstrafe drohen könnte;

  • die Behörden auffordern sicherzustellen, dass die Gefangenen weder misshandelt noch gefoltert werden;

  • an die Behörden appellieren, den Gefangenen den regelmäßigen Kontakt zu ihren Angehörigen und RechtsanwältInnen ihrer Wahl sowie die erforderliche medizinische Versorgung zu gewähren.

Sachlage

Die sieben gehören zu einer Gruppe, die für die religiösen und administrativen Angelegenheiten der Baha’i im Iran zuständig ist. Sie befinden sich im Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses, der dem Geheimdienstministerium untersteht. Sechs führende Mitglieder der Gruppe – Fariba Kamalabadi Taefi, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Behrouz Tavakkoli und Vahid Tizfahm – wurden nach Hausdurchsuchungen von Angehörigen des Geheimdienstministeriums am 14. Mai 2008 festgenommen. Eine siebte Person, die als Sekretärin für die Gruppe tätig war, Mahvash Sabet, war bereits am 5. März 2008 festgenommen worden. Fariba Kamalabadi Taefi, Behrouz Tavakkoli und Jamaloddin Khanjani hatte man schon vorher wegen ihrer Tätigkeiten für die Gemeinschaft der Baha’i festgenommen. Die iranische Verfassung erkennt den Glauben der Baha’i nicht an.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Iran ist das Spektrum der Straftaten, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, sehr groß. Darunter fallen auch vage formulierte Anklagen wie "Feindschaft zu Gott" (moharebeh ba Khoda) und "Verdorbenheit auf Erden" (mofsed fil arz), die bei Personen Anwendung finden, denen zur Last gelegt wird, mit Waffengewalt gegen die Regierung vorzugehen, bzw. die unter Raub- oder Spionageverdacht stehen. Da diese Straftaten als Verbrechen gegen Gott betrachtet werden, ist in diesen Fällen keine Begnadigung möglich. Bei Straftaten, die gegen die nationale Sicherheit gerichtet sind, können Richter Todesurteile verhängen.

Nach Artikel 502 des Strafgesetzbuches können Personen, die der Spionage überführt wurden, zu Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren verurteilt werden. Das schwerere Vergehen der "Kooperation mit dem Ausland zum Schaden der nationalen Sicherheit" kann als ein Fall von "Feindschaft zu Gott" und "Verdorbenheit auf Erden" betrachtet werden, die in den Artikeln 183 bis 195 des Strafgesetzbuches behandelt werden. Die dafür vorgesehenen Strafen sind Exekution, Kreuzamputation, Kreuzigung oder Verbannung; die Todesstrafe wird jedoch in diesen Fällen am häufigsten verhängt. Artikel 508 kann ebenfalls Anwendung finden und zieht eine Gefängnisstrafe von einem bis zu zehn Jahren nach sich. "Beleidigung religiöser Heiligtümer" kann mit einem bis fünf Jahren Gefängnis oder der Todesstrafe geahndet werden. "Propaganda gegen den Staat" wird mit drei Monaten bis zu einem Jahr Gefängnis geahndet. Ali Ashtari, ein Telekommunikationshändler, wurde im November 2008 gehängt, nachdem man ihn der Spionage für Israel überführt hatte.

Die Religionsgemeinschaft der Baha’i wurde vor 150 Jahren gegründet und hat sich seither auf der ganzen Welt verbreitet. Seit der Ausrufung der Islamischen Republik Iran 1979 wird die Baha’i-Gemeinde systematisch drangsaliert und verfolgt. Zurzeit leben über 300.000 Baha’i im Iran, aber ihre Religion wird von der iranischen Verfassung nicht anerkannt, die nur den Islam, das Christentum, das Judentum und den Zoroastrianismus anerkennt. Im Iran herrschen diskriminierende Gesetze gegenüber den Baha’i. Sie verstoßen gegen das Recht der Baha’i, ihre Religion wie in Artikel 18(1) des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte festgelegt, auszuüben, dessen Vertragsstaat der Iran ist. Diese Gesetze verwehren ihnen gleiche Rechte auf Arbeit und einen angemessenen Lebensstandard, indem sie ihren Zugang zu Beschäftigung und Zuwendungen wie beispielsweise Renten beschränken. Sie dürfen sich weder versammeln, noch religiöse Feiern abhalten oder ihre Religion in Gemeinschaft ausüben. Seit Präsident Ahmadinejad 2005 ins Amt gewählt wurde, sind viele Baha’i wegen ihres Glaubens festgenommen worden.

Angehörige der Baha’i-Gemeinde im Iran bekennen sich zum iranischen Staat und streiten jede Beteiligung an subversiven Handlungen gegen die Regierung ab, da dies gegen ihre Religion sei. Die internationale Gemeinschaft der Baha’i geht davon aus, dass die Vorwürfe der Spionage für Israel, die über die Jahre gegen die Gemeinschaft im Iran erhoben wurden, nur darauf zurückzuführen sind, dass sich das weltweite Zentrum der Baha’i in Israel befindet.