Filmproduzent droht Gerichtsverfahren

Evin-Gefängnis, Teheran

Evin-Gefängnis, Teheran

Der iranische Schriftsteller und Filmproduzent Mostafa Azizi, der mit einer Daueraufenthaltsgenehmigung in Kanada lebt, soll am 1. Juni vor der Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran erscheinen. Ihm werden Verstöße gegen die nationale Sicherheit zur Last gelegt, die sich offenbar auf seine Beiträge in sozialen Medien beziehen. Amnesty International befürchtet, dass er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir (Englisch) oder @Khamenei_fa (Persisch)

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office
Number 4, 2 Azizi Street intersection
Tehran
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street
Pasteur Square
Tehran
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: media@rouhani.ir
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und @Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Ali Majedi
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Juli 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, TWITTERNACHRICHTEN UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Mostafa Azizi unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er ausschließlich wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf Meinungsfreiheit inhaftiert ist.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass er jegliche benötigte medizinische Versorgung erhält – falls erforderlich auch eine fachärztliche Behandlung außerhalb des Gefängnisses.

  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass "jeder Mensch, dem seine Freiheit entzogen ist, menschlich und mit Achtung vor der dem Menschen innewohnenden Würde behandelt" werden muss, wie es in Artikel 10 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben ist, zu dessen Vertragsstaaten der Iran gehört.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Mostafa Azizi immediately and unconditionally if he is held solely for peacefully exercising his right to freedom of expression.

  • Urging them to provide him with any medical care he may require, including specialized care outside prison.

  • Reminding them of their obligation to treat all persons deprived of their liberty with humanity and with respect for the inherent dignity of the human person, as required under Article 10 of the International Covenant on Civil and Political Rights, to which Iran is a state party.

Sachlage

Mostafa Azizi ist der ehemalige Vorsitzende des iranischen Zweigs des internationalen Verbands von Animationsfilmschaffenden (International Animated Film Association). Er lebt in Kanada, war aber Ende Dezember 2014 in den Iran gereist, um seinen kranken Vater zu besuchen und die Möglichkeit zu prüfen, in sein Heimatland zurückzukehren. Er wurde am 1. Februar 2015 in Teheran in Haft genommen, nachdem er von der Anklagebehörde im Evin-Gefängnis vorgeladen worden war. Er befindet sich seitdem im Evin-Gefängnis. Dem Filmproduzenten drohen Anklagen wegen "Beleidigung des Revolutionsführers", "Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran", "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Versammlung und Verschwörung gegen die nationale Sicherheit". Die Anschuldigungen beziehen sich auf seine Beiträge auf Facebook und anderen sozialen Medien, mit denen er friedlich seine Meinung zum Ausdruck gebracht hat.

Mostafa Azizi verbrachte 33 Tage in der Abteilung 2A des Evin-Gefängnisses, die den iranischen Revolutionsgarden untersteht. Davon befand er sich 14 Tage in Einzelhaft und hatte keinen Kontakt zu seiner Familie oder seinem Rechtsbeistand. Nach Abschluss der Verhöre, bei denen kein Rechtsbeistand anwesend war, wurde Mostafa Azizi in die Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses verlegt. In der Abteilung 8 sind Hunderte Gefangene inhaftiert, darunter auch gewaltlose politische Gefangene. Die Zellen dort sollen überfüllt, schlecht belüftet und schmutzig sein. Sie sind von Insekten befallen, und es gibt weder ausreichende Schlafmöglichkeiten noch angemessene sanitäre Einrichtungen. Diese extrem schlechten Haftbedingungen haben dazu beigetragen, dass sich die gesundheitlichen Beschwerden, unter denen Mostafa Azizi bereits zuvor litt, weiter verschlechtert haben. Unter anderem leidet er an Asthma, Ekzemen, Rheuma und hohen Blutzuckerwerten. Am 13. April musste er einen Tag in der Krankenstation des Gefängnisses behandelt werden, weil er aufgrund eines Abfalls des Blutdrucks kurzzeitig das Bewusstsein verloren hatte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Sohn von Mostafa Azizi gab gegenüber Amnesty International an, dass sein Vater nach der Einzelhaft in einem sehr schlechten Zustand war: "Als er herauskam, zitterte er und konnte tagelang mit niemandem sprechen". Der Sohn erzählte, dass sich der psychische Zustand seines Vaters aber seitdem verbessert habe und er nun regelmäßige Besuche seiner Familie empfangen dürfe.

Im November 2013 hat Hassan Qashqavi, der stellvertretende iranische Außenminister (zuständig für konsularische, parlamentarische und im Ausland lebende Staatsbürger_innen betreffende Angelegenheiten), die Einrichtung eines Ausschusses im iranischen Geheimdienstministerium angekündigt, um iranischen Staatsbürger_innen, die im Ausland leben, auf Grundlage der Wahlversprechen von Präsident Hassan Rouhani die Rückkehr in den Iran zu erleichtern. Die nur zögerliche Bereitschaft im Ausland lebender Iraner_innen, in ihr Heimatland zurückzukehren, führte Hassan Qashqavi auf "Angst einflößende Behauptungen ausländischer Oppositionsgruppen" zurück und sagte: "Viele dieser Ängste sind selbst verursacht und entbehren jeder Grundlage". Im August 2013 hatte der Geheimdienstminister Mahmoud Alavi erklärt: "Wir garantieren, dass alle, die keine Straftaten begangen haben, keine Probleme haben werden [wenn sie in das Land zurückkehren]." Zuvor hatte im Juli 2013 der Sprecher der Justizbehörden, Gholamhossein Mohseni Ejehi, geäußert: "Die iranische Justiz verweigert keiner Iranerin und keinem Iraner den Zutritt zum Land, wenn sie eine Straftat begangen haben … Allerdings wird man sich mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen befassen, sobald sie das Land betreten."

Seit dem Amtsantritt von Präsident Rouhani im August 2013 sind zahlreiche Personen, die über eine doppelte Staatsbürgerschaft oder einen Wohnsitz im Ausland verfügen, bei ihrer Rückkehr in den Iran festgenommen oder inhaftiert worden. Zu den Betroffenen zählen unter anderem: die britisch-iranische Frauenrechtlerin Ghoncheh Ghavami; der Doktorand Hamid Babayee von der Universität Lüttich (Belgien); sowie die Journalist_innen Sajedeh Arabsorkhi, Serajeddin Mirdamadi und Hossein Nourani Nejad. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Jailed for being a journalist unter: http://amnesty.org/en/library/info/MDE13/044/2014/en sowie in der Urgent Action zu Jason Rezaian, online unter: https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-307-2014-1/inhaftierter-journalist-angeklagt

Weiter auf Englisch:

Iran’s Islamic Penal Code, adopted in May 2013, maintains vaguely worded "crimes" such as "spreading propaganda against the system", "creating unease in the public mind", "insulting Islamic sanctities" and "defamation of state officials". These ill-defined "crimes" are frequently used to curb the peaceful exercise of the right to freedom of expression. Such laws and practices violate Iran’s obligations under Articles 18, 19, 21 and 22 of the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), to which Iran is a state party, guaranteeing freedom of thought, expression, assembly and association respectively.

Article 9 of the ICCPR provides that no one shall be subjected to arbitrary arrest or detention. Depriving a person of their liberty because they have exercised their rights and freedoms guaranteed in the ICCPR is a form of arbitrary detention.

Serious overcrowding, unsanitary environment and absence of sleeping facilities, when combined with the length of the period during which a prisoner detained in such conditions, can amount to cruel, inhuman and degrading treatment, contrary to Article 7 of the ICCPR which prohibits torture and other ill-treatment.