Menschenrechtlerin droht Verfahren

Diese Urgent Action ist beendet.

Das Strafverfahren gegen die Menschenrechtsverteidigerin Valentina Cherevatenko wurde am 19. Juni mit der Begründung eingestellt, es lägen keine Straftaten vor. Sie war unter dem "Gesetz über ausländische Agenten" angeklagt worden. Valentina Cherevatenko wurde nicht über die Entscheidung informiert und erfuhr erst über einen Monat später per Zufall davon.

Demonstrant vor dem russischen Ermittlungskomitee in Moskau, 22. Oktober 2012

Demonstrant vor dem russischen Ermittlungskomitee in Moskau, 22. Oktober 2012

Die prominente russische Menschenrechtsverteidigerin Valentina Cherevatenko ist wiederholt von den Ermittlungsbehörden vorgeladen worden und könnte die erste Person werden, die unter dem "Gesetz über ausländische Agenten" strafrechtlich verfolgt wird. Wenn sie schuldig befunden wird, drohen ihr bis zu zwei Jahre Haft.

Appell an

STAATSANWALT DER REGION ROSTOV Yuri Alekseevich Baranov Prosecutor’s Office of Rostov Region Per.Khalturinskiy, 101 Rostov-on-Don 344011 RUSSISCHE FÖDERATION (Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt) Fax: (00 7) 863 210 5599 8 (kombinierter Telefon-/Faxanschluss – sagen Sie bitte: "Fax")

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION Yuriy Yakovlevich Chaika Prosecutor General’s Office ul. B. Dmitrovka, d.15a, 125993 Moscow GSP- 3 RUSSISCHE FÖDERATION (Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt) Fax: (00 7) 495 987 58 41 oder (00 7) 495 692 17 25

Sende eine Kopie an

LEITER DER ERMITTLUNGSBEHÖRDE DER REGION ROSTOV Yuri Vasilievich Popov Investigative Committee Ul. Moskovskaya, 51/15 344002 Rostov-on-Don RUSSISCHE FÖDERATION (Anrede: Dear Head of Investigation Directorate / Sehr geehrter Herr Popov) Fax: (00 7) 863 227 0193

 

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION S. E. Herrn Vladimir M. Grinin Unter den Linden 63-65 10117 Berlin Fax: 030-2299 397 E-Mail: info@russische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Juli 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte beenden Sie alle strafrechtlichen Maßnahmen und alle Versuche, ein Verfahren gegen Valentina Cherevatenko wegen des Verstoßens gegen das "Gesetz über ausländische Agenten" einzuleiten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass alle Drangsalierungen gegen Valentina Cherevatenko und andere Mitglieder der NGOs Women of the Don Union und Women of the Don Foundation for Civil Society Development eingestellt werden.

  • Ich möchte Sie zudem darauf hinweisen, dass Sie verpflichtet sind, sicherzustellen, dass Menschenrechtsverteidiger_innen ihre legitimen Aktivitäten ohne Angst vor Repressalien ausüben können, wie es in der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern festgeschrieben ist.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Russian authorities to immediately end any proceedings and attempts to open a criminal case against Valentina Cherevatenko for violation of the "foreign agents law".

  • Calling on them to stop the harassment of Valentina Cherevatenko and any members of the NGOs Women of the Don Union and Women of the Don Foundation for Civil Society Development.

  • Reminding them of their responsibility to ensure human rights defenders can carry out their legitimate activities free of harassment and without fear of reprisals, as set out in the UN Declaration on Human Rights Defenders.

Sachlage

Valentina Cherevatenko, die Gründerin und Vorsitzende der bekannten russischen NGO Women of the Don Union (Vereinigung der Frauen vom Don) ist am 6. und 10. Mai von der 7. Ermittlungsabteilung der Ermittlungsbehörde zur Befragung vorgeladen worden. Diese Abteilung ermittelt bei "Straftaten von großer öffentlicher Bedeutung", wenn z.B. mehrere Menschen zu Tode gekommen sind oder Vertreter_innen der Behörden schwere Straftaten zur Last gelegt werden. Die Vorladungen standen im Zusammenhang mit der Eröffnung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen "systematischer Unterlassung von Verpflichtungen, die das Gesetz über Non-Profit-Organisationen mit der Funktion ausländischer Agenten vorschreibt" (Paragraf 330.1 des Strafgesetzbuchs). Sollte Valentina Cherevatenko angeklagt und verurteilt werden, drohen ihr bis zu zwei Jahre Haft.

Die Organisation Women of the Don Union und ihre Schwesterorganisation Women of the Don Foundation for Civil Society Development (zu deren Vorstand Valentina Cherevatenko gehört) sind vom russischen Justizministerium am 27. Oktober 2015 zu "ausländischen Agenten" erklärt worden. Das "Gesetz über ausländische Agenten" schreibt russischen NGOs vor, sich als "Organisationen mit der Funktion ausländischer Agenten" registrieren zu lassen, wenn sie Gelder aus dem Ausland annehmen und für ihre Arbeit die vage Definition "politische Aktivitäten" angewandt werden kann. Das Gesetz schreibt vor, dass NGOs, die in die Kategorie "ausländische Agenten" gehören, alle öffentlichen Publikationen mit dieser Bezeichnung versehen müssen, hinzu kommt eine zusätzliche Berichtspflicht und andere belastende Anforderungen. Beide NGOs haben alle diese Anforderungen erfüllt. Am 29. Februar 2016 hat das Justizministerium die Organisation Women oft he Don Union wieder aus dem Register "ausländischer Agenten" gelöscht.

Seit das "Gesetz über ausländische Agenten" im Jahr 2012 in Kraft getreten ist, haben die Behörden bei zahlreichen NGOs aggressive Inspektionen durchgeführt und ihnen langwierige gerichtliche Verfahren auferlegt. Über 100 NGOs wurden in einer Liste als "ausländische Agenten" registriert. Dies ist jedoch der erste Fall, in dem eine Vorsitzende einer NGO unter diesem Gesetz strafrechtlich verfolgt wird, und stellt somit einen Präzedenzfall dar, der sich negativ auf weitere NGOs auswirken könnte. Valentina Cherevatenko und weitere Mitglieder der Women of the Don Union werden seit geraumer Zeit in Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit und ihrer Kritik an den Menschenrechtsverletzungen der russischen Behörden drangsaliert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Organisation Women of the Don Union arbeitet seit über 20 Jahren zu unterschiedlichen Themen, darunter Menschenrechte, humanitäre Hilfe und Friedensarbeit. Sie ist in der Oblast Rostov und den Nachbarregionen, auch im Nordkaukasus, aktiv. Women of the Don Union ist eine der anerkanntesten NGOs in der Russischen Föderation.

Die Organisationen Women of the Don Union und Women of the Don Foundation for Civil Society Development haben gegen ihre vom Justizministerium vorgenommene Registrierung als "ausländische Agenten" Widerspruch eingelegt. Am 29. Februar nahm das Justizministerium eine der Organisationen, Women of the Don Union, von der Liste und erklärte, sie übernehme nicht mehr die "Funktion als ausländischer Agent". Das im Jahr 2012 in Kraft getretene "Gesetz über ausländische Agenten" stand im Kontext des Vorgehens der Behörden gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Nachdem das Gesetz verabschiedet worden war, wurde der Paragraf 330.1 in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Auf dieser Grundlage wurde der Straftatbestand "systematische Unterlassung von Verpflichtungen, die das Gesetz über Non-Profit-Organisationen mit der Funktion ausländischer Agenten vorschreibt" eingeführt. Bei einem Schuldspruch sind hohe Geldstrafen und bis zu zwei Jahre Haft für die Vorsitzenden der betroffenen NGOs vorgesehen.

Die Einführung des Gesetzes hatte erhebliche negative Auswirkungen auf viele Organisationen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen in Russland. Aufgrund der rücksichtslosen Umsetzung des Gesetzes durch die Behörden entschieden einige NGOs ihre Arbeit einzustellen. Andere wurden zahlungsunfähig, weil sie sich weigerten, die Bezeichnung "ausländische Agenten" zu tragen und daraufhin hohe Geldstrafen gegen sie verhängt wurden. Die Arbeit Hunderter NGOs in Russland ist durch das Gesetz beeinträchtigt. Die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens gegen Valentina Cherevatenko schafft einen Präzedenzfall, der das Vorgehen der Behörden gegen die russische Zivilgesellschaft noch weiter verschärft.